Bluteis: Thriller (German Edition)
Sandra?«
»Sie hat nie mit mir Schluss gemacht.«
»Du warst tot, Markus!«
»Mach dir keine Vorwürfe.«
»Ich mach mir keine Vorwürfe.« Thien ging vom Tiefschnee in die Spur zurück, um sich nicht unnötig zu verausgaben. »Seit wann?«
»Seit wann was?«
»Seit wann hast du auf uns aufgepasst?«
»Sommer. Nachdem ich wieder zurück war.«
»Zurück von wo?«
»Fortbildung.«
Thien brauchte nicht weiter zu fragen. Markus Denninger, der ehemalige Elitesoldat der deutschen Gebirgsjäger, hatte wahrscheinlich in irgendeinem geheimen Camp des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr oder vielleicht der Amerikaner seine Fähigkeiten in Tarnen, Täuschen und Töten vervollständigt. Er würde niemals sagen, wo das gewesen war. Wenn er es überhaupt wusste. Und tatsächlich tat es nichts zur Sache.
»Und wer hat dich auf uns aufpassen lassen?«
»Du solltest deine Steuern in Zukunft voll Freude und Demut zahlen. Deine Regierung meint es gut mir dir, mein Lieber.« Denninger grinste, aber das konnte der hinter ihm hergehende Thien nicht sehen. »Du bist nun einmal so etwas wie ein Held seit der Zugspitzgeschichte. Auch wenn du das nicht so sehen willst.«
»Habt ihr uns abgehört? Videoüberwacht?«
»Wir haben euch nicht ausspioniert, sondern auf euch aufgepasst. Das ist etwas anderes.« Denninger blieb stehen und drehte sich zu Thien um. »Keine Angst, ich habe meiner Ex-Freundin nicht beim Vögeln mit meinem Vorgänger und Nachfolger zugeschaut.«
»Na, dann bin ich beruhigt.«
»Ich weiß nicht, ob euch jemand anderer zugeschaut hat. Geh am besten mal davon aus.«
»Na, sauber.«
»Das machen die jeden Tag hundertfach. Du bist nicht allein.«
»Solange sie es nicht auf YouPorn stellen.«
Denninger lachte auf. »Solange die BND-Leute ordentlich bezahlt werden, brauchen sie das nicht. Aber wehe, wenn nicht mehr. Da würde manch einer sein Schlafzimmer aus einer ganz neuen Perspektive sehen.«
»Und hier, in St. Moritz? Warst du die ganze Zeit dabei?«
»Drei Meter hinter ihr. Oder hinter dir.«
»Aber nicht allein.«
»Wie sind auf unseren Missionen nie allein.«
»Und bei dieser hier?«
»Habe ich dich.«
Thien konnte es nicht glauben, dass er den gleichen Stellenwert haben sollte wie ein echter Geheimagent, aber darüber konnte er sich jetzt keine Gedanken machen. Er blickte sich um. So weit sein Auge reichte, sah er keinen einzigen Menschen außer Denninger. »Und am Sonntag? Auf dem See?«
»War ich im VIP-Zelt der Bank.«
Thien schrie: »Und wieso hast du sie nicht gerettet?«
»Weil ich dachte, dass der Heli sie rettet«, sagte Denninger mit erzwungener Ruhe.
Denninger war also wie alle anderen auch auf den Trick hereingefallen. Natürlich. Warum auch nicht.
»Dann war einer deiner Kollegen in meiner Nähe?«
»Logisch.« Denninger drehte sich nach vorn und setzte sich wieder in Bewegung.
Thien wartete einige Sekunden, um das, was er eben gehört hatte, mental zu verdauen, dann zog er hinterher. So gingen sie eine Weile in mittlerem Tempo.
Schließlich besann sich Thien auf den eigentlichen Grund ihrer Tour. Er berichtete Denninger in Stichworten, was er über die Entführten herausgefunden hatte. »Die Leute sind alle sehr reich. Internationale Unternehmer und Investoren. Amerikaner, Europäer, Araber, Chinesen, Inder. Das überrascht nicht bei einem VIP-Zelt der Caisse Suisse. Doch etwas anderes fiel sofort auf: Sie sind alle in den letzten Jahren verstärkt in den internationalen Landhandel eingestiegen. Land Grabbing, wie das die Kritiker nennen. Landraub. Vor allem in Afrika. Ich habe ein wenig darüber gelesen. Es ist wirklich unglaublich, was sich da derzeit abspielt. Es geht um die zukünftige Ernährung der Menschheit. Oder eines großen Teils davon. Afrika soll zur Kornkammer der Welt werden. Internationale Konglomerate entwickeln gigantische Projekte. Die rechnen in Hunderttausend-Hektar-Schritten.«
»Ist doch gut, wenn sie dadurch den Hunger bekämpfen.«
»Sie wollen nicht die Afrikaner damit ernähren, sondern die eigene Bevölkerung zu Hause. Für die angestammten Kleinbauern bedeutet es das Aus. Sie werden vertrieben, weil sie keine Rechte haben. Sie müssen in die Stadt, wo sie in Slums dahinvegetieren werden.«
»Und diese Magnaten wurden entführt?«
»Ganz genau. Die haben sich am Tag vor dem Pferderennen auf Einladung der Caisse Suisse getroffen, um den Rahmen für eine Zusammenarbeit festzulegen. Diese sechs Menschen – oder besser fünf, denn Sandra
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