Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)
anstellen sollst. Du weißt, dass Maria Hoff die Therapeutin des Mädchens ist. Du gehst sogar zu ihr und streitest mit ihr. Ich habe in meinem Wagen gesessen und zugeschaut, Petter. Ich bin dir gefolgt, habe dich die ganze Zeit beobachtet. Ich habe mich gefragt: Warum beschattet Petter Bull das Mädchen, nachdem Killi ermordet wurde, und warum bedroht er Maria Hoff? Warum berichtet er das nicht denen, die in dem Mordfall ermitteln? Warum erzählt er nicht von dem Mädchen und ihrer Psychologin?«
Gunnarstranda machte eine Kunstpause, um sich dann noch näher zu der leblosen Gestalt hinunterzubeugen. »Ich weiß, warum«, flüsterte er.
Die Augenlider des Patienten bewegten sich.
»Wegen Ivar Killis PC «, flüsterte Gunnarstranda. »Aber das war sinnlos, Petter, dein Einbruch bei der Psychologin, dass du sie zu Tode erschreckt hast in der Garage und jetzt wie ein Fisch auf dem Trockenen hier liegst, all das war total für die Katz. Als du unten in der Garage Son of Sam gespielt hast, habe ich zugepackt und den PC geholt. Ich habe ihn, Petter. Ich!«
Die Tür ging auf.
Gunnarstranda klappte seinen Mund zu und richtete sich auf. Eine Krankenschwester kam herein, sah ihn skeptisch an und zog die Decke zurecht. Hob eine Hand des Patienten an und legte sie sorgfältig zurück auf die Decke. Auf dem Nachttisch stand ein Pappbecher. Sie holte einen Holzstift mit einem kleinen Schwamm und befeuchtete ihn in dem Becher. Mit dem Schwamm befeuchtete sie Petter Bulls trockene Lippen. Danach blieb sie am Bett stehen und betrachtete ihn teilnahmsvoll.
Die Lippen des Patienten bewegten sich. Ein leiser Laut kam zu ihnen herüber. Ein langer, klagender Laut.
Die Krankenschwester flüsterte. »Er hat offenbar einen Alptraum.«
»Ist er im Koma?«, fragte Gunnarstranda.
Die Krankenschwester nickte und richtete sich auf. »Tiefes Koma«, flüsterte sie.
»Wird er wieder aufwachen?«
»Das hoffen wir. Sind Sie ein Verwandter?«
Gunnarstranda schüttelte den Kopf. »Arbeitskollege.«
»Sprechen Sie ruhig mit ihm, wenn Sie etwas Wichtiges sagen wollen«, flüsterte sie. »Die Ärzte sagen, dass die Patienten jedes Wort hören können.«
»Ja ja«, sagte Gunnarstranda und blinzelte ihr zu. »Das weiß ich.«
Sie schlich sich hinaus.
Er beugte sich noch einmal zu dem Patienten hinunter und murmelte: »Petter, hattest du Angst, ich würde gehen?«
52
Als er das Krankenhaus verließ und zu seinem Wagen ging, vibrierte sein Handy in seiner Jackentasche. Schließlich griff er danach und sah auf das Display. Es war die Nummer von Frank Frølich. Er grinste leicht. Es war fast wie in alten Zeiten.
Frølich war aufgeregt. Er hatte die Posten auf Welhavens Kundenkonto sortiert und war nach dem Ausschlussverfahren vorgegangen. Das Geld von dem Immobilienverkauf in Thailand war auf ein norwegisches Konto überwiesen worden. Mit Hilfe der Abteilung für Wirtschaftskriminalität hatte er den Kontoinhaber ausfindig gemacht. Das Konto gehörte einer Aktiengesellschaft namens Feriehuset AS . Diese Gesellschaft wurde vor zwei Jahren von zwei Frauen gegründet. Die eine hieß Anneline Paust, die andere Wenche Jotun.
»Wenche Jotun?«, fragte Gunnarstranda mit neuem Interesse.
»Warte«, sagte Frank Frølich. »Anneline Paust ist mit dem Anwalt verheiratet, mit dem Welhaven sich das Büro teilt, Helmer Paust. Ich habe das mit der Wirtschaftskripo diskutiert, und die sagen, es sei das klassische Rezept für Geldwäsche. Irgendjemand – zum Beispiel Paust – sitzt auf großen Mengen Schwarzgeld. Er schmuggelt das Geld in seinem Gepäck im Urlaub nach Thailand. Hier investiert er das Schwarzgeld in Ferienwohnungen. Zu Hause in Norwegen brennt die neue wohlhabende Mittelschicht darauf, ein paar Kronen loszuwerden. Sie träumen von weißen Urlaubsstränden. Welhaven vermittelt ihnen Ferienwohnungen. Die Kaufsumme wird bezahlt, zuerst an den Makler Welhaven, der den Betrag dann an Feriehuset AS überweist. Damit haben die Besitzer von Feriehuset AS eine legitime Erklärung dafür, woher ihr ganzes Geld stammt, nämlich aus Immobilienverkäufen.«
Gunnarstranda hörte kaum zu.
»Bist du noch da?«, fragte Frank Frølich. »Helmer Paust hat Dreck am Stecken, das habe ich gesehen, als ich –«
Gunnarstranda ließ ihn nicht ausreden. »Du bist genial, Frølich.«
»Na, na, ich bin nicht besser oder schlechter als andere, das hier ist das Ergebnis von –«
Auch diesen Satz brachte er nicht zu Ende. Gunnarstranda rief in das Handy:
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