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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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blöden Sprüche mehr von mir oder jemand anderem anhören, okay?« Er hob
Sigismund hoch und half ihm die Treppe zum Schlaflager hinauf.
    Mit bedrückter Miene gingen die anderen an ihren Tisch zurück.
Keiner sprach ein Wort, und draußen trieb »Luca« weiter sein wildes Spiel.
    *
    Pünktlich um neunzehn Uhr wurden die Tore des Saales geöffnet, und
die gespannten Dorfbewohner strömten gut gelaunt auf ihre Plätze. Alle waren
gekommen. Mitglieder vom Schützenverein, Kegelclub, Feuerwehr, Kartoffelverein
und der Soldatenkameradschaft. Die Kapelle stand bereits auf der Bühne und
unterhielt die Gäste mit fröhlicher Blasmusik. In der Mitte der Bühne war der
Thron: ein schwerer alter Holzstuhl aus Eichenholz, über dem ein großer und
frisch gebrühter Presssack aus der Metzgerei Felgenhauer hing. Gleich daneben
stand eine durchsichtige Lostrommel.
    Alle waren schon sehr gespannt, wer es dieses Jahr werden würde.
Allerdings war so ziemlich jedem klar, dass Brunhilde Künzel den Hattrick wohl
schaffen und zum dritten Mal die Miss-Presssack-Wahl gewinnen würde. Sie war
einfach die hübscheste, netteste und vor allem ledigste Frau im ganzen Dorf.
Die Hauptsache an diesem Abend war sowieso, dass die Wahl schnell
vonstattenging, damit der Presssack offiziell angeschnitten werden konnte. Die
Würste lagen bereits auf Holzbrettern auf jedem Biertisch im Raum. Sie rochen
diesmal zwar etwas strenger als sonst, doch das fiel in der allgemeinen frohen
Erwartung niemandem auf. Niemandem, außer der alten Katharina Büchs, von allen
nur »die Kaddl« genannt.
    Die Kaddl war mit ihren einundneunzig Jahren die älteste Einwohnerin
von Mürsbach und noch dazu eine Art Seherin von eigenen Gnaden. Jedenfalls
behauptete sie, aus dem Schnitt durch eine Mürsbacher Kartoffel unter anderem
lesen zu können, wie die Mürsbacher Welt wohl in der Zukunft aussehen würde.
Zumindest mit den Wettervorhersagen für die Sommer lag sie gemeinhin halbwegs
richtig. Dass dieser Sommer sehr heiß werden würde, hatte sie zum Beispiel
gewusst, trotzdem nahm sie keiner ernster als das Tageshoroskop im »Fränkischen
Tag«.
    Da saß sie nun also in ihrer blau-schwarzen fränkischen Tracht und
roch an dem vor ihr liegenden Presssack, während um sie herum alle in fröhliche
Unterhaltungen vertieft waren. Ihre runzelige Stirn verzog sich in ein paar
zusätzliche Falten, als sie aufstand und langsam, aber zielstrebig auf Bürgermeister
Kuno Feiler zuwackelte. Der war gerade in ein Gespräch mit einem Gemeinderat
seiner Partei »Vereinigter Itzgrund« vertieft, als sie ihn von hinten an der
Anzugjacke zupfte. Als er sich umdrehte, hatte die alte Kaddl schon beschwörend
die Hände erhoben.
    »Ja, Frau Büchs, was gibt’s denn?«, fragte er höflich, aber nicht
wirklich interessiert, während er weiterhin präsidial in den Saal lächelte.
    Doch die alte Kaddl kannte ihren Pappenheimer und hatte keine Lust,
sich beiläufig abspeisen zu lassen. Sie packte den Bürgermeister am Hemdkragen
und zog ihn flugs zu sich auf Augenhöhe herunter. Feiler widerstand dem Reflex,
sich zu wehren. Die Frau war zwar alt, aber schließlich eine Wählerstimme. Dann
kam die alte Katharina auch gleich zur Sache. »Der Bressack is ned gut, der is
bös. Der bringt Unglück. Des riech ich«, knurrte sie ihren Bürgermeister an.
    Kuno Feiler traute seinen Ohren nicht. Für so einen
pseudoesoterischen Blödsinn hatte er nun wirklich keine Zeit. »Hören Sie, Frau
Büchs –«, wollte er sie abwimmeln, aber die alte Kaddl war im Auftrag des Herrn
unterwegs.
    »Schmeiß ner fort, auf der Stelln! Und die Schwarze aus München
gleich mit derzu! Die und der Bressack sin ned gut, des get fei bös aus!«
Eindringlich rüttelte sie Kuno Feiler am Revers.
    Dem war es jetzt genug. Die vorderen Tischreihen hatten die Szene
beobachtet. Von dort war jetzt Gelächter zu hören. Das war nicht zu dulden.
Kuno Feiler lachte gern, aber nicht über sich selbst. Schließlich war er der
Bürgermeister. Also schob er die alte Frau Büchs langsam, aber konsequent
mitsamt ihren Vorahnungen zurück auf ihren Platz. Gerade noch rechtzeitig, denn
die lang erwartete Staatssekretärin betrat den Saal.
    Monika Schlagbauer kam als Letzte in einem schwarzen Abendkleid und
durfte als prominenter Gast logischerweise in der ersten Reihe neben
Bürgermeister Feiler Platz nehmen. Das mit der Reparatur des Wagens hatte
natürlich nicht geklappt, sodass sie jetzt gute Miene zum bösen Spiel machen
musste. Mit einem

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