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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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den singenden Studenten zu. Es hatte sich herumgesprochen: Russen sind hier, in unserer Straße, in unserem Viertel. Jetzt war die Nacht lebendig geworden, Kisten und Holzknüppel, Kochtöpfe und Pfannen, Obst und Eier, Farbbeutel und Eimer mit kochendem Wasser regneten über die sowjetischen Wagen. Man wußte, daß man damit keinen verletzte, daß nur die Wagen schmutzig wurden … aber jeder Wurf, jedes geschriebene Wort, jede erhobene Faust drang wie ein glühender Pfeil in die Herzen der Rotarmisten.
    In der Burg tagten seit Stunden die Politiker. Svoboda und Dubcek bildeten eine neue Regierung, ein Kompromißkabinett mit einigen sowjetfreundlichen Männern. Sie mußten es tun … ihnen im Nacken saß die Drohung Moskaus, sonst rücksichtslos den alten kremlfreundlichen Kurs wieder zu erzwingen. Mit 300.000 Mann und 6 000 Panzern.
    In einem Seitenflügel der Prager Burg empfing Major Abadurian, der Stellvertreter Tschernowskijs und stille Bewunderer der Tschernowskaja, die festgenommenen Studenten. Er ließ sie in einen kleinen Saal führen, wo sie sich sofort demonstrativ wieder auf den Boden setzten. Fußtritte und Schläge mit Gewehrkolben nützten gar nichts … wer geschlagen wurde, legte sich sogar der Länge nach hin und spielte toter Mann.
    »Ihr Hunde!« knirschte der junge Leutnant. »Erschießen sollte man euch. Warum nimmt man bloß Rücksicht auf dieses Geschmeiß?«
    Major Abadurian betrachtete eine Weile die sitzenden und liegenden Jungen und Mädchen und schien sehr in Gedanken versunken. Dann kam er näher und stieß mit der Stiefelspitze einen bärtigen Studenten mit langen Haaren an, der in der ersten Reihe saß. Es war ein Student der Chemie im 8. Semester; sein Vater lehrte als Professor an der Technischen Hochschule.
    »Du bist ein armer Mensch, nicht wahr?« sagte Abadurian in einem holprigen Tschechisch. »Kein Geld, um sich die Haare schneiden zu lassen. Läuse im Bart. Flöhe unter dem Hemd. Du rührst mein Herz, Bruder. Lobe die große russische Nation, in der es auch einmal solche Dreckschweine wie dich gegeben hat, quiekende Säue, die nie ein Bad gesehen haben und mit verfilztem Bart herumliefen wie die Ziegenböcke. Dann kam der neue Geist, und mit ihm Sauberkeit und Ordnung. Mein armer Bruder, ich will dir die Segnungen unserer Kultur gönnen.«
    Abadurian winkte. Drei Rotarmisten rissen den Studenten vom Boden und trugen ihn aus dem Saal. Verbissen, die Fäuste geballt, starrten die anderen ihm nach, bis die hohe Doppeltür zuklappte.
    »Was geschieht mit ihm?« fragte Jan Vobrek.
    »Er wird ein neuer Mensch, Genossen. Ein völlig neuer und glücklicher Mensch.« Abadurian lächelte die liegenden Studenten an. »Er wird zurückkommen und glänzen wie ein blankgeputzter Mond.«
    »Sie können tun, was Sie wollen, Sie können zehntausend Panzer in unser Land schicken und eine Million Soldaten … Sie können die Reformen zerschlagen, die Zensur wieder einführen, die Stimme der Wahrheit abwürgen, Verräter in die Regierung pressen … es nützt Ihnen gar nichts! Vierzehn Millionen Tschechen sind Brüder geworden! Um in diesem Land Ihren Kirchhofsfrieden durchzusetzen, müßten Sie ein ganzes Volk auslöschen!«
    Abadurian blickte Jan Vobrek interessiert an. »Wer sagt Ihnen denn, daß wir nicht auch das tun könnten?« fragte er lässig. »Es gibt keine Schwierigkeiten, mit denen wir nicht fertig werden!«
    »Sie können unser Land nicht ewig besetzt halten!«
    »Wer will uns daran hindern, mein kleiner Phantast?«
    »Ihre eigene Politik! Ihre Propaganda der Freundschaft. Brüderlichkeit baut man nicht auf Bajonette! Rußland wird sein Gesicht verlieren!«
    »Wen kümmert das?«
    »Alle kommunistischen Parteien der Länder!«
    »Sie haben gelernt, zu gehorchen! Und sie werden gehorchen! Die anfängliche Aufregung in Italien und Frankreich? Die Reaktionen in Rumänien und Jugoslawien? Die Ratlosigkeit in den USA? Mein junger Freund … Windeier bloß, Luftblasen! In ein paar Wochen spricht keiner mehr von der Tschechoslowakei.«
    »Dann werden wir die Welt aufrütteln!« rief Jan Vobrek. »Wir werden sie zwingen, sich mit uns zu beschäftigen!«
    »Und wie, mein Feuerköpfchen?«
    Abadurian lächelte. Vobrek sprang auf und hielt ihm die geballten Fäuste entgegen.
    »Wie die Priester in Vietnam werden wir es machen!« schrie er hell. »Auf dem Wenzelsplatz werden wir uns mit Benzin übergießen und verbrennen! Jeden Tag einer … Es sind genug in unseren Reihen, die sich für das

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