Blutfeuer
zum Zimmer
vor sich. Das Ohr an der Tür horchte er. Von drinnen war kein Laut zu hören.
Entweder waren die drei geflohen oder tatsächlich tot. Entschlossen betätigte
er den Öffner und drückte die Tür schwungvoll nach innen. Licht flammte auf,
und die bittere Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag. Natürlich war ersterer Fall
eingetreten. Sie waren weg. So eine verdammte Scheiße!
Er blickte nach rechts und links. Eine Verfolgung auf gut Glück wäre
vollkommen sinnlos. Allein hier, wo er stand, zweigten drei niedrige
Stollengänge ab. Wenn er jetzt aufs Geratewohl auf eigene Faust die Verfolgung
riskierte, hatte er keine Chance. Er musste eine Treibjagd organisieren. Aber
mit System. Die drei mussten gefunden werden, unbedingt. Leise Verwünschungen
ausstoßend, rannte er zurück.
Die beiden Kommissare betraten die Dienststelle, die inzwischen von
Menschen nur so wimmelte. Viele der Anwesenden kannte Haderlein aus seiner
langen Dienstzeit. Andere, wie die fünf Mann der GER aus Nürnberg, hatte er noch nie zuvor gesehen. Der
Katastrophen-Müller war tatsächlich aus seinem Urlaub im Bayerischen Wald
eingeflogen worden.
Der Kriminalhauptkommissar bat in den großen Besprechungsraum. Als
alle saßen, kam Honeypenny zu ihm, flüsterte ihm etwas ins Ohr und legte eine
Aktenmappe auf den Tisch. Haderlein schaute kurz hinein, lächelte und klappte
sie dann wieder zu. Mit der Bitte um allgemeine Kenntnisnahme reichte er sie an
Lagerfeld weiter.
»Na, das ist ja phantastisch«, sagte er dann. »Auch das Rätsel um
die ominöse Carolin ist gelöst.« Erwartungsvoll schauten ihn alle an. Nicht
jeder kannte die Geschichte mit dem gefundenen Karton in Gerlinde Rosenbauers
Schrank.
»Carolin ist ein Schiff, meine Damen und Herren. Ein Flussschiff,
das heute im Bamberger Hafen eingelaufen ist. Und ich würde mich doch sehr
wundern, wenn es auf diesem Schiff nicht irgendwelche Chinesen gäbe.« Er schaute
auffordernd in die Runde. »Also, was fangen wir mit diesem Schiff heute noch
an?«
Nach einem kurzen Moment meldete sich Harald Scheer von der
Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift. »Das übernehmen wir. Allerdings
können wir erst einen Einsatz starten, wenn eine Straftat vorliegt. Da aber
anzunehmen ist, dass die heiße Ware erst noch auf das Schiff gebracht werden
soll, werden wir wohl mit Festnahmen bis dahin warten müssen. Das Schiff ist
zwar bei uns aktenkundig, aber wir haben nichts Gewichtiges gegen die Carolin
vorliegen.«
Haderlein blickte unentschlossen zu Fidibus, der mit dem Zeigefinger
auf den Leiter der GER deutete.
»Sehr schön, Herr Scheer. Sie vom Zoll haben da mehr Erfahrung als wir. Dann
übernehmen Sie das.«
Der Angesprochene nickte knapp und hörte sich dann den Rest der
Planungssitzung an.
Haderlein zeigte auf einen großen Bamberger Stadtplan, der von einem
Projektor an die Wand geworfen wurde. Mit einem Laserpointer markierte er die
Einsatzpunkte. »Bisher sind mindestens vier Eingänge in die Katakomben als
sicher anzunehmen. Villa Rosenbauer, Bartosch in der Lorbersgasse, die
Altenburg und das Klinikum St. Getreu. Und jetzt kommt Katastrophen-Müller ins
Spiel«, sagte er und deutete auf den hageren Mann mit den silbrigen Haaren am
anderen Ende des Tisches. Die personifizierte geballte Erfahrung in Sachen
Bamberger Katakomben. Wenn sich da unten einer auskannte, dann er. Aber selbst
Katastrophen-Müller musste zugeben, dass er von Eingängen am Abtsberg, in der
Lorbersgasse oder bei St. Getreu noch nie etwas gehört hatte. Die Altenburg
schien ihm schon eher möglich zu sein.
»Das heißt also«, stellte Lagerfeld fest, »die können diese Eingänge
benutzen, müssen aber nicht. Womöglich gibt es noch weitere?«
»Davon würde ich lieber ausgehen«, riet Herbert Müller mit
sorgenvollem Gesichtsausdruck. »Um es ganz klar zu sagen: Wir wissen vieles
über die Bamberger Unterwelt, aber nicht alles. Die graben hier seit über
tausend Jahren Löcher in den Sandstein. Einige davon sind wieder zugemauert
worden oder eingebrochen, andere sind noch unbekannt. Weiß der Teufel, was die
sich da unterirdisch ausgebaut haben. Ich kann nur sagen, dass dieses
Unternehmen verdammt kompliziert wird. In den Katakomben funktionierten weder
Handy noch Funk. Und wenn die Höhlen auch nur annähernd so verschachtelt sind
wie beispielsweise die am Stephansberg, dann haben wir ein unbekanntes
Stollensystem mit wahrscheinlich mehreren Ebenen vor uns. Da hat man sich ganz
schnell verlaufen. Vor allem
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