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Blutberg - Kriminalroman

Blutberg - Kriminalroman

Titel: Blutberg - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Bergsturzes herausgefunden, und es gab keinerlei Anhaltspunkte, um die Theorie, dass es sich um ein Verbrechen handelte, bestätigen oder widerlegen zu können. Und noch weniger wussten sie, wer dieses Verbrechen verübt haben konnte. Aber das war nichts, worüber man sich Kopfzerbrechen machen musste, zumindest bis jetzt noch nicht. Sie hatten ja gerade mal erst mit sechzehn der rund tausend Menschen gesprochen, die sich in diesem Camp aufhielten, das hier an einem Ort aus dem Boden gestampft worden war, wo sich sonst nur Vögel und Rentiere aufhielten. Die hatten sich natürlich andere Weidegebiete suchen müssen, hatte sie gehört, sie trieben sich viel weiter südlich und westlich im zentralen Hochland herum, in Gebieten, wo sie sich nie zuvor hatten blicken lassen. Und wahrscheinlich nagten sie eine Flora ab, die nie zuvor dem Viehverbiss ausgesetzt gewesen
war, und trampelten auf einem Boden herum, der nie zuvor einer Belastung durch so schwere Tiere ausgesetzt war. Und bald würden Jäger in ihren Jeeps hinter ihnen her sein. Und trotzdem gab es Leute, die allen Ernstes behaupteten, dass dieses Kraftwerk keine nennenswerten Auswirkungen auf das Ökosystem haben würde … Katrín zwang sich dazu, diese Gedanken von sich abzuschütteln, sie mussten auf bessere Zeiten vertagt werden.
    Sie hatte es geschafft, um die Abendessenszeit mit ihren Kindern Íris und Eiður zu telefonieren und ihnen zu versichern, dass alles in Ordnung sei. Sie wäre hier bloß wie gewöhnlich bei der Arbeit. Eiður war putzmunter und fand das alles unerhört spannend. Er wusste zwar nicht mehr, als dass es da einen großen Bums gegeben hatte und dass die Brücke zwar kaputt aber keiner tot war, doch er konnte das überhaupt nicht in Verbindung zu seiner Mama oder seiner eigenen Welt setzen. Íris dagegen klang eher bedrückt, sie war ja nicht nur älter, sondern auch grüblerischer veranlagt als ihr Bruder; sie war durchaus imstande, sich die Bedeutung dessen klarzumachen, was sie zusammen mit ihrem Vater in den Fernsehnachrichten gesehen hatte.
    Sveinn hatte auch sehr viel nachgiebiger geklungen als beim Abschied am Tag vorher, wo sie halbwegs verkracht auseinandergegangen waren. Er schien sich wirklich Sorgen um sie zu machen, und er fragte, und zwar eindeutig nicht nur aus egoistischen Gründen, ob sie nicht ganz bestimmt bald wieder nach Hause käme, wo doch jetzt das SEK zur Stelle sei. Als sie entgegnete, das sei alles noch völlig unklar, ging er sogar so weit, sie zu bitten, gut auf sich aufzupassen, und ihr zu sagen, dass er sie liebe, bevor sie dem Gespräch ein Ende machen konnte. Und außerdem hatte der überfällige Streit mit Guðni über das Kárahnjúkar-Kraftwerk aufmunternde Wirkung auf sie gehabt.

    Sie hatte sich zunächst lange zurückgehalten und ihm gestattet, sich ausgiebig über dieses phantastische Projekt auszulassen, über den Triumph der Technik, über die Bedeutung der Schwerindustrie für den östlichen Landesteil und die isländische Wirtschaft und, nicht zu vergessen, über die Borniertheit und Verantwortungslosigkeit von diesen beknackten Umweltheinis, die nie ihre Finger in kaltes Wasser getaucht hatten oder über Reykjavíks Stadtgrenzen hinausgekommen waren. Guðni hatte sämtliche Klischees auf Lager und genoss es sichtlich, sie damit zu bombardieren. Sie war aber nicht darauf eingegangen und hatte nur vor sich hin gelächelt. Bis er irgendwann zum zehnten Mal in die graue Weite deutete und fragte, was denn da wohl unbedingt wert sei, geschützt zu werden. Das hatte das Fass bei ihr zum Überlaufen gebracht, sie hatte ihm ausgiebig und detalliert aufgelistet, was ihrer Meinung nach schützenswert war, und ihn anschließend gebeten, er solle gefälligst aufhören, derartig idiotische Fragen zu stellen. Daraufhin war es natürlich erst richtig losgegangen. Katrín bildete sich zwar keinen Augenblick ein, dass Guðni auch nur einen Millimeter von seinen vorgefassten Meinungen abzubringen war, aber sie hatte das Gefühl, dass dieser Streit ihr selbst gut getan hatte. Bei dem Gedanken musste sie unwillkürlich lächeln, aber nicht lange.
    »Na schön«, sagte sie laut zu sich selbst und öffnete die Mappe, die auf dem Schreibtisch lag. Sie versuchte, sämtliche Gedanken an diese unverzeihliche Zerstörung von sich wegzuschieben, die einen überall anstarrte, wohin man auch blickte, und sich auf die vorliegende Aufgabe zu konzentrieren. Menschenleben mussten doch wichtiger sein als Landschaft, sagte sie

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