Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)
filmen. Wenn ich damit fertig bin, werde ich es ins Netz stellen. Und wenn Lucy gewinnt, hole ich mir Olivia.« Er zückte sein Telefon und filmte sich selbst.
»Wir wollen doch dafür sorgen, dass Megan versteht, was hier auf dem Spiel steht. Megan, meine Liebe, wenn du das hier siehst, dann hat deine Mom gerade einen unbewaffneten Jungen getötet. Und gerade jetzt töte ich ein sechzehnjähriges Mädchen. Ganz langsam. Ich habe alle Zeit der Welt. Und ich genieße jede einzelne Minute.« Er zwinkerte. »Sie wird tagelang schreien. Wochenlang.«
»Du kranker Hurensohn!«
Man brauchte keine Schauspielerin zu sein, um Clint die Verzweiflung vorzutäuschen, nach der er es ihn verlangte. Aber Lucy dachte selbst dann noch fieberhaft nach, als sie auf ihn einschrie. Wie konnte sie ihn an die Angel bekommen?
Regel Nummer eins im Umgang mit Tätern: Sie lügen immer. Er hatte auf keinen Fall vor, sie oder Adam am Leben zu lassen. Oder Jenna und die Kinder. Er schnalzte tadelnd mit der Zunge.
»Lucy, Lucy. Ich dachte, dein Job bestünde daraus, kranke Scheißkerle wie mich zu verstehen. Sich in uns hineinzuversetzen.«
Ganz genau. Und Clinton Caine ging es nur darum, Kontrolle auszuüben. Macht zu demonstrieren. Überlegenheit.
»Mein Job ist es, dir das Handwerk zu legen. Und genau das werde ich tun.« Sie holte weit aus, aber die Kette war zu kurz. Adam setzte sich mit ihr in Bewegung, aber dann schnipste Morgan wieder mit dem Feuerzeug, und er erstarrte. Clint lachte erneut sein mieses Lachen und richtete die Kamera auf Adam.
»Für meine geschätzten Zuschauer – das ist Adam Caine. Wenn er am Ende dieses kleinen Duells noch am Leben ist, dann hat er eine Bundesagentin umgebracht.« Er linste am Telefon vorbei. »Darauf steht die Todesstrafe, Adam. Du wirst dein Leben nur retten können, wenn du mit mir zusammen fliehst. Und mir hilfst, Fische zu finden. Und alles tust, was ich dir sage.«
Aha! Da war er, ihr Rettungsanker. Warum hatte Clint Adam überhaupt so lang am Leben gelassen? Er hatte andere Kinder, mit denen er ihn ersetzen konnte. Ganz offensichtlich entsprach Adam nicht seinem Bild eines idealen Sohnes. Weil er Adams Willen nicht zerstört hatte. Deshalb hatte er auch Rachel viel länger, als es sicher oder zweckmäßig gewesen wäre, am Leben gelassen. Er hatte sie brechen wollen. Und er musste Adam ebenfalls brechen. Aber Adam würde niemals das Monster werden, das Clint aus ihm machen wollte. Dazu würde Lucy es nicht kommen lassen. Selbst wenn das bedeutete, dass sie sich opfern musste, um ihn davor zu bewahren. Sie würde Clint mit ihren bloßen Händen töten, bevor sie Adam in die Fußstapfen seines Vaters treten lassen würde. Die Gesichter von Megan und Nick schwebten wieder vor ihrem inneren Auge. Sie blinzelte, damit sie sich auflösten. Es erfüllte sie mit großem Bedauern, aber sie konnte sich jetzt nicht ablenken lassen.
»Willst du das tun, Adam? Willst du endlich der Sohn werden, den ich verdiene? Mir nachfolgen, wohin auch immer ich gehe?«
Adam wand sich. Clint richtete die Pistole auf ihn und Adam erstarrte in der Bewegung.
»Nein. Das werde ich nicht. Du hast gesagt, dass du die Kinder freilässt. Jemand muss sich um sie kümmern.«
»Wenn du nicht mit mir kommst, dann wird sich Morgan um sie kümmern. Stell dir nur den Spaß vor, den sie haben wird, wenn sie ihnen all das beibringt, was sie von mir gelernt hat. Du kannst entweder hierbleiben und in die Todeszelle wandern und die Kinder dadurch trotzdem im Stich lassen. Oder du kommst mit mir und zeigst mir, dass ein richtiger Mann in dir steckt. Wie wirst du dich entscheiden?«
Adam antwortete nicht. Seine Gesichtszüge verhärteten sich. Dann sah er zu Lucy. Seine Augen verengten sich. Er schätzte ihre Schwachstellen ab, wägte ab, wohin er den tödlichen Schlag platzieren sollte. Clints Lachen schallte durch die schwarze Dunkelheit. Morgan stimmte mit ein. Sie tänzelte am Grubenrand entlang und sang: »Adam, Adam, Adam …«
»Adam, achte nicht auf ihn …«
Aber Adam schüttelte den Kopf und blickte von Lucy weg. Er ballte die Fäuste. Sein Gesicht war eine ausdruckslose Maske. Das Gesicht von jemandem, der sich entschieden hatte: Leben oder Tod.
Kapitel 35
Jenna wischte sich das ätzende Benzin aus dem Gesicht und sah dann nach den Kindern. Sally weinte und rieb sich die brennenden Augen. Darrin beugte sich über Marty und blickte nach oben zu der Stelle, an der Morgan stand und höhnisch mit dem Feuerzeug
Weitere Kostenlose Bücher