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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mit ihren kühlen, weichen Händen. Er hob die Arme, umfaßte ihren Nacken und ließ sich umwehen von ihren seidigen Haaren.
    »Wie ich dich liebe –«, sagte er leise.
    »Ich wußte, daß du zurückkommst, Micha.«
    »Du wußtest es?«
    »Ich habe immer daran geglaubt, daß uns nichts auseinanderreißen kann als der Tod. Solange wir leben, gehören wir zusammen. Ich habe es nie anders gespürt –«
    »Es waren furchtbare Stunden, Valentina …«
    »Es war die Hölle, Micha. Aber nun sind wir hindurch.« Sie küßte ihn wieder und streichelte ihn, und es war, als fließe ein Teil ihrer Kraft in seinen Körper und belebe ihn neu. »Nenn mich nicht Valentina –« sagte sie dann. »Bitte, nenn diesen Namen nicht …«
    »Aber du bist Valentina Kysaskaja.«
    »Ich war als Miroslava der glücklichste Mensch dieser Welt und will es bleiben. Es gibt keine Kysaskaja mehr, Micha. Ich habe sie weggeworfen wie einen Kleiderfetzen!«
    »Und wenn wir aus diesem Wald herauskommen …?«
    »Dann wird alles anders sein, Micha. Wir werden zurückkehren nach Prag, du wirst weiter studieren, und ich werde in unserer Wohnung auf dich warten. Wir werden uns lieben und glücklich sein und warten … warten auf jenen Tag, an dem die russischen Panzer wieder abziehen und man vergißt, daß es eine Kysaskaja gegeben hat. Du wirst deinen Doktor machen und ein guter Arzt werden, wir werden irgendwohin ziehen, wo du deine Praxis aufmachst, ein Haus baust, in dem unsere Kinder geboren werden und wir ein ganzes Leben lang zusammen sind.«
    »Und dieser Oberst Tschernowskij?«
    »Auch er wird nach Moskau zurückkehren und Valentina Kysaskaja vergessen. Er muß es … denn er wird sie nie wiedersehen.«
    Das aber war ein Irrtum.
    Wer Tschernowskij genau kannte, wußte mit Sicherheit, daß er nie vergessen würde. Auch Valentina mußte das wissen, und es war eine Flucht in die Illusion, nicht daran zu denken.
    Ein Mann, der einer schönen Frau verfällt, ist wie ein geschorener Pudel, hat irgendwann einmal ein Dichter gesagt. – Es ist eine marternde Wahrheit. Tschernowskij spürte sie jeden Tag, wenn er an Valentina Konstantinowna dachte, und wenn er ihre neu angelegte ›tschechische Personalakte‹ durchblätterte, in der bürokratisch genau alle ihre ›Sünden‹ verzeichnet waren, wenn er ihr Foto betrachtete, wie sie neben dem blonden Lucek unter der tschechischen Fahne gegen die sowjetischen Panzer anrannte, dann verkrampfte sich das heiße Herz Andrej Mironowitschs und er schwor sich, über seinen dienstlichen Auftrag hinaus, einen abtrünnigen Agenten zur Strecke zu bringen, auch privat seine Rache auszukosten.
    Das alles aber lag jetzt noch im Dunkel kommender Tage. Im Augenblick schien die Sommersonne über dem böhmischen Urwald, lehnten Valentina und Micha an den Felsen und tranken Kaffee. Um sie herum lagen die Kisten und Säcke, die Pilny zurücklassen mußte.
    »Wir können hier ein paar Wochen aushalten«, sagte Lucek, nachdem er die Vorräte inspiziert hatte. »Was hältst du davon? Was sollen wir jetzt draußen? Wir können doch nichts anderes tun als warten. Der Widerstand ist zusammengebrochen, die sowjetischen Panzer haben gesiegt, die Welt um uns herum hat das Maul aufgerissen, aber ist in ihren warmen Pantoffeln geblieben. Was haben wir auch erwartet? Wir müssen mit unseren Problemen selbst fertig werden … und dazu brauchen wir die Zeit.«
    Lucek sah in den blauen, wolkenlosen Sommerhimmel. Ein heißer Tag kündete sich an. »Wir bleiben im Wald«, sagte er fest. »Wir werden die letzten Bären der böhmischen Wälder sein. Vielleicht hast du recht, Miroslava: Wie die Kysaskaja wird man auch Lucek vergessen … und die Zeit ändert sich.«
    »Danke«, sagte Valentina. Sie beugte sich zu Micha und küßte seine Schläfe.
    »Wofür?« fragte er erstaunt.
    »Du hast mich wieder Miroslava genannt.« Sie lächelte ihn mit ihren großen, schwarzen Augen an. »Gott ist mein Zeuge … ich kann nicht mehr ohne dich sein …«
    Auf dem harten Felsenboden lagen sie später und liebten sich, und er kam ihnen weicher vor als ein Daunenkissen. Ganz zart, unendlich behutsam und mit langsamen Bewegungen genossen sie sich; sie suchten nicht die Wildheit der Leidenschaft, sondern nur die Süße der Vereinigung, das Spüren: Du bist ich und ich bin du … und dann lag Micha zwischen ihren Brüsten, atmete den Honigduft ihres Körpers, und so schlief er ein, und die Sonne beschien die weißen, glänzenden Körper.

XV
    Zwei Stunden

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