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Bluterde

Bluterde

Titel: Bluterde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Praxmayer
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Reißverschluss war so winzig, dass er ihn kaum mit seinen Fingern zu fassen bekam. Ungeduldig zerrte er daran, bis Omari ihm den Rucksack aus der Hand nahm und das für ihn erledigte. Er reichte Femi das Handy. Es war noch an. Ein kurzer Blick auf das Display bestätigte ihm, was er schon wusste: Kein Empfang. Sie hätte also auch keinen Notruf starten können. Er steckte das Telefon ein.
    »Wir gehen zurück zum Besucherzentrum. Adolphe sollte inzwischen wach sein. Ich muss wissen, was da passiert ist. Die anderen sollen weitersuchen.«
    Zwar glaubte er selbst nicht mehr daran, dass sie Lea noch finden würden, aber er wollte keine Chance auslassen – selbst wenn sie noch so klein war.
    »Ich gebe den anderen Bescheid«, antwortete Omari und machte sich auf in Richtung der ICCN-Ranger, die mittlerweile eine Lichtung etwas weiter vorne absuchten.
    Auf dem Rückweg hatte Femi keinen Blick für die Schönheit des Dschungels. Schweigend lief er voraus, tief in Gedanken versunken. Er machte sich Vorwürfe. Hätte er nur nicht so hitzig reagiert. Warum war er bloß ohne Lea zu diesem Meeting beim ICCN gefahren? Er hätte sich an allen fünf Fingern ausrechnen können, dass sie sich durch diese Aktion provoziert fühlte. Jetzt war sie irgendwo da draußen. Er presste die Zähne so fest aufeinander, dass seine Kiefergelenke schmerzten.
    »Denkst du, sie ist entführt worden?«, fragte Omari von hinten. Femi nickte.
    »Aber hier? In diesem Gebiet? Ich verstehe das alles nicht.«
    Der samtige Klang war aus Omaris Stimme verschwunden.
    »Hier ist es doch relativ sicher, deshalb können die Ranger überhaupt Touristen zu den Gorillas führen. Vielleicht war sie einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort.«
    »Du glaubst, das war nur ein Zufall?«
    Darüber hatte Femi auch schon nachgedacht. Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Was noch viel schlimmer war: Er wusste nicht, was er jetzt tun sollte. Wo in diesem riesigen Gebiet sollten sie verdammt noch mal nach ihr suchen?
    »Könnte Crocodile seine Finger im Spiel haben?«
    Femi schüttelte den Kopf.
    »Ist zu weit weg von seinem Gebiet. Woher hätte er wissen sollen, dass Lea an diesem Tag hier Gorillas fotografieren wollte? Nicht einmal wir wussten es.«
    Femi verstummte, als sie an dem Baumstamm vorbeikamen, an dem sie noch vor zwei Tagen gemeinsam Rast gemacht hatten. Er dachte an Lea, wie sie mit strahlendem Gesicht neben ihm gesessen und aus ihrer Wasserflasche getrunken hatte. Die Angst um sie machte ihn fast verrückt. Er ging schneller. Omari musste laufen, um mithalten zu können. Als sie endlich wieder am Parkplatz ankamen, waren beide schweißgebadet und außer Atem. Zum Besucherzentrum war es jetzt nur noch ein kurzes Stück die Straße entlang. Gerade, als Femi sich wieder in Bewegung setzte, piepste ein Handy. Er drehte sich zu Omari um, aber der schüttelte den Kopf. Da fiel ihm Leas Handy ein. Es steckte in seinem Rucksack, er hatte es völlig vergessen. Das Ding war zum Leben erwacht, weil es in der Nähe des Besucherzentrums guten Empfang gab. Er nahm seinen Ranzen ab und kramte das Telefon heraus. Fünf Anrufe in Abwesenheit! Drei davon gingen auf sein Konto, eine Nummer gehörte zu einem deutschen Anschluss, die letzte konnte er nicht identifizieren. Das Display informierte ihn, dass eine neue SMS eingegangen war. Er zögerte. Was soll’s, vielleicht half es ihnen weiter. Er öffnete die Nachricht und hätte das Handy in einem ersten Impuls am liebsten in den Dschungel geschleudert. Dieser McAllister würde heute am Nachmittag in Bukavu ankommen. Er wohnte im La Roche, so wie Lea.
    »Und?«
    Femi verkniff sich den bösen Kommentar, der ihm auf den Lippen lag.
    »Nichts. Nur eine Nachricht von dem Interpol-Typen, dass er heute in Bukavu ankommt. Um den können wir uns später kümmern. Ich will jetzt erst einmal zu Adolphe.«
    Als sie das Besucherzentrum betraten, kam ihnen der Veterinär entgegen.
    »Morgen, Doc!«
    Der Tierarzt blieb stehen und tippte sich an die Mütze.
    »Morgen. War gerade bei eurem Patienten. Die Wunde sieht gut aus, aber sein Gemütszustand gefällt mir nicht. Aber dafür bin ich als Viehdoktor nicht zuständig.«
    Er hob die Hand zum Gruß und machte sich auf den Weg zu seinem Auto. Femi und Omari wechselten einen Blick. Als sie durch den Flur gingen, konnten sie Adolphe durch die offene Bürotür sehen. Apathisch kauerte er auf dem Sofa. Sein Körper hatte jegliche Spannung verloren, selbst der Verband um Schulter und

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