Blutfeuer
er nichts von den Leichen, die aus seinem eigenen Institut geklaut
wurden?«
Sie drehten sich auf der Stelle um und rannten los. Der angebliche
Arzt hatte bereits einen ziemlichen Vorsprung. Mit einem Satz sprangen beide
Kommissare über den Graben, der sie an der Baumreihe von der Straße trennte,
dann konnten sie erkennen, wie ein Mann im weißen Arztkittel einen schwarzen
Motorroller startete.
Obwohl sie sprinteten, waren sie nur noch in der Lage, dem Roller
hilflos hinterherzuschauen, der flott Fahrt aufgenommen hatte.
Lagerfeld griff sofort wieder sein Handy. »Honeypenny? Sofort
Fahndung rausgeben. Schwarzer Roller auf der Memmelsdorfer Straße
stadteinwärts. Wird von einer flüchtigen Person gefahren. Männlich, zwischen
vierzig und fünfzig Jahre, hat weißen Arztkittel an, wiederhole, weißen
Arztkittel.«
Dann steckte er das Handy wieder ein, und sie rannten zum Landrover
zurück, der – natürlich! – am weitesten entfernten Punkt auf dem Parkplatz beim
Memmelsdorfer Schloss stand. Die besten Plätze waren alle schon von den
Quattroballern zugeparkt gewesen. Als die Kommissare die Straße schließlich
erreichten, waren bereits etliche wertvolle Minuten vergangen. Mit Vollgas
fuhren sie Richtung Bamberg, als Lagerfeld auf Höhe des Telekom-Gebäudes
plötzlich eine Vollbremsung hinlegte, rechts am Fahrbahnrand anhielt und
ausstieg. Bevor Haderlein noch fragen konnte, was denn schon wieder los sei,
reichte ihm sein Kollege einen weißen Arztkittel herein. Dann trat er wütend
gegen den Vorderreifen. Haderlein konnte Lagerfelds Ärger nachvollziehen. Der
Tag konnte fürwahr besser laufen.
Das Blut der Pandora
Der Motor des MP 3 erstarb, und Christian Rosenbauer
setzte sich zitternd neben den dampfenden Roller in den warmen Kies. Das war
knapp gewesen, verdammt knapp. Allerdings konnte er ja zu großen Teilen selbst
nicht begreifen, was er da eben erlebte. Unter den Augen der Bamberger Polizei
hatte er einer noch frischen Leiche Blut abgenommen.
Das war frech, verdammt
frech. So kannte er sich selbst gar nicht. Er, Christian Rosenbauer, war
zeitlebens ein korrekter Mann gewesen, der jedes Risiko und jede Unwägbarkeit
scheute. So ziemlich das genaue Gegenteil zum Exsportler Pechmann. Er schloss
die Augen und legte seinen Kopf gegen die kühle steinerne Wand des
Scheunengebäudes. Dann kamen ihm seine Tochter, seine Frau und die zahlreichen
Toten in den Sinn, und er wusste wieder, warum er das alles auf sich nahm.
Entschlossen erhob er sich mit dem Werkzeugkoffer, der ihm als Arztutensilie
gedient hatte, in der Hand, ging um das Haus herum und öffnete die Eingangstür.
Das Blut gehörte so schnell wie möglich in die Zentrifuge. Die wenigen
Zehntelliter des wertvollen Stoffes waren seine einzige Chance. Er würde sich
beeilen müssen.
Kriminalhauptkommissar
Haderlein und der unwirsche Lagerfeld waren wieder zum Ort des Geschehens
zurückgekehrt. Die Sportveranstaltung war inzwischen abgebrochen worden, und
Hunderte von Hobbysportlern waren in Grüppchen in heftige Diskussionen
vertieft. Quattroball war nichts für Weicheier, aber Ableben gehörte nicht zum
geregelten Spielbetrieb.
Inzwischen war auch die
Spurensicherung eingetroffen, die gerade die Einstichstelle untersuchte, die
der ominöse Falschmediziner hinterlassen hatte.
Der Arzt, der den Tod des
Handballers festgestellt hatte, stand ebenfalls noch dort und gab gerade seine
Zeugenaussage zu Protokoll. Lagerfeld tigerte nervös und verärgert auf dem
Handballfeld hin und her. Schon zum zweiten Mal war ihm heute jemand ganz knapp
durch die Lappen gegangen, zudem befand sich sein Körper auf Entzug und
verlangte dringend nach Nikotinzufuhr. Kommissar Lagerfeld war gereizt.
»Scheiße!«, konnte man ihn
fluchen hören und sehen, wie er wütend gegen den Pfosten des Handballtores
trat, welches ihm seinen Angriff mit der ihm eigenen Härte dankte, sodass der
junge Ermittler noch lauter fluchend und noch gereizter im Kreis umherhumpelte.
Haderlein scherte sich nicht
um die Suchtprobleme Lagerfelds, sondern wandte sich an Ruckdeschl, den Leiter
der Spurensicherung.
»Und, können Sie mich aus
dem Sumpf der Ahnungslosigkeit herausziehen?«, erhoffte er sich ein bisschen
Licht im Dunkel.
Ruckdeschl schüttelte den
Kopf. »Sorry, aber so was hab ich auch noch nicht gesehen. Sie sind ziemlich
gestresst, oder?«, fragte er mitleidig den langjährigen Weggefährten.
Haderlein nickte
zerknirscht. »Wenn Sie wüssten, was die letzten Tage über los
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