Blutfeuer
Anpfiff,
wies nichts mehr auf das überstandene Tohuwabohu hin.
Das Quattroballturnier in Memmelsdorf war einzigartig. Sechsundneunzig
Mannschaften aus ganz Deutschland zu je zwölf Personen spielten an zwei Tagen
den Turniersieger in vier Sportarten aus: Handball, Fußball, Volleyball und
Basketball. Alles parallel und alles eingebettet in eine Traumkulisse zwischen
der herrlichen Ansicht des Memmelsdorfer Schlosses und den wie geleckt
daliegenden Sportanlagen des SV Memmelsdorf.
Nach zwei Tagen Dauersport waren dann alle Athleten am Sonntagabend
konditionell am Ende ihrer körperlichen Kräfte. Nachgewiesenermaßen wurden an
diesem Wochenende auch die wenigsten Kinder im Bamberger Land gezeugt. Am
Montagmorgen der folgenden Woche waren die Bamberger Arztpraxen denn auch
regelmäßig voll mit ausgelaugten Quattroballern, die sich krankschreiben lassen
wollten. Wobei nicht wenige Praxen geschlossen hatten, da die Ärzte selbst
mitgespielt hatten.
Beim Quattroball in Memmelsdorf war jeder willkommen. Vom absoluten
Hobbysportler bis zum Bundesligaspieler. Ein Umstand, welcher zu großer
Erheiterung führte, wenn beispielsweise eine erstklassige Handballmannschaft
gegen eher durchschnittliche Basketballer hochkant verlor, weil Erstere die
Regeln nicht richtig beherrschte. Verschiedene Sportarten, verschiedene
Empfindlichkeiten. Da kam schon mal Ärger auf.
Gleich im ersten Handballspiel auf Platz fünf drohte auch schon eine
Hauerei. Die Basketball-Regionalligamannschaft der TSB 1860 München war kurz davor, von relativ talentfreien,
aber sehr handgreiflichen Handballern der Drosendorfer Haie abgeledert zu
werden. Der Schiedsrichter befand sich geistig noch auf seiner Matratze im
Zelt, die Stimmung war aufgeheizt. Der Spielführer der Drosendorfer Haie hatte
gerade zum wiederholten Mal dem großen Münchner Center das langhaxige Bein
gestellt, worauf dieser, auch zum wiederholten Male und mit erstaunlicher Präzision,
das gleiche Rasenstück wie vorhin mit seinem Gesicht platt drückte.
»In des Loch da kannst jetzt dein Nama neischreibn«, erklärte der
Drosendorfer Kapitän frech dem Münchner Zweimetersiebenmann, der anschließend
mit der Grasnarbe zwischen den Zähnen und puterrotem Gesicht Kurs auf ihn nahm.
Er presste seine Stirn auf die seines dreißig Zentimeter kleineren
Gegenspielers und sagte: »Noch einmal so eine Nummer, Freundchen, und ich werde
deine Fressleiste einzeln zwischen den Halmen hier verteilen, klar? Dann kannst
du dir ein Schild vor die Visage hängen, wo groß ›Baustelle‹ draufsteht!«
Der Kleinere war mitnichten beeindruckt. »Des brobierst amal,
Börschla«, gab er trotzig und schräg nach oben von sich, während sich seine
intellektuell nur notdürftig ausgestatteten, aber knuffigen Handballerkumpel
drohend hinter ihm aufstellten. Die finstere Kulisse schien die restlichen
Basketballer nicht im Geringsten zu befrieden, sodass sie ebenfalls näher
kamen.
Für den an der Torauslinie liegenden Handball interessierte sich
schon lange keiner mehr, aber immerhin war auch noch nichts Schlimmes passiert.
Da der Schiedsrichter es so weit nicht erst kommen lassen wollte, unterschrieb
er eilig den Spielbericht, elf Minuten vor Ende der zweiten Halbzeit, und gab
schleunigst Fersengeld.
»Du bist ja zu blöd, um in einen Eimer zu schiffen, wenn du
drinstehst, du Handballerarsch. Ich werd dir jetzt gleich einmal zeigen, wo der
Frosch die Locken hat, Freundchen«, knurrte der Hüne und versuchte, den
kleineren Handballer zurückzudrängen.
»Des war a dädlicher Angriff!«, konnte man den Drosendorfer
Spielführer noch rufen hören, dann holte er aus.
Kriminalhauptkommissar Haderlein und Kollege Lagerfeld hatten sich
die Honigbrote von Honeypenny einverleibt und waren jetzt zusammen mit Cesar
Huppendorfer auf dem Weg zur Villa von Dr. Rosenbauer.
»Gibt’s denn eigentlich was zu berichten über die Vergangenheit
unserer toten Rentner?«, erkundigte sich Lagerfeld bei Huppendorfer.
»Nicht wirklich«, erklärte dieser lässig. Er hatte auf dem Rücksitz
des Landrovers Platz genommen, klappte sein Notizbuch auf und las vor.
»Keinerlei verdächtige Vergangenheiten. Waren zwar alle im Krieg, hab aber
nichts Erwähnenswertes herausgefunden. Keiner vorbestraft, keine Zusammenhänge
verwandtschaftlicher oder beruflicher Art. Lagen wohl alle zufällig auf der
Abteilung. Einzige Gemeinsamkeit ist ihre schwere Demenz.«
»Und was habt ihr bis jetzt über diesen Rosenbauer
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