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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schnaps aus der Flasche.
    Sollte es wahr sein, mein Gott, daß wir beide überleben, dachte er. Du bist so weit weg mein Gott … und plötzlich läßt du ein Wunder geschehen in den böhmischen Wäldern …
    Dann wirkte der Schnaps, vom leeren Magen zog der Alkohol direkt ins Gehirn … Pilnys Welt verwandelte sich in einen Kreisel, er legte sich auf den Rücken und schlief ein.
    Es war fast die gleiche Zeit, in der auf dem Fußballplatz von Horni Vltavice der Hubschrauber der tschechischen Armee aufstieg, und Arzt und Medikamente, zwei junge Burschen und den Sektionsleiter der ›Civilni obrana‹ hinüberflogen zu der schwarzen Wand der tausendjährigen Wildnis.
    *
    »Wir müssen gleich über dem fraglichen Gebiet sein«, sagte Leutnant Slavik nach hinten. »Machen Sie sich fertig zum Absprung. Zuerst der Doktor und der Genosse Vorsitzender … die anderen können dann das Material hinunterwerfen und als letzte springen. Alles klar?«
    »Alles klar, Leutnant.«
    Die Männer blickten in die dunkle Tiefe. Unter ihnen lag der Urwald, ein im Nachtwind wogendes Meer aus Millionen Ästen. Sie wußten: Wir werden in diesen urweltlichen Bäumen landen, uns in den Zweigen verfangen, vielleicht verletzen … oder es wird alles glattgehen, wir setzen weich in diesen breiten Baumkronen auf, befreien uns vom Fallschirm und klettern zur Erde. Wie es auch kommen wird: Wir werden Pilny und Lucek helfen und sie aus dem Ring der Sowjets herausholen.
    Der Chirurg aus Strakonice stand an der Tür und wartete auf das Kommando zum Springen. Er hatte noch nie an einem Fallschirm gehangen, genauso wie die drei anderen, die hinter ihm warteten, das dicke verschnürte Paket auf den Rücken. Und genau wie sie dachte er einen Augenblick daran: Was, wenn sich der Fallschirmsack nicht öffnet? Wenn wir wie ein Stein hinunterfallen?
    »Noch eine weite Kurve … dann –!« sagte Leutnant Slavik.
    Der Arzt nickte stumm. Er hatte plötzlich einen trockenen Mund. Vom Himmel zu fallen, ist ein verdammt mutiges Unternehmen. In diesen letzten Sekunden vor seinem eigenen Sprung bewunderte er die Fallschirmspringer.
    In diesem Augenblick zuckte ein Licht auf … ein weißer Gespensterfinger zerteilte die Nacht und zersägte den Himmel.
    »Scheiße!« schrie Leutnant Slavik. »Ein Schweinwerfer! Ich habe es geahnt!«
    Er ging noch tiefer und winkte mit der linken Hand. Der gebündelte helle Strahl glitt zu ihnen hinüber, es war nur eine Frage von Sekunden, bis sie wie eine silberne Libelle im strahlendsten Licht dahinflogen.
    »Jetzt springen?« rief der Arzt.
    »Nein! Wir sind zu tief … das ist zu gefährlich! Aber die Kisten raus … schnell … ehe sie uns erwischen!« Leutnant Slavik flog ein gewagtes Manöver … er schwenkte seinen Hubschrauber herum und entglitt dem tastenden leuchtenden Finger. »Wir sind über dem Gebiet! Raus mit den Dingern! Dann haben sie unten wenigstens Medikamente und Proviant –«
    Die Tür klappte auf und schlug außen an die Wand. Der Sog ergriff den Arzt und den Sektionsleiter wie mit Hunderten zerrenden Fingern … sie klammerten sich fest, bis der erste Anprall vorüber war … dann warfen sie die Kisten und Säcke aus dem Hubschrauber. Sie waren untereinander durch Stricke verbunden, auch die Fallschirmreißleinen funktionierten einwandfrei … einer Kette gleich schwebten die dunklen Gegenstände zur Erde und verschwanden unten in dem schwarzgrünen Meer.
    »Alles fort!« keuchte der Sektionsleiter. »So eine Scheiße! Sollen wir nicht doch springen?«
    Die Antwort kam von den Sowjets. Der weiße Finger ergriff den Hubschrauber und hielt ihn fest. Der Arzt riß die Tür zu und lehnte sich tief atmend an die Wand. Leutnant Slavik unternahm noch einen Versuch, dem Scheinwerfer zu entrinnen, obgleich er wußte, daß es keinen Sinn mehr hatte. Wie ein verirrter Nachtvogel schwirrte er durch das gleißende Licht und wartete dann darauf, was nun geschah. Deutlich mußte man jetzt die tschechischen Hoheitszeichen am Rumpf des Hubschraubers erkennen. Schossen die Russen? Alarmierten sie Jagdflugzeuge in Prag? Die Überschalljäger konnten in wenigen Minuten hier sein und sich wie die Hornissen auf die Beute stürzen. Oder standen die Sowjets ratlos hinter dem Scheinwerfer und fragten erst einmal ihre vorgesetzten Dienststellen in Pilsen, wie man sich nun verhalten solle? Man war ja als Freund ins Land gekommen, als Befreier vom westlichen Imperialismus. Durfte man da einen befreundeten Hubschrauber einfach vom Himmel

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