Blutfeuer
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sollten. In dem Fall mit Ihren toten Rentnern kommen wir nicht so recht
weiter.« Unschuldig grinste er Waldmüller an.
Eichbergs Schweißtropfen wurden immer größer und größer, während der
Mediziner äußerlich gelassen blieb. Kühl erwiderte er den Blick des Kommissars
und schaute dann konzentriert auf seine Armbanduhr. Falls er nervös war,
überspielte er das bravourös. »Das kommt mir heute äußerst ungelegen, Herr
Kommissar«, sagte er entschuldigend. »Ist es denn sehr wichtig? Vielleicht
können wir das Treffen ja verschieben?« Er schaute wieder von seiner Uhr auf
und Haderlein fragend, aber gelassen an. Eichberg dagegen hatte ein Taschentuch
herausgeholt und tupfte sich damit die Stirn ab.
Jetzt, dachte sich Lagerfeld, jetzt war es an der Zeit, die Fragen
zu stellen, deretwegen sie gekommen waren.
Aber Haderleins Plan sah anscheinend anders aus. Die Fragen wurden
nicht gestellt. »Oh, kein Problem«, meinte der Hauptkommissar relaxt und
fröhlich. »Wie wäre es dann mit morgen früh? So um zehn? Würde Ihnen das besser
passen?«
»Sehr viel besser!«, preschte nun Eichberg nach vorn. »Auch für mich
wäre das ein wesentlich passenderer Termin. Heute ist alles sehr gedrängt,
wissen Sie?«
Der Arzt warf Eichberg einen kurzen, undefinierbaren Blick zu,
worauf sich Eichberg wieder schleunigst zurück ins Glied begab. Waldmüller
steckte seine Hände in die Taschen seiner Arztjacke. »Einverstanden, Herr
Kommissar. Dann morgen früh, pünktlich um zehn. Wir werden da sein. Kann ich
Ihnen sonst noch weiterhelfen?«
Haderlein streckte seine Hand aus. »Ich denke nicht, das war’s
eigentlich.« Auch der Mann der Firma Bartosch bekam einen warmen Händedruck vom
Kommissar, bevor sich dieser umdrehte und ruhig und ohne Eile wieder Richtung Ausgang
ging. Ein kaum merklicher, doch entschlossener Zug umspielte seine Lippen.
Lagerfeld platzte fast, aber er schaffte es tatsächlich, sich
zurückzuhalten, bis sie im Auto saßen. »Du hast mir jetzt bestimmt etwas zu
erzählen, Franz?« Sein etwas bockiger Tonfall ließ Haderlein absolut kalt. Er
startete den Motor des Landrovers.
»Weißt du, Bernd, wie die Ameisen ihr Futter finden?« Haderlein war
die Ruhe in Person, während es seinen Kollegen vor Neugierde schier zerriss.
»Ameisen? Wieso Ameisen? Sag mal, Franz, bist du jetzt völlig
durchgedreht? Warum hast du diesem Waldmüller nicht seine verfickte
Unterschrift auf dieser Scheißquittung unter die Nase gehalten? Ohne logische
Erklärung hätten wir den doch gleich einkassieren können!« Bernd Schmitt war
echt sauer. Da lag das Steak fix und fertig zubereitet auf dem Teller, und er
durfte es nicht essen. Und nicht nur das, nein, er musste sogar wieder
wegfahren und seine Mahlzeit kalt werden lassen. Das sollte verstehen, wer
wollte. Er jedenfalls nicht.
Haderlein verkniff sich ein Lächeln. Er konnte seinen Kollegen ja
gut verstehen. Auch er hätte auf ein solches Vorgehen normalerweise mit
völligem Unverständnis reagiert. Trotzdem erschien es ihm besser, seine Taktik
erst später im Beisammensein aller zu besprechen. Aber eine Kleinigkeit konnte
er Lagerfeld ja wenigstens wissen lassen.
»Bei den Ameisen ist das nämlich so, Bernd. Die haben richtige
Pioniere, die das Futter suchen. Die werden erst mal vorausgeschickt. Und wenn
diese Scouts dann Nahrung gefunden haben, einen toten Käfer oder so, dann legen
sie von dem Käfer zum Bau eine Spur aus Pheromonen. Das sind die Duftstoffe der
Ameisen, mit denen sie sich untereinander verständigen. Anhand dieser
Duftstoffe findet dann das Ameisenvolk den Käfer und transportiert ihn in den
Bau. Und so ähnlich werden wir es in diesem Fall auch anstellen, verstehst du,
Bernd?«
Nein, das tat er nicht. Und er gab sich auch keine Mühe, sein
Nichtbegreifen zu kaschieren. Das war doch völliger Nonsens, was er da zu hören
bekam. Ameisen und Pheromone? Lächerlich, totaler Quatsch! Dazu noch
unbegreiflich. Das war einfach eine Etage zu hoch für ihn. »Die Herrschaften
waren doch völlig nervös, zumindest dieser Eichberg. Mit denen ist doch was
oberfaul, oder etwa nicht, Franz?«
Haderlein musste jetzt doch lächeln, während er den Freelander durch
Bamberg lenkte. Er wusste genau, dass Lagerfeld seine Argumente nicht verstehen
konnte. Und natürlich waren die beiden Herren nervös gewesen. »Eben drum«,
murmelte er leise, »eben drum.«
»Gimli, hör mir bitte zu«, unternahm Gerlinde Rosenbauer einen
letzten Versuch, das
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