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Blutflucht - Evolution

Blutflucht - Evolution

Titel: Blutflucht - Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loreen Ravenscroft
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keinesfalls, wie viele Menschen, wie viele unschuldige Kinder, durch seine Hand ein qualvolles Lebensende erlitten hatten.
    Für diesen Mann wäre der Tod keine gerechte Strafe. Er verdiente Schlimmeres!
    Schnell, Mama, geh in das Labor und hol ein Tier aus dem Käfig!
    »Torri, was tust du?«, hörte ich Jack in weiter Ferne.
    Alle sprachen durcheinander: Mein Sohn (
Beeil dich, Mama!
), der Arzt (
Was haben Sie mit mir angestellt, Sie dreckige Mutantenfotze!
), Jack (
Kate, was ist mit dir?
) und ich (
Wo soll ich hin? In mir dreht sich alles
). Wenn ich den Doktor nicht bald aus dem Kopf bekam, würde ich wohl genauso wahnsinnig werden wie er.
    Irgendwie schaffte ich es zum nächstbesten Käfig zu taumeln und öffnete ihn. Drei fette braune Laborratten starrten mich an. Ich ekelte mich ein wenig vor den Tieren, denn sie waren so riesig! Aber die Stimmen in meinem Kopf waren dermaßen quälend, dass ich nicht lange fackelte und eine Ratte herausnahm.
    … so wie bei Papa und dem Arzt!
    Das meinte ich doch nicht im Ernst? Doch was blieb mir anderes übrig? Dr. Harcourt musste aus meinem Kopf verschwinden, bevor ich völlig den Verstand verlor.
    Also drückte ich meine Stirn gegen den pelzigen Schädel und mit einem Schlag fuhr das Bewusstsein des Arztes in das Tier hinein. Sofort fühlte ich mich frei und wieder ich selbst. Es war, als hätte sich in meinem Kopf ein Überdruckventil geöffnet. Erleichtert atmete ich auf.
    Die Ratte dagegen quiekte und strampelte in meiner Hand. Sie war schwer und hatte Kraft. Ich wusste, wie sie sich jetzt fühlte. Und ich wollte mir nicht ausmalen, wie es Dr. Harcourt nun erging, nachdem ihm klar wurde, dass er sein restliches Leben als Versuchstier verbringen würde. Eine gerechtere Strafe hätte es für dieses Monster nicht geben können! Ich legte ihn zu seinen Artgenossen in den Käfig und verschloss ihn sorgfältig.
    Als würden die anderen Ratten spüren, dass mit ihrem Kumpanen plötzlich etwas nicht mehr stimmte, begannen sie ihn zu beißen. Die Harcourt-Ratte schrie auf. Jetzt wusste er, wie sich Schmerzen anfühlten.
    Beim Verlassen des Raumes stieg ich über seinen seelenlosen Körper, der zusammengekrümmt wie ein Embryo auf dem Boden lag und an seinem Daumen nuckelte.
    »Es ist vorbei«, sagte ich zu Jack, der immer noch vor dem Fahrstuhl hockte und mich fragend anstarrte. »Er hat bekommen, was er verdient.«
    Ich horchte tief in mich hinein. Mein Sohn – mein Alter Ego – war verstummt. Ich kniete mich neben Jack auf den Boden und umarmte ihn. Vor Erleichterung weinten wir beide. Ich überhäufte Jacks Gesicht mit Küssen und war einfach nur glücklich, dass er lebte.
    »Ich will hier raus, Kate«, sagte er.
    Ich half ihm in den Rollstuhl. »Schwester May erklärte mir, dass wir durch die Labore müssen. Dort wäre ein Ausgang.«
    Hastig schob ich Jack vorbei an den Käfigen. Ich erkannte in dem Raum nur einen Notausgang. Tatsächlich ließ er sich ohne Scan öffnen. Allerdings ging ein Alarm los.
    »Oh nein!« Mein Herz pochte wie wild, als ich mich hektisch umblickte. Ich blinzelte gegen die Sonne an und sah einen hohen Zaun, der die gesamte Anlage umgab. Es war derselbe Zaun, über den Jack schon einmal entkommen war. Doch jetzt war er zu schwach!
    Ich hörte Rufe und Schritte aus dem Gang hinter uns. Offensichtlich hatte jemand Harcourts Körper gefunden. Wo sollte ich mit Jack hin? Es gab einen Anbau, der zwischen Institut und Zaun stand. Ich schob Jack um das Gebäude herum, damit man uns nicht sofort entdeckte.
    »Hubschrauber«, sagte Jack und deutete zum Himmel.
    Tatsächlich! »Oh nein, sie kommen bestimmt wieder wegen uns!«
    Plötzlich fühlte ich etwas in mir, das mich wie ein Schlag traf und meine Angst überdeckte. Unzählige Emotionen stürzten auf mich ein; ich spürte Leid, Panik, Trauer, Langweile, Resignation.
    Ich wirbelte herum. In dem Anbau waren zahlreiche winzige Fenster. Ich stellte mich auf Zehenspitzen und schaute ins Haus. Ein Mädchen lag auf einer Pritsche und starrte die Wand an. Sie trug einen grünen Overall.
    »Oh Gott, Jack«, wisperte ich und schaute durchs nächste Fenster. Dort saß ein Mann, den Kopf auf seine Hände gestützt. Er hatte dieselbe Kleidung an.
    Himmel, hier hatten sie die Mutanten eingesperrt! Kinder und Erwachsene hausten wie Gefangene in winzigen Zellen, in denen kaum mehr als ein Bett stand.
    »Wir müssen sie befreien!«
    »Das wird MALVE übernehmen.« Ein Lächeln huschte über Jacks Gesicht. »Sieh

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