Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)
Adam repräsentierte, aber so etwas wie ein Jugendmentor war er ja trotzdem. Also korrigierte er Marty nicht. »Stimmt genau. Und ich dachte, heute wäre ein guter Tag, um eine Höhle auszukundschaften. Es ist absolut sicher«, fügte er schnell hinzu, als er Darrins besorgtes Gesicht sah.
»Da gibt es ganz viele Indianerwerkzeuge, Tropfsteine und sogar eine Kammer, die im Dunkeln leuchtet. Was sagt ihr?«
Bei der Erwähnung der Indianerwerkzeuge begann Darrins ganzer Körper von Kopf bis Fuß vor ungeduldiger Aufregung zu beben.
»Cool. Darf Marty mitkommen?«
Adam zögerte und tat so, als sei es eine heikle Sache.
»In Ordnung. Aber ihr zwei müsst da rüber zum Waldrand rennen. Seht ihr den Anfang des Pfades? Wartet dort auf mich. Ich sage dem Busfahrer Bescheid, damit er sich keine Sorgen macht. Und sorgt dafür, dass euch niemand sieht, denn in der Höhle ist kein Platz für noch mehr Leute, habt ihr verstanden?«
Marty und Darrin nickten und rannten zum Waldrand. Für jemanden, der sie aus einem der Klassenzimmerfenster heraus beobachten würde – und das Risiko war gering, denn die Zimmer waren leer – würde es einfach so aussehen, als spielten da zwei Kinder. Adam begab sich ans andere Ende der Schule, das der Stadt zugewandt war. Sobald er die Straße erreichte, schlug er sich in die Bäume und ging denselben Weg zurück. Kinderleicht, würde Dad sagen.
Als sie und Jenna im Wagen hinter Hilfssheriff Bob über den Berg nach Huntingdon fuhren, galt Lucys erster Anruf Nick. Sie wollte sichergehen, dass er von diesem Schlamassel nicht erst aus den Nachrichten erfuhr. Sie informierte ihn, dass sie für absehbare Zeit in Huntingdon festsitzen würde, und rief dann ihren Vorgesetzten John Greally an.
»Jetzt meldest du dich erst? Wo warst du in den vergangenen acht Stunden?«
»Du weißt wo. In New Hope. Galloway und ich sind in einen Schusswechsel geraten.«
»Wurde jemand verletzt?«
»Nein«, antwortete sie, wohl wissend, dass sich seine Frage auf das Polizeipersonal bezog. »Aber einer der Angreifer wurde getötet. Zwei weitere wurden verletzt. Ein Feuer brach aus und eine Frau kam vermutlich in den Flammen ums Leben. Unsere Zeugin.«
»Hör auf mit dem Scheiß. Du hattest keinen Grund, dort zu sein, und die Frau hat nichts mit Galloways Fall zu tun. Wenn die örtlichen Behörden Krawall machen, kann das ernste Konsequenzen nach sich ziehen.«
»Theoretisch betrachtet handelt es sich um einen Schusswechsel, in den eine Postbeamtin verwickelt war. Vielleicht sollte sich die Postbehörde darum kümmern, und wir lassen das FBI außen vor?«
»Warst du auch in den Schusswechsel verwickelt?«
»Nur als Zeugin. Ich ging in Deckung und habe keinen Schuss abgegeben. Kam noch nicht mal dazu, so schnell ging alles.«
»Vielleicht können wir es so verkaufen. Und wen zum Teufel soll ich anrufen? So viele Schusswechsel, an denen eine Postbeamtin beteiligt war, gibt es nun auch wieder nicht. Wie geht’s Galloway?«
»Sie ist ziemlich fertig, aber ansonsten in Ordnung. Sie hat sich wacker geschlagen.«
Sie erwähnte nicht, dass Jenna neben dem toten Biker in den Schnee gekotzt hatte. Das war eine vollkommen natürliche Reaktion auf diese Art von Stress. Es bestand kein Grund, den Schreibtischhengsten Futter für ihr Geläster am Montagmorgen zu geben.
»Machen ihr die örtlichen Behörden das Leben schwer?«
»Nein, überhaupt nicht.«
Die Einsatzzentrale des Sheriffs von Huntingdon hatte den gesamten Zwischenfall mitgeschnitten, weil Jenna mit Bob am Telefon gewesen war, als die Schießerei losging. Außerdem hatte der Hilfssheriff einen großen Teil des Geschehens mit eigenen Augen gesehen und konnte ihre Version bestätigen.
»Sie ist frei von jedem Vorwurf.«
»Und du bist dir sicher, dass das nichts mit irgendeinem Fall zu tun hat, der in unseren Zuständigkeitsbereich fällt?«
»Nein, Sir. Nur der falsche Ort zur falschen Zeit.«
»Okay. Lass mich mit jemandem bei der Post sprechen und dann melde ich mich wieder. Bis dahin muss Galloway ihre Waffe abgeben.«
»Die Sheriffs haben ihre Waffe schon beschlagnahmt.«
»Und sie trägt keine Ersatzwaffe bei sich?«
»Nein.«
Das Geräusch, das Greally machte, klang wie ein verschlucktes Kichern.
»Wenn sie lang genug mit dir unterwegs war, wird sie eine Ersatzwaffe bei sich tragen. Halte mich auf dem Laufenden. Und glaube bloß nicht, dass ich dein psychologisches Gutachten vergessen habe. Du wandelst auf einem sehr schmalen Grat, Lucy. Tue
Weitere Kostenlose Bücher