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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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Höhe.«
    Für seine letzte Bemerkung erntete Lagerfeld sofort einen
vernichtenden Blick von dem Apfelstücke kauenden kleinen Schwein.
    »Das ist zwar niedlich«, fuhr Lagerfeld ungerührt fort, »aber nicht
normal.« Er setzte eine besserwisserische Miene auf. Schließlich kam es nicht
oft vor, dass er mehr wusste als sein älterer Vorgesetzter.
    Aber Haderlein hörte gar nicht mehr richtig hin. Er war zu unausgeschlafen,
und es gingen ihm auch zu viele Sachen durch den Kopf. Stürme, Manuela,
Rentnerleichen und eine außerhäusliche Hitze sondergleichen. Da hatte er keine
Zeit für Schweinereien. Andererseits hatte Lagerfeld mit seiner Bemerkung doch
etwas in ihm ausgelöst. Einen Gedanken, der in einem Plan mündete, den er schon
seit Längerem mit sich herumtrug. Am besten, er erledigte das gleich, sonst
würde sich der Gedanke wieder auf Wanderschaft begeben und nicht mehr
zurückkommen. So eine Idee war meist ein unsteter Geselle. »Honeypenny,
verbinden Sie mich doch mal gleich mit der Polizeihundeschule in
Neuendettelsau«, rief er ihr zu, während er sich Honig und Milch in den Kaffee
schüttete und mit dem Umrühren begann.
    »Und was ist jetzt mit Riemenschneiders Wachstumsfrage?«, erkundigte
sich Lagerfeld mürrisch bei Haderlein. Er hasste es, ignoriert zu werden. Vor
allem dann, wenn es seiner Meinung nach etwas Wichtiges war, was er da geäußert
hatte.
    Haderlein schaute kurz auf, war aber nicht wirklich an der Lösung des
Problems interessiert. »Ja, äh, keine Ahnung«, meinte er. »Riemenschneider wird
schon wissen, was sie tut«, schob er noch abwesend hinterher und goss erneut
Milch in seinen Kaffee.
    Lagerfeld beschloss, die Frage in einem passenderen Moment wieder
aufzuwerfen. Er ahnte, dass da etwas nicht stimmen konnte, aber jetzt waren
wohl nicht der Tag und die Stunde, um Franz damit zu behelligen.
    »Die Hundeschule ist dran«, rief Honeypenny quer durch das Büro, und
Haderlein griff sogleich nach dem Hörer.
    Lagerfeld quittierte das soeben Gehörte mit einem heftigen Schütteln
des Kopfes. Was zum Teufel wollte Franz Haderlein von der Polizeihundeschule?
Es wurde wirklich Zeit, dass sich der Mann mal wieder ausschlief.
    Haderlein notierte sich in Stichpunkten die Informationen, die er
vom Leiter der Hundeschule erhielt, und legte dann dankend auf.
    »Was ist eigentlich in St. Getreu los?«, fragte Lagerfeld, um das
Gespräch endlich in eine fachliche, vor allem aber andere Richtung zu lenken.
    »St. Getreu?« Haderlein schaute ihn an, als solle er einem
Schwachsinnigen das Einmaleins erklären. Erst nach ein paar Sekunden wurde ihm
klar, dass Lagerfeld ja noch keine Ahnung hatte. Er war ja mit Huppendorfer in
der Klinik gewesen, während Lagerfeld friedlich geschlummert hatte. Bei der
Vorstellung pumpte Adrenalin durch seine Adern, und ein kleiner Rachegedanke
flatterte durch sein Gemüt, setzte sich auf eine Gehirnwindung und rieb sich
hämisch die Hände.
    Sehr fein, da konnte er doch das Nützliche gleich mit dem
Revanchistischen verbinden, dachte Haderlein. Er erklärte Lagerfeld kurz und
knapp die bisherige Sachlage – bis auf den kleinen und nicht unwichtigen
Umstand der schweren Demenz von Hildegard Kleinhenz. »Das heißt«, schloss er
seinen Kurzvortrag, »dass du jetzt noch mal St. Getreu besuchst und die einzige
Überlebende, diese Frau Kleinhenz, befragst. Und lass nicht locker, ich will
Ergebnisse, Bernd«, schärfte er ihm ein, während Lagerfeld alles widerwillig
notierte. »Wenn du noch etwas wissen willst, frag Huppendorfer, der ist noch
mit der Spusi oben und kennt sich aus.«
    Lagerfeld starrte an die Wand, dann zu Haderlein. Hitze hin,
unausgeschlafen her, der Ton des Hauptkommissars an diesem Tag gefiel ihm
nicht. Ihm war die schwüle Luft genauso zuwider, auch wenn es das ideale Wetter
für sein Cabrio war, aber so würde er nicht mit sich umspringen lassen. Nicht
hier im Büro, vor aller Augen. »Hör amal, Franz«, begann er bewusst in
fränkischem Dialekt, da er wusste, dass Haderlein den überhaupt nicht leiden
konnte. »Du hast einen Ton drauf, da graust’s der kalten Sau. Ich bin hier net
dei Leibeigener oder Sklave. Und wenn dir mei Sprache net passt, dann lern se
halt, du Südpreuß! Aber mit dem Zusammenreißen, da hat’s der Herr Haderlein
wohl net so, oder? Dazu bräuchert’s nämlich a weng a Disziplin, Herr Aschauer!«
Mit dieser Anspielung auf Haderleins oberbayrische Herkunft schloss er seinen
ersten Angriff.
    Für einen Moment war Haderlein

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