Blutfeuer
herausgefunden?«,
erkundigte sich Haderlein.
»Okay. Dr. Christian Rosenbauer, siebenundvierzig Jahre alt,
verheiratet mit Gerlinde Rosenbauer, geborene Bartosch, dreiundvierzig Lenze.
Ein Kind, Theresa Rosenbauer, zarte sechs Jahre alt. Das Ehepaar ist Inhaber
der Firma Hubert Bartosch GmbH. Alte eingesessene Bamberger Firma, soweit mir
bekannt ist. Der Seniorchef ist vor drei Jahren mit einundachtzig Jahren
verstorben. Muss ein ziemlicher Despot gewesen sein. Ein richtiger Altnazi und
auch sonst kein Menschenfreund. Hat von außen in die Firma eingeheiratet und
ihr dann seinen Namen gegeben. Seine Frau war angeblich auch nicht viel besser,
hat sich aber dann doch in den Siebzigern scheiden lassen. Trägt wieder ihren
Mädchennamen und lebt angeblich noch. Krieg ich noch raus, wo die steckt.
Jedenfalls hat der alte Bartosch das Unternehmen neu ausgerichtet und groß
gemacht. Ist seitdem im Pharmaziebereich tätig. Die bei Bartosch forschen und
stellen selbst Medikamente her. Der große Gewinnbringer der Firma ist das
Medikament ›Merodol‹. Eine Art Antidepressivum. Wird vor allem bei
Nervenkrankheiten eingesetzt.«
»Ah, daher also die Nähe zu St. Getreu«, schlussfolgerte Lagerfeld.
»Stimmt«, pflichtete Huppendorfer bei. »Auf jeden Fall extrem gute
Reputationen in der Szene. Gilt als seriös, kompetent und bis vor Kurzem auch
als liquide.«
»Wieso bis vor Kurzem?«, wollte Haderlein sofort wissen.
»Ganz einfach, der Markenschutz für ›Merodol‹ ist seit zwei Jahren
ausgelaufen, das Patent erloschen. Seitdem gibt es haufenweise billige
Generika. Zudem kommt immer mehr gefälschtes ›Merodol‹ aus dem asiatischen Raum
nach Europa. Der Umsatz ist in den letzten zwei Jahren um über siebzig Prozent
eingebrochen. Seitdem forscht die Firma an einem neuen Demenzmittel, das an den
Erfolg von ›Merodol‹ anknüpfen soll. Steht angeblich kurz vor der Zulassung.«
»›Yellowstone‹«, murmelte Haderlein in sich hinein.
»Das allein scheint aber nicht der Grund für die Geldknappheit zu
sein«, fuhr Huppendorfer fort. »Seit zwei Jahren haben sie alle Rücklagen
flüssig gemacht. Keiner weiß genau wofür, man munkelt aber, dass es irgendetwas
mit geheimen Baumaßnahmen zu tun hat, aber nichts Genaues weiß man nicht.« Er
klappte seine Notizen zu. »Das war’s fürs Erste.«
Dann waren sie auch schon da. Sie gingen die Stufen zum Eingang der
alten Villa am Abtsberg 1 hinunter und läuteten. Nichts rührte sich.
Huppendorfer schritt das leicht abfallende Stück des Gartens hinunter, schaute
sich die Rückseite des Gebäudes an und erstarrte. Aus dem obersten Fenster sah
ihn jemand erschrocken an. Er drehte sich um und winkte hektisch Lagerfeld zu.
Der kam neugierig herbei, während sein Kollege noch den Finger auf den Mund
legte und nach oben zeigte. Auch Lagerfeld entdeckte das merkwürdige Gesicht,
das nur Sekundenbruchteile später verschwunden war. Einzig der leicht sich
bewegende Vorhang zeugte davon, dass sie sich die Erscheinung nicht eingebildet
hatten. Sie rannten wieder zu Haderlein zurück.
»Da ist jemand im Haus«, flüsterte Lagerfeld eindringlich.
Haderlein sah ihn fragend an.
»Der sah aus wie ein verdammt hässliches Kind«, versuchte
Huppendorfer das Gesehene zu beschreiben.
Lagerfeld ging zurück zur Haustür und klingelte nochmals. Nichts
geschah. Dann legte er sein Ohr an die Tür und horchte. Seine Augen weiteten
sich. »Drinnen rennt jemand die Treppe runter«, flüsterte er. Er und Haderlein
zogen zeitgleich ihre Waffen, während Huppendorfer Richtung Hintereingang
verschwand.
»Aufmachen, Polizei!«, rief Lagerfeld laut. Haderlein nickte, und
sein Kollege trat die Tür ein. Unter der Wucht des Trittes flog das
Schließblech in weitem Bogen in den Hausflur, und die Tür knallte gegen den
Treppenaufgang. Lagerfeld stürmte nach innen und drückte sich sofort gegen die
Wand, um den Flur zu sichern. Haderlein kam ihm nach und blieb an die
gegenüberliegende Wand gelehnt stehen. Er legte den Finger auf den Mund und horchte.
Leise waren schnelle Schritte zu hören.
»Der Keller!«, rief Lagerfeld und stürmte los, Haderlein
hintendrein. Auch die Kellertür musste Lagerfeld zertreten, bevor sie die
steinernen Stufen, die steil nach unten führten, vor sich sahen. Links neben
der Tür befand sich ein alter schwarzer Kippschalter für die Lampen. Das fahle
Licht einer von Spinnweben überzogenen Glühbirne flackerte auf. Langsam
schlichen die Beamten in den voller altem
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