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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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unter den rechten Arm geklemmt.
    Das Bild der Figur innerhalb des Chemieklosetts hatte mit einer
verdorrten, nordafrikanischen Wanderheuschrecke eine frappierende Ähnlichkeit.
Während der eine Beamte besorgt einen Notarzt herbeitelefonieren wollte,
versuchte sein Kollege, etwas aus der erstarrten Heuschrecke herauszubekommen.
Er hielt sein Ohr an deren zitternde Lippen, um zu verstehen, was diese ihm
sagen wollte. Schließlich konnte er den Sänger etwas mit heiserer, nur sehr
leiser Stimme flüstern hören. Dann erhob sich der seit fast zwei Tagen
Eingesperrte mühsam und unsicher, wankte zu seinem Rad und verließ langsam und
konsequent schweigend den Ort seiner unfreiwilligen Haft.
    Dem Notarzt wurde wieder abgesagt, und auch ein bereits in Erwägung
gezogener Hubschrauber der Christopherstaffel wurde nun nicht mehr benötigt.
    Der Polizist hätte gern von seinem Kollegen gewusst, was da über die
bebenden Lippen des Delinquenten gekommen war. »Was denn nu, was hat er denn nu
gewollt?«, fragte er neugierig, während er noch der armseligen Gestalt
nachschaute, die langsam torkelnd in der Herrngasse verschwand. »Wasser, Bier,
etwas zum Essen, einen Anwalt?« Erwartungsvoll blickte er zu seinem Kollegen.
    »Nein«, erwiderte der andere Polizist nachdenklich, »nichts
dergleichen. Er sagte immer nur: ›Die Batterien sind leer, die Batterien sind
leer, ich brauch neue Batterien für die Musig!‹ Dann ist er einfach
aufgestanden und gegangen. Schweigend, wie du siehst. Aber er ist so weit auf
dem Damm, glaub ich. Allerdings ist er verdächtig ruhig. Da könnte man so einer
Naturkatastrophe fast etwas Positives abgewinnen.«
    Schulterzuckend packten die beiden Polizisten ihr Handwerkszeug
wieder ein, stiegen in ihren Wagen und widmeten sich umgehend ihrem nächsten
Einsatz. Und so gingen die letzten zwei Tage als die ruhigsten seit Jahren in
die Coburger Stadtgeschichte ein.
    Die Handballerfaust des Drosendorfer Hais traf den großen Center aus
München genau aufs linke Auge. Der Rest des Gefechtes ging in einem
riesengroßen Getümmel unter. Binnen Sekunden hatten sich die Parteien zu einem
überdimensionierten Kampfknäuel verknotet.
    Erst als die anderen Spielpaarungen nebenan unterbrochen wurden, um
die Streithähne zu trennen, konnte man mit vereinten Kräften die Situation
etwas beruhigen. Lediglich die beiden Hauptkontrahenten wären am liebsten
gleich wieder aufeinander losgegangen. Allerdings nahm die Angelegenheit
plötzlich eine dramatische Wendung.
    Während der am Auge gezeichnete Basketballer immer noch wild auf den
gegnerischen Spielführer einredete und ihn mit Fäkalausdrücken belegte, wurde
dieser plötzlich ganz ruhig. Dann drehte er sich um die eigene Achse und
blickte verwundert in Richtung Sonne.
    »He, du Handballerarsch, schau mich gefälligst an, wenn ich mit dir
rede!«, brüllte sein Gegenüber ob der Missachtung jetzt immer aufgebrachter.
Aber auch er wurde still, als er sah, was passierte. Der gerade noch so rabiate
Quattroballer aus Drosendorf sackte in sich zusammen und fiel auf die Knie.
Seine Arme und Beine verkrampften sich und fingen anormal an zu zittern.
Schließlich kippte er so auf die Seite, dass alle Umstehenden sehen konnten,
wie orangefarbene Flüssigkeit aus seinen Augen auf den Rasen tropfte. Dann lag
er still.
    Dr. Christian Rosenbauer drehte schnell am Lautstärkeregler des
Kofferradios. »Ein Einsatzwagen bitte nach Memmelsdorf zum Quattroballturnier.
Todesfall mit rätselhaften orangefarbenen Symptomen. Wer ist in der Nähe …«
Rosenbauer stand unter Strom. Das konnte nur wieder einer dieser Fälle sein,
vor denen er sich so gefürchtet hatte. Die Front war also womöglich in Bamberg
angekommen. Was sollte er nun tun? Eigentlich war das die Gelegenheit, auf die
er so lange gewartet hatte. Aber jetzt wurde er wahrscheinlich schon
polizeilich gesucht, es war viel zu gefährlich. Verzweifelt raufte er sich die
Haare, dann fiel sein Blick auf den Rollerschlüssel.
    Haderlein und Lagerfeld bogen gerade in die Lorbersgasse ein, als
sie der Funkspruch von Honeypenny erreichte. »Wir haben wieder einen von diesen
ominösen Todesfällen. Beim Quattroballturnier in Memmelsdorf.«
    »Verstanden«, antwortete Lagerfeld und blickte Haderlein fragend an.
    Der wendete, statt eine Antwort zu geben, mit quietschenden Reifen
in der engen Gasse und fuhr mit Vollgas den Jakobsberg hinunter. Am Torschuster
zwang er den Freelander mit aller Gewalt links um die Ecke und am

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