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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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weltweit hatten sich inzwischen auf den
Hurrikan »Luca« gestürzt und berichteten in Dauersendungen von dem
sensationellen Ereignis. Experten wurden verhört, Prognosen erstellt und die
Einschaltquoten in schwindelerregende Höhen getrieben. Summa summarum waren
sich alle Experten einig, dass der Hurrikan in den nächsten Stunden Sizilien
erreichen würde und dort üble Verwüstungen drohten. Besonders die Einwohner von
Catania waren in heller Aufregung, da große Teile der alten Hafenstadt in einer
Senke lagen. Seit Menschengedenken hatten Stürme keine Chance gegen die
Hochwassermauern am Hafen gehabt, aber ein Hurrikan war eine völlig neue
Herausforderung. Die meisten Catanier zogen es vor, die Stadt Richtung
Hinterland zu verlassen, was bei der gefürchteten Ordnungsliebe des
Süditalieners zu einem heillosen Verkehrschaos und zahlreichen Unfällen und
Staus auf den Ausfallstraßen führte. Während sich die ersten Vorboten des
Hurrikans in Form grauschwarzer Wolken vom östlichen Horizont her näherten,
machten sich überall auf Sizilien die eilig eingeflogenen Fernsehteams daran,
an strategisch wichtigen Punkten ihre Satellitenschüsseln aufzubauen und sich
auf sensationelle Bilder vorzubereiten.
    Die Wetterfrösche aus Neapel, die als Erste die Meldung über den
Hurrikan herausgegeben hatten, gaben Reportern aus aller Welt seit Stunden
Interviews. Giorgio Amadi musste Dutzenden von Journalisten jede einzelne Phase
seiner Laufbahn, ja seines bisherigen Lebens schildern und war inzwischen ein
weltweit gefragter Experte zum Thema Stürme.
    Jenseits aller journalistischen Bemühungen, einen Hurrikan in Europa
möglichst gewinnbringend zu vermarkten, steuerte Medienstar »Luca« unterdessen
mit immer größer werdenden Windgeschwindigkeiten auf Sizilien zu.
    *
    Als Lagerfeld die Dienststelle betrat, waren alle Schreibtische
leer. Als er sich verwundert umblickte, sah er die ganze Mannschaft in dem
Glaspalast versammelt, den sein Dienststellenleiter Robert Fidibus Suckfüll
sein Büro nannte. Als er sich dazugesellte, bemerkte er, dass alle vor einem
kleinen Fernseher saßen, der in der Ecke neben dem Schreibtisch seines Chefs
aufgebaut war. Fidibus selbst hockte mit gewichtiger Miene ebenfalls dabei und
drehte aufgeregt eine seiner teuren Trockenzigarren zwischen den Fingern. Als
Lagerfeld mit Riemenschneider im Arm über die Köpfe hinwegschaute, konnte er
allerdings nicht viel erkennen, da seine Kollegen so dicht an der Mattscheibe
klebten. Er konnte nur die Stimme eines Fernsehreporters vernehmen, welcher in
dramatischem Tonfall von irgendwelchen katastrophalen Stunden berichtete, die
jetzt bevorstünden.
    »Was gibt’s denn da so Interessantes?«, fragte Lagerfeld in die
Runde.
    Sein Chef drehte sich zu ihm um und sagte mit leicht abwesendem
Blick: »Kollege Schmitt, heute beginnt eine neue Zeitrechnung. Die Menstruation
frisst ihre Kinder.« Er horchte dem soeben Gesagten noch einen Moment in der
Ahnung nach, dass mit dem einen oder anderen Substantiv nicht alles
abschließend geklärt war, dann deutete er mit der angebröselten Spitze seiner
Zigarre Richtung Bildschirm und fuhr mit bedeutungsschwangerer Stimme fort.
»Das ist ein vom Menschen geschaffenes Zeichen. Ein Fingerzeig der Natur für
die unbelehrbare Menschheit.« Seufzend legte er seine Stirn in Falten und
wandte sich wieder der sizilianischen Berichterstattung zu.
    Kriminalkommissar Bernd Schmitt konnte nicht glauben, was er da sah.
»Ein Fingerzeig? Das sieht mir ja eher wie der Wink mit dem berüchtigten
Zaunpfahl aus. Weiß man denn schon etwas über die Zugbahn des Sturms?«, fragte
er, während er Riemenschneider auf dem Boden des Büros absetzte.
    »Heute wird er über Sizilien ziehen und in zwei Tagen bei Genua auf
Land treffen. Anschließend wird er über die Alpen zu uns gelangen, allerdings
in stark abgeschwächter Form«, meinte Marina Hoffmann, die gute Seele der
Dienststelle, die aufgrund ihrer Affinität zur Imkerei von jedem nur Honeypenny
genannt wurde.
    Lagerfeld verging jeglicher Gedanke an irgendwelche Honigbrote.
Vielmehr fuhr ihm der Schrecken in die Glieder. Ȇber die Alpen? In zwei Tagen?
Verdammt!«, presste er hervor und schaute Marina Hoffmann mit sorgenvollem
Blick an.
    Sie wusste sofort, warum sich der Kriminalkommissar plötzlich solche
Gedanken machte. Manuela und Ute waren gerade auf ihrem Alpencross Richtung
Schweiz unterwegs. Noch bevor sie sich irgendwie zu seinen Befürchtungen äußern
konnte, öffnete

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