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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Muratow noch hinzukam und sie anspuckte, kroch sie an Lucek heran und bohrte ihr Gesicht zwischen seine Knie. »Hör mich an!« schrie sie. »Denk an die Tage in dem alten Haus! Habe ich nicht mit euch demonstriert? Bin ich nicht zu euch in die Wälder gekommen? Ich habe alles, alles hinter mir gelassen. Ich liebe nur dich, Micha. Ich liebe dich. Ich will nie, nie mehr Valentina Kysaskaja sein …«
    Lucek senkte den Kopf und wandte sich ab. Nach einem taumelnden Schritt brach er zusammen und wurde von Muratow aufgefangen und weggeschleift. Valentina, die ihm folgen wollte, wurde von Pilny zurückgerissen. Sie wehrte sich nicht … sie schwankte zur Seite und prallte gegen Irena, die hinter ihr stand. Ihre langen schwarzen Haare hingen wie zerfetzt über das zuckende Gesicht.
    »Du hast uns alle getäuscht«, sagte Pilny hart. »Du hast nach den Befehlen des KGB gehandelt … selbst deine Liebe zu Micha war befohlen!«
    »Nein! O nein!« Valentinas Kopf flog hoch. »Wie könnt ihr so etwas glauben? Als ich aus Prag flüchten konnte, war in Moskau schon beschlossen, daß man mich nach Sibirien schafft. Ich habe Ihnen gesagt, daß ich Micha liebe, daß ich ihre Verlogenheit hasse, daß ich ein neues Leben beginnen will! Warum wäre ich sonst zu euch in die Wildnis gekommen?«
    »Du hattest den Befehl dazu. Zurück zu Pilny und Lucek. Und wenn sie an der Grenze sind, das verabredete Zeichen … und alle Probleme sind gelöst.«
    »Das kannst du glauben? Mein Gott, Karel, Irena, Micha … das könnt ihr von mir glauben?« Valentina schlug beide Hände vor die Augen.
    Ihre Lage war hoffnungslos, sie sah es ein. Tschernowskijs teuflische Gemeinheit hatte gesiegt. Was nutzten jetzt noch Worte, Beteuerungen, Erklärungen? Sie verflogen wie ein Vogelschrei im Sturm. Nur ihre Liebe war allein ein Beweis … aber wer nahm ihn jetzt noch von ihr an?
    »Sieh her, Micha …«, sagte sie weinend und öffnete ihre Bluse. Sie entblößte ihre Brüste, holte aus der linken Schale des Büstenhalters ein abgerissenes Stück Papier heraus und hielt es Lucek hin. »Immer trage ich es bei mir … ein Auge ist es … dein Auge, Micha … ich habe es vom Boden aufgehoben und an meinem Herzen versteckt, als Tschernowskij dein Foto zerriß. So warst du immer bei mir … jede Nacht schliefen wir zusammen … ich sprach mit dir … ich küßte dich … und du hast mich angesehen mit diesem Auge, und ich war glücklich. Ich hätte um dieses Stück Papier gekämpft und mein Leben geopfert. Es war das letzte, was ich von dir hatte … es sollte mitwandern nach Sibirien, in die Bergwerke, in die Lager am Eismeer. Micha …«
    Lucek riß den Fetzen Papier aus ihrer Hand, betrachtete sein fotografiertes Auge und gab es ihr dann mit abgewandtem Gesicht zurück.
    »Du bist Valentina Kysaskaja …« Er sprach mühsam, die Worte preßten sich aus seinem Mund, als seien es große Steine. »Ich kann es nicht begreifen … ich kann es nicht –«
    Er lehnte den Kopf an Muratows Schulter und ließ sich von ihm wegführen.
    Von da ab saß Valentina wie eine Aussätzige abseits der anderen an den Felsen. Muratow bewachte sie. Niemand sah sie an, keiner sprach mit ihr … Lucek hatte sich so auf die Erde gelegt, daß er sie nicht sehen konnte. Sie tranken Tee, den Irena gekocht hatte … als niemand aufstand, um auch Valentina einen Becher zu bringen, ging Irena zu ihr und stellte ihr stumm den Tee vor die Füße. Valentinas Augen bettelten um ein Wort … aber dann senkte sie den Kopf und faltete die Hände im Schoß.
    Sie können nicht anders handeln, dachte sie. Ich habe sie mit einem Betrug kennengelernt, und ich bin aus Moskau nach Prag gekommen, um sie Tschernowskij auszuliefern. Es ist ja alles wahr … aber dann kam Lucek, und die Welt veränderte sich. Warum versteht ihr das nicht, wenn ihr alles andere versteht? Wie kann man es euch erklären?
    Muratow sah Valentina wie eine Wanze an. Er spuckte ihr in den Tee und sagte rauh: »Krepieren solltest du! Vom KGB! Schweine!«
    »Gehen wir jetzt?« fragte Irena leise.
    »Ja, wir gehen.« Pilny zog sie vom Boden hoch.
    »Ich werde Michas Rucksack tragen«, sagte Valentina. »Ich bin kräftig genug.«
    »Michas Gepäck wird Muratow übernehmen … du brauchst gar nichts zu tragen. Du bleibst hier!«
    Valentina schüttelten Angst, Grauen und Verzweiflung. »Das könnt ihr nicht tun«, stammelte sie. »Ich gehöre doch zu euch … ich bin nicht mehr Valentina Kysaskaja … ich gehöre zu Micha!« Und plötzlich

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