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Bluteis: Thriller (German Edition)

Bluteis: Thriller (German Edition)

Titel: Bluteis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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kurzem noch so sportliche und vitale Mann, schien um ein gutes Jahrzehnt gealtert.
    »Unsere gesamte Gebirgstruppe ist seit drei Wochen unterwegs«, erklärte Beat Steiner. »Jeder aufgelassene Bunker wurde durchsucht. Unser Spezialkommando Baumgartner hat alle Höhlen gecheckt. Die Armee hat jede Lagerhalle, jede Garage, fast jeden Keller der Schweiz auf den Kopf gestellt. Die Satelliten-Überwachung der Deutschen, die Daten der AWACS, die uns die Nato zur Verfügung stellt, die Echelon-Abhör-Protokolle der Amerikaner und Briten, die Russen mit ihrem Sorm-System und nicht zuletzt unsere eigene Datenüberwachung … Nichts. Kein einziges Byte, kein Foto, kein Hinweis.«
    »Wenn Ihre Theorie stimmt, dann muss ein Hubschrauber verschwunden sein. Da muss man doch etwas sehen. Er kann sich ja nicht in Luft auflösen.«
    Steiner zuckte mit den Schultern und schwieg.
    »Hören Sie, Steiner. Unserer Bank laufen die Kunden davon, und zwar scharenweise. Die Schweiz gilt als unsicher. Das Notrecht ist verhängt. Der Bundesrat kann jetzt machen, was er will, und er hat eine eigene Armee zur Verfügung. Das ist jetzt bei uns wie in einem afrikanischen Staat. Schauen Sie sich die Berichte an. Von den Rating-Agenturen, von den Nachrichtenagenturen. Schauen Sie sich das CIA-Worldbook im Internet an, was da über uns steht!«
    Steiner zuckte noch einmal mit den Schultern. Als müsste er sich das CIA-Worldbook durchlesen, um zu wissen, dass ein Totalversagen der Sicherheitskräfte des Landes offensichtlich war. »Wir haben bald jedes Wohnhaus der Schweiz durchsucht. Wir leben seit drei Wochen im Ausnahmezustand. Wir haben fast achtzigtausend Ausländer an den Grenzen vorübergehend aus dem Verkehr gezogen, erkennungsdienstlich behandelt, ihre Daten an ihre Heimat-Geheimdienste weitergeleitet und erst wieder auf freien Fuß gesetzt, als die uns Entsprechendes signalisiert haben. Natürlich haben wir auch in jedem Fall den Geheimdienst des entsprechenden Landes abgefragt. Wenn uns nicht sämtliche Dienste dieser Welt hinters Licht führen wollen, dann müssen wir einfach hinnehmen, dass wir nichts haben. Niemand hat etwas, niemand hat herausgefunden, wer den See in die Luft gesprengt hat. Niemand weiß etwas über die Entführten. Keine Spuren. Keine Fotos von Überwachungskameras an Flughäfen oder an Grenzübergängen. Keine Hinweise aus der Bevölkerung. Nichts. Einfach nichts.«
    »Das Bekennerschreiben.«
    »Die Genf-Geschichte? Trittbrettfahrer. Haben uns ein bisschen aufscheuchen wollen. Wir haben den gesamten Kanton Genf umgekrempelt. Jeden Zentimeter mit Geigerzählern abgesucht. Nichts, nichts, nichts.«
    Lange schwiegen sie sich an.
    »Sie sind über die Berge gekommen«, sagte Sonndobler schließlich.
    »Keine Hinweise von Hüttenwarten.«
    »Na ja, Hüttenwarte …« Sonndobler schüttelte den Kopf.
    »Sie haben Material bei sich gehabt. Einen Helikopter, zum Beispiel. Sprengstoff.«
    »Sie sind viele und sind oft über die Berge gegangen. Sie haben das jahrelang geplant. Sie haben alles in Einzelteilen in Rucksäcken hergeschafft. Und den Heli haben sie – was weiß ich – aus Italien oder Frankreich starten lassen.«
    »Möglich. Unwahrscheinlich, aber möglich. Alles möglich. In Zukunft werden wir die Fernwanderwege und die Bergpässe besser überwachen müssen. Und die Alpenvereinshütten. Wir werden den Alpenverein noch stärker infiltrieren und ein Informantensystem installieren. Wir werden wahrscheinlich von jedem Bergwanderer bei jeder Übernachtung einen Fingerabdruck verlangen.«
    Sonndobler stöhnte auf. »Mein Gott. Die Freiheit der Berge. Ein Fingerabdruckscanner neben jedem Hüttenbuch. Das wird ein Renner. Bringt uns sicher großen Zulauf an Touristen«, ätzte er. Damit würde auch der Schwarzgeldstrom versiegen, der jeden Sommer über die grünen Grenzen floss.
    »Was sollen wir machen?«, fragte Steiner hilflos. »So etwas wie am See darf nie wieder geschehen.«
    »Das wäre ganz großartig.« Sonndobler stand auf und ging zum Fenster, um den Blick über Stadt und See schweifen zu lassen.
    Irgendwann im Roseggletscher
    Es war Tag, denn das Eis schimmerte hellblau. Sandra versuchte aufzustehen, doch ihre Beine wurden immer schwächer. Besonders die Waden schmerzten und krampften, wenn sie nur zu dem Eimer hinüberging, der ihr seit drei Wochen als Toilette diente. Drei Wochen – das war eine Zeitspanne, die sich Sandra hätte vorstellen können, wenn sie eine Uhr oder einen Kalender gehabt hätte.

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