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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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und eine Flasche
plus vier Gläser auf den Tisch stellte. Ganz wohl war ihm in seiner Haut nicht.
    »Vielleicht als Zollschwein – dann von mir aus«, wiederholte er nun
laut, während er die Gläser füllte. »Nur damit das klar ist: Es gibt knallharte
Anforderungen und Regeln hier, auch für selbst ernannte Superschweine. Wenn Ihr
Ferkel auch nur einen einzigen Test nicht besteht, fliegt es hochkant raus,
verstanden?«
    »Kein Problem«, erwiderte Haderlein lächelnd, während er zusammen
mit den anderen Kollegen nach den Gläsern griff.
    »Auf die Nasen dieser Welt«, toastete Schuller lächelnd, und vier
Gläser klirrten, während draußen die Sonne ihren Weg gen Horizont anzutreten
begann.
    *
    Als Monika Schlagbauer das Ortsschild von Mürsbach erkennen konnte,
rückte sie ihre Garderobe zurecht. Heute würde nicht mehr viel passieren. Ein
alberner Empfang in der Gemeinde, das übliche Höflichkeitsgesülze, die Hände
von ein paar Dorfproleten schütteln und dann nichts wie weg in die Fluchtburg
Banz. Damit wäre Tag eins dieses unsäglichen Kalendariums auch schon
überstanden. Sie konnte bereits das Empfangskomitee auf der Rathaustreppe
erkennen. Adrett aufgereiht wie Matrosen auf einem Schulschiff. Ein paar
Hübsche waren auch dabei. Immerhin, vielleicht würde der Tag doch nicht so
unangenehm werden wie befürchtet. Der Gedanke erwies sich allerdings als eine
Nuance zu optimistisch.
    Aus dem Augenwinkel sah sie gerade noch, wie eine Tür aufgerissen
wurde, sich eine Person auf den Bürgersteig rollte und etwas Glänzendes
herangeflogen kam. Dann spürte sie den Schlag am Wagen und hörte ihren Fahrer
erschrocken fluchen. Das Auto wurde vorn hochgehoben und sie in das Polster des
Rücksitzes gepresst. Urplötzlich war nur noch der fränkische Abendhimmel durch
die Frontscheibe zu sehen. Doch der Moment dauerte nur kurz. Von oben senkte
sich ein verdreckter Stoff mit der Aufschrift »Freiheit für Mürsbach« auf die
Windschutzscheibe, dann wurde es dunkel um Staatssekretärin Monika Schlagbauer.
    Der Bürgermeister und der gesamte Gemeinderat eilten sofort zur
Unglücksstelle. Der schwarze BMW war genau zwischen Metzgerei und Bioladen auf einem großen Edelstahlbehälter
aufgebockt, die Motorhaube des Fahrzeuges ragte schräg nach oben.
    Inzwischen hatte die Dorfkapelle mit dem verabredeten
Willkommensmarsch begonnen, und der bleiche Chauffeur half einer derangierten
Staatssekretärin aus dem Fond. Verzweifelt versuchte Kuno Feiler, zu Monika
Schlagbauer durchzudringen, was aber nicht so einfach war. Auf einer Seite der
Straße wurde Jonathan von seinem Meister verdroschen, auf der anderen fuchtelte
Eduard Huttenlocher-Weber konfus mit drei weiblichen Bediensteten seines
Bioladens neben dem Auto herum, während er das Transparent zu entfernen
versuchte, was sich aber hartnäckig in den Scheibenwischern verklemmt hatte.
Inmitten dieser denkwürdigen Stimmung ertönte das begeisterte Spiel der
Blasmusik.
    Da er nicht durch die Streithähne hindurchkam, formte der
Bürgermeister seine Hände zu einem Trichter und rief der Staatssekretärin so
laut er konnte zu, sie solle doch zu ihm kommen. Dabei winkte er heftig.
»Herzlich willkommen in Mürsbach!«, brüllte er, worauf Monika Schlagbauer ihm
einen hohlen, undefinierbaren Blick zuwarf.
    Dann nahm die Staatssekretärin wieder Fassung an und machte mit
ihrem Chauffeur im Schlepptau zwei Schritte auf den Bürgermeister zu. Plötzlich
zog es ihr die Füße weg, und sie landete, einen halben Salto schlagend und mit
ausgebreiteten Armen, mit dem Rücken auf dem Boden. Unter ihr eine rote, streng
riechende Flüssigkeit, die aus dem Unfallverursacher ausgelaufen sein musste,
daneben ein verstörter Metzgergeselle, der sie ungläubig ansah. Monika
Schlagbauer legte ihren Hinterkopf auf den Teer und blickte verzweifelt in den
Abendhimmel, während die Dorfkapelle weiterhin fränkische Wirtshauslieder
intonierte. In ihr breitete sich eine apokalyptische Vorahnung aus.
    *
    Die Gruppe um Frank Jessentaler hatte sich in der Heidelberger Hütte
zum Abendessen in der Stube versammelt. Viele andere Gäste waren nicht hier
oben. Die meisten Wanderer und sonstigen Alpenbesucher hatten es wohl
vorgezogen, die stürmische Nacht in einem sicheren Tal zu verbringen. Hier gab
es nur noch ein paar Wagemutige oder die, denen für nichts anderes Zeit
geblieben war, als wenigstens die Hütte zu erreichen.
    Sigismund Ludwig saß schweigend und offenkundig übellaunig etwas
abseits der

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