Blutberg - Kriminalroman
vorhin geredet habe - weshalb erwähnt Ásmundur in seinem Brief mit keinem Wort die Grüne Armee? Schön, der Grat kam zwei Tage vor dem angedrohten Termin zum Einsturz, aber trotzdem - Menschen, die wie Ásmundur ganz offensichtlich nach Rechtfertigungen suchen, greifen die nicht nach jedem verfügbaren Strohhalm?«
Guðni kniff die Augen zusammen. »Moment mal, hast du nicht gerade eben noch ausgeschlossen, dass die Grüne Armee aus potentiell mordwütigen Knallköppen besteht? Nicht, dass ich das so einszweidrei unterschreiben würde, nur weil unser kleiner Árni hier nicht in die ewigen Jagdgründe befördert wurde, aber …«
»Ja, habe ich. Nachdem die Brücke gesprengt wurde. Aber Ásmundur? Vorgestern Abend auf der Suche nach Sündenböcken? Ich weiß nicht. Was hat Lárus gesagt? Er muss doch am Samstag mit Ásmundur gesprochen haben, haben die sich da keine Gedanken über die Grüne Armee gemacht?«
Katrín schüttelte die rote Mähne. »Das glaube ich nicht. Wie du gesagt hast, alle gingen davon aus, dass es sich um einen natürlichen Bergsturz handelte. Wir konnten Lárus allerdings keine weiteren Fragen dazu stellen, denn Leifur hat ihn sozusagen mitten in unserem Gespräch entführt. Der ist wohl komplett ausgerastet, er rief Lárus an und beorderte ihn unverzüglich zur Brücke. Ich hab ihn dort hingefahren, war aber schon wieder weg, bevor Leifur mich stoppen konnte. Es reicht ja, wenn man ihm einmal sagt, dass man genauso wenig wie die anderen irgendetwas gesehen hat. Weißt du etwas darüber, wie es bei denen läuft, kommen sie vorwärts?«
»Keine Ahnung«, entgegnete Stefán. »Mir ist nichts zu Ohren gekommen. Weiß bloß, dass die hier mit ihrem Affentheater alles auf den Kopf stellen, die fuchteln mit ihren Knarren
herum und stoppen an jeder Ecke die Autos, man könnte fast den Eindruck haben, als stünde wegen einer kleinen Sprengung an einer Brücke der Weltuntergang bevor.« Er warf einen Blick auf die Uhr an der gegenüberliegenden Wand. »Wem gehörte dieses Büro, Halldór oder Björn?«
»Björn«, antwortete Katrín.
»Habt ihr beide Büros durchforstet?«
Katrín und Guðni nickten. »Da ist nichts herausgekommen«, sagte Guðni, »zumindest nichts, was einen im Augenblick auf irgendeine Spur bringen könnte. Es sei denn, das hier …« Er nickte in Richtung des Schreibtischs, auf dem außer einem Computer, einigen Papieren und einem Foto von einer dunkelhaarigen, sommersprossigen Frau mit kurzen Haaren und zwei noch sommersprossigeren Jungen nichts zu sehen war.
»Das …?«
»Seine Alte, Mensch, und diese zwei Kinder. Ich würde lieber krepieren, als so ein Kleeblatt auf dem Hals zu haben.«
»Ich glaube, wir können ausschließen, dass dieser Erdrutsch ein Selbstmord war«, entgegnete Stefán trocken. »Falls du nichts Intelligenteres beizutragen hast, schlage ich vor, dass du am besten ins Bett gehst.« Guðni grinste. Stefán stand auf. »Árni, du machst aus dem, was auf deinem Notizblock steht, noch einen ordentlichen Bericht. Katrín, du hast wahrscheinlich bereits alles in den Computer eingegeben, was Lárus dir gesagt hat?« Katrín nickte. »Prima. Druck es für mich aus, und auch alles andere, was du fertig hast, du ebenfalls, Guðni, ich brauche vor dem Einschlafen etwas zu lesen. Habt ihr es geschafft, mit allen auf der Liste zu reden?«
Katrín schüttelte verneinend den Kopf. »Nein, mit den meisten, aber nicht mit allen.« Sie schaute auf ihren Notizblock und zählte durch. »Neun Personen, doch dabei ist nicht
viel herausgekommen. Wir drucken das aber aus. Was ist mit euch? Habt ihr alle geschafft?«
»Nein, nur sechs - oder waren es sieben?«
»Sieben«, bestätigte Árni.
»Sieben«, wiederholte Stefán. »Diesen Róbert haben wir allerdings noch nicht erreicht. Das ist der Vertrauensmann, der in den Nachrichten heute Morgen die Drogen erwähnt hat. Vermutlich muss er sich im Augenblick um vieles kümmern. Von den anderen wusste niemand etwas, das von Belang sein könnte. Und morgen ist auch wieder ein Tag. Wir treffen uns hier morgen früh um acht.« Er sah Árni scharf an: »Und zwar pünktlich auf die Minute.«
15
Dienstag
… doch obwohl die Nachrichtenredaktion mehrfach versucht hat, eine präzisere Stellungnahme zu der Behauptung der Grünen Armee zu erhalten, dass Warnungen ausgegeben wurden, sind bislang weder die Polizei noch die Verantwortlichen bei der National Power Company und bei Impregilo darauf eingegangen. Deshalb kann zurzeit
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