Blutfeuer
Gerümpel stehenden Kellerraum, in dem
zwischen den alten Regalen die möbeltechnischen Reste von Generationen
übereinandergehäuft waren. Haderlein und Lagerfeld gingen getrennt und mit den
Waffen im Anschlag durch die engen Gänge zwischen den Regalen. Aber es rührte
sich nichts, alles war still. Nichts deutete darauf hin, dass hier gerade noch
jemand Zuflucht gesucht hatte. Als sie an dem kleinen, vergitterten
Kellerfenster ankamen, schaute ihnen von draußen Huppendorfer ins Gesicht.
»Kannst reinkommen, Cesar!«, rief Lagerfeld und schüttelte verwirrt
den Kopf. »Das gibt’s doch nicht, oder? Bin ich jetzt blöd, oder was? Du hast
doch auch Schritte gehört, oder?«, fragte er hilflos Franz Haderlein, dessen
Gehirn bereits auf Hochtouren arbeitete.
»Noch mal durchsuchen, und zwar alles!«, befahl er Lagerfeld. Die
beiden räumten nun das gesamte Gerümpel aus den Ecken. Lediglich zwei teure
Weinregale ließen sie ungeschoren. In eine Weinflasche konnte sich ja schlecht
jemand zwecks Flucht zurückziehen.
Huppendorfer stand auf der Treppe und besah sich nachdenklich das
sinnlose Treiben. »Kommt mal her«, rief er schließlich, während er seine Waffe
wegsteckte.
»Was gibt’s denn, Huppendorfer?«, fragte Haderlein erschöpft und
stellte sich ratlos neben den dunkelhäutigen Computerexperten der Dienststelle.
Der deutete wortlos nach unten.
Dann sahen es auch Haderlein und Lagerfeld. Direkt neben der
Steintreppe war im Kellerstaub ein Fußabdruck zu sehen. Der Abdruck eines
Turnschuhs in geschätzter Größe fünfunddreißig bis siebenunddreißig. Der
Turnschuh schien es ziemlich eilig gehabt zu haben, denn der Abdruck war schräg
nach hinten verwischt.
»Wir haben also doch nicht gesponnen«, freute sich Lagerfeld und
nahm erleichtert auf der Steintreppe Platz.
Huppendorfer hatte sein Handy bereits gezückt und forderte die
Spurensicherung an.
»Alles schön und gut«, murmelte Lagerfeld halblaut, »aber wo isser
denn hin, Franz?«
Haderleins Blick flog noch einmal quer durch den Raum und musterte
jeden Stein des alten Gewölbekellers. »Tja, gute Frage: Wo isser denn hin?«,
wiederholte der Kriminalhauptkommissar. Aber so lange er sich auch umschaute,
der Verursacher der mysteriösen Fußspur blieb verschwunden.
*
Die Leiche von Sigismund Ludwig wurde seit ihrer Ankunft durch den
Hubschrauber der Bergrettung im gerichtsmedizinischen Institut der Universität
Innsbruck aufbewahrt. Dort lag sie nun im Kühlfach, nachdem sich die Pathologen
am Institut den Kopf über das merkwürdige Dahinscheiden des bayerischen
Mountainbikers zerbrochen hatten. Die äußere Erscheinung war schaurig, das
Blutbild absolut katastrophal und die Todesursache vorerst nicht zu klären.
Kopfschüttelnd hatten sich alle Fakultäten der Uniklinik mit dem Leichnam
beschäftigt, einen wirklich logischen Befund aber hatte niemand zur Hand. Jetzt
wollte man einen externen Experten hinzuziehen und auf größeres Fachwissen
zurückgreifen, um diesen sonderbaren Todesfall zu ergründen.
Der Leiter der Innsbrucker Gerichtsmedizin, Thomas Hofer, wartete
bereits am Eingang auf das Taxi mit demjenigen, der ihm hoffentlich
weiterhelfen konnte.
Der Wagen hielt, und ein kleiner, untersetzter Mann mit reichlich
Hüftgold stieg aus. Der Wonneproppen war Prof. Dr. Vincent Lacroix von der
Universität Genf. Ein Hämatologe von Weltruhm und führender Experte in Sachen
Blutkrankheiten. Allerdings auch ein großer Anhänger von opulenten
Arbeitsessen. Seine barocken Körperformen zeugten auf den ersten Eindruck von
der Wahrheit dieses Gerüchts.
Strahlend kam Lacroix auf Dr. Hofer zu und begrüßte ihn herzlich.
»Hallo, Herr Hofer, endlich treffen wir uns einmal persönlich, ich habe ja
schon sehr viel von Ihnen gehört. Sehr schön, wo ist denn das Objekt?«
Dr. Hofer lachte. »Na, Sie verlieren wohl keine unnötige Zeit, wie?
Nun, ich würde sagen, wir gehen zuerst einmal in mein Büro, und ich zeige Ihnen
die Ergebnisse unserer bisherigen Untersuchungen.«
»Auch gut«, meinte der Schweizer Hämatologe fröhlich. »Gibt’s da
auch Kuchen?«
»Sachertorte«, antwortete Hofer mit breitem Lächeln. »Sie sehen, wir
sind auf Sie vorbereitet.«
Ein vorfreudiges Grinsen stahl sich in das Gesicht des Schweizers.
In sehr gelöster Stimmung stiegen die beiden Mediziner die Treppen zur
Gerichtsmedizin Innsbruck hinauf.
*
Dr. Christian Rosenbauer wachte vom Geräusch der sich öffnenden
Eingangstür auf.
»Guten Morgen, Herr
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