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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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sechsjährigen
Erstklässlerin über den Kopf.
    »Die Schule ist für heute aus«, sagte die erwachsene Person. »Steig
ein, wir fahren nach Hause.« Jemand öffnete die Tür der Limousine, Theresa
Rosenbauer hob ihr rosa Kleidchen mit Barbieaufdruck in die Höhe und sprang
begeistert auf den Rücksitz. Keine Schule war immer gut. Außerdem hätte es ja
sowieso bald wieder hitzefrei gegeben, auch wenn es nach dem Gewitter in der
Nacht gar nicht mehr so heiß war. Bestimmt würde sie heute wieder etwas mit
ihren Eltern unternehmen. Entweder ins Schwimmbad oder Eis essen gehen oder
beides. Ihr Herz hüpfte bereits in froher Erwartung der unerwarteten
Tagesüberraschung. Die Person, die sie abgeholt hatte, blickte sich noch einmal
unauffällig um und setzte sich auf den Fahrersitz. Die Tür schloss sich, und
der schwarze Wagen verließ unbemerkt mit Theresa Rosenbauer das Schulgelände.
    *
    Dr. Christian Rosenbauer saß deprimiert auf einem weißen Ledersofa.
Das Haus, in dem sich das edle Möbelstück befand, lag am Fuße des Abtsberges in
Bamberg und trug die Hausnummer 1. Durch die Jugendstilfenster drohte bereits
wieder die Sonne unbarmherzig ihre aufheizende Wirkung zu entfalten, sodass die
elektrischen Rollos des voll automatisierten Hauses bald wieder ihre gnädigen
Schattenkünste unter Beweis stellen mussten. Doch dafür hatte Dr. Christian
Rosenbauer im Moment keinen Sinn. Er war zu sehr mit sich und vor allem mit
seiner Frau beschäftigt, die vor ihm auf dem Teppich kniete, seine Hände in die
ihren gelegt hatte und ihm von unten intensiv in die Augen blickte. Sie
versuchte, die tiefe Hoffnungslosigkeit zu vertreiben, die sich darin breitgemacht
hatte.
    »Du musst es so akzeptieren, wie es ist«, fing sie von Neuem an mit
ihren Überzeugungsversuchen. »Diese Welt ist nun mal so. Niemand lebt ohne
Risiko, und jeder ist für sein eigenes Handeln verantwortlich. Du bist ein
genialer junger Wissenschaftler. Du wirst dir doch nicht selbst deine Zukunft,
die der Firma und die unserer Familie kaputt machen. Ich bitte dich, Christian,
du musst jetzt einen klaren Kopf bewahren und die Realitäten akzeptieren.
Bitte! Du kannst niemanden wieder lebendig machen.« Mit dem letzten Wort
umfasste sie den Kopf ihres Mannes mit beiden Händen und schüttelte ihn, als ob
sie einen bösen Geist austreiben wollte. Doch Christian Rosenbauer zeigte
keinerlei Zeichen eines Sinneswandels. Mit müdem Blick und resignierter Körperhaltung
entledigte er sich der Hände seiner Frau.
    »Es tut mir leid, Gerlinde«, sagte er mit Tränen in den Augen und
ohne sie anzusehen. »Ich kann die Schuld nicht auf mich nehmen. Ich hätte es
verhindern können und müssen. Es tut mir leid.« Unter den fassungslosen Blicken
seiner Frau legte er den Artikel des » FT «
zur Seite, den er bereits den ganzen Morgen angestarrt hatte, und griff zum
Telefonhörer. Er tat, was er schon längst hätte tun sollen. Er würde die
Behörden informieren, egal, was seine Familie dann von ihm dachte. Doch als er
wählen wollte, war kein Freizeichen zu hören. Verwirrt blickte er auf den
stummen Telefonapparat, dann bemerkte er, dass auch die roten Kontrolldioden
der automatischen Fensterrollos erloschen waren. Das Radio aus der Küche war
ebenso nicht mehr zu hören. Bleich legte er das Mobilteil des Telefons zurück
auf die Ladestation, die diesen Zweck nun nicht mehr erfüllen konnte.
Verzweifelt blickte er zu seiner Frau, und Tränen rannen aus seinen
Augenwinkeln.
    »Sie kommen«, hauchte er tonlos in die Leere des Wohnzimmers,
während seine Frau ihn verwirrt betrachtete. Sekunden später betraten mehrere
schwarz gekleidete Gestalten den Raum.
    Die Hausherrin fuhr erschrocken herum. »Was soll das? Wer sind
Sie?«, fragte Gerlinde Rosenbauer entrüstet und streckte sich.
    »Ihr Mann weiß, wer wir sind«, antwortete der Mann, der nun ganz
rechts im Raum an der Wand stand und scheinbar teilnahmslos durch das Fenster
in den Vorgarten mit den alten Obstbäumen blickte.
    »Und er weiß auch, warum wir hier sind«, fuhr er kalt lächelnd fort.
    »Verschwinden Sie aus meinem Haus!«, rief Gerlinde Rosenbauer mit
unsicherer Stimme.
    »Das werden wir auch, gute Frau«, sagte der bärtige Anführer der
Männer, »aber zuerst müssen wir noch etwas mit Ihrem Mann klären.« Er ging
Richtung Sofa, zog ein pralles DIN-A 4-Kuvert
und einen Aktenordner aus seinem schwarzen Rucksack und legte beides vor
Christian Rosenbauer auf den gläsernen Couchtisch. »Es fehlt nur

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