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Blutfrost: Thriller (German Edition)

Blutfrost: Thriller (German Edition)

Titel: Blutfrost: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Staun
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Urologischen Abteilung des Krankenhauses gewesen. Wo sollten Urologen sonst in Odense arbeiten? Und da war er, neben dem Bild des Stationsleiters, älter,etwas ausgelaugt, mit grau gesprenkelten Haaren, lächelnd und noch immer voll und ganz in der Lage, mir eine schlaflose Nacht zu bereiten. Irgendwann war ich sogar aufgestanden, um mich im Badezimmer eingehend im Spiegel zu betrachten. War auch ich so alt, so ausgelaugt, so grau?
    Trotzdem hatte ich die Homepage der Urologie mit einer gewissen Unsicherheit verlassen. Denn der Mann auf dem Foto hieß nicht Daniel Krause.
    Hier auf dem Flur gab es keinen Zweifel mehr, und ich konnte nicht anders, ich musste ihn ganz einfach anstarren, bis er von dem Journal aufblickte, das er in den Händen hielt. Der Hass, den wir beide füreinander empfanden und den keiner von uns wirklich verstand, war überwältigend. Unsere Blicke begegneten sich, und der lange Flur, die Plastikstühle, die kleinen Tische mit den diversen Magazinen verblassten, ebenso wie all jene Erinnerungen, die durch die Nacht getanzt waren und mich wachgehalten hatten. Ich hielt die Luft an und sah ihn an, solange ich es aushalten konnte. Er war es tatsächlich, kein Zweifel milderte diese Erkenntnis ab. Früher hatte er einmal Daniel Krause geheißen, doch jetzt stand – aus unerfindlichen Gründen – Daniel T. Sommer auf seinem Namensschild. Arzt, Urologe, Urin-Experte. Er stand da, unmittelbar vor mir. Zum ersten Mal seit der Beerdigung meiner Mutter. Es würde mich nicht wundern, wenn er einzig und allein hierhergezogen wäre, um mir mein Leben unerträglich zu machen.
    Erst stand ich wie angewurzelt da und konnte meine Augen nicht von ihm nehmen. Dann stürmte ich mit pochenden Schläfen und einem wachsenden Kloß im Hals durch die Tür, als wäre mir mein wild schlagendes Herz buchstäblich in den Hals gerutscht. Draußen im Treppenhaus blieb ich stehen und klammerte mich am Geländer fest. Ein Gefühl keimte in mir auf, weniger ein Gedanke als ein physischer Impuls. Tief drinnen,irgendwo unter meinen Rippen, erwachte eine große, giftige Schlange, die rhythmisch mit ihrem Schwanz schlug.
    Ich machte kehrt und ging zurück, fokussierte den Mann, der gerade über den menschenleeren Flur verschwand. Ich rannte ihm hinterher und schaffte es, seinen Arm zu packen, bevor er durch eine Tür verschwinden konnte. Er sah mich verblüfft an und versuchte, mir seinen Arm zu entreißen, aber ich hielt seinen Kittel fest. Dann stieß er einen Laut aus, aus dem nie ein richtiges Wort wurde.
    »Hör mir zu«, fauchte ich. »Wenn du jemals irgendjemandem in dieser Stadt erzählst, dass wir zwei verwandt sind, bringe ich dich um. Und das Gleiche mache ich, solltest du jemals versuchen, mit mir Kontakt aufzunehmen. Komm mir nicht zu nahe!« Ich sah mich um, aber es war niemand da. »Und ich meine das so, wie ich es sage! Und glaub mir, ich weiß, wie man das anstellt, und ich hätte sogar richtig Lust dazu.«
    Er sah mich kalt an, aber an der Farbe seines Gesichts erkannte ich, dass ich noch immer die alte Wirkung auf ihn hatte: Er hatte Angst vor mir, auch wenn er lieber sterben würde, als sich das einzugestehen.
    »Du bist alt geworden«, sagte er nur. »Dabei warst du mal so schön.« Früher hatten wir uns verdammt ähnlich gesehen, zwei identische Kinder, hübsch, blond, wohlerzogen. Dann wurden wir älter und jeder auf seine Weise unausstehlich. Ich roch sein Aramis-Parfüm und seinen Angstschweiß. »Als ich das letzte Mal von dir gehört habe, hast du in Kopenhagen gearbeitet«, sagte er leise. »Wenn ich gewusst hätte, dass du hier bist, wäre ich niemals hierhergezogen.«
    »Warum heißt du jetzt Sommer, und wofür steht dieses blöde T?«
    »Ich habe den Namen meiner Frau angenommen. Sie fand Krause zu deutsch.«
    Er log. Das konnte er gut. Hatte es sein ganzes Leben lang mit Bravour getan. Doch ich war eine Expertin für Lügner, und je besser seine Lügen geworden waren, desto besser war ich darin geworden, sie zu entlarven. Er log, ohne einen flackernden Blick oder eine höhere Stimmlage zu bekommen. Es war nicht so einfach zu erkennen, aber es geschah etwas mit seinen Augen, irgendwie verblassten sie für den Bruchteil einer Sekunde.
    »Ich weiß alles über dich, Daniel, ich weiß all die Dinge, die andere Menschen nicht über dich erfahren dürfen«, sagte ich und bluffte nur zum Teil. Sein Mund öffnete und schloss sich, und die Farbe verschwand aus seinem Gesicht. »Und du weißt das.« Ich

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