Bluthochzeit in Prag
Gieß ein, verdammt noch mal!«
Tschernowskij gehorchte. Wieder trank sie das ganze Glas in einem Zug wie Wasser und warf es dann an die Wand. Klirrend zerschellte es.
»Nun ist er weg!« schrie Valentina und beugte sich zu Tschernowskij vor. »Hast du's gehört, Väterchen? Mein Charakter ist weg! Meine Seele! Klirr … zerbrochen, in tausend kleine Scherben. Nun bin ich nichts, gar nichts … nur ein Körper mit runden Brüsten und starken Hüften. Du kannst mit mir machen, was du willst … nur bringe Micha ins Krankenhaus … schenke ihm das Leben …«
»Was ist bloß los mit dir?« sagte Tschernowskij und lächelte säuerlich. »Setz dich hin, Valentina.«
»Ich biete mich dir dar!« schrie sie. Rücklings ließ sie sich auf den Tisch fallen und lag ausgestreckt vor ihm, breitete die Arme aus und wölbte ihre vollen Brüste. »Was willst du mehr, he? Bin ich jetzt die Hure, wie du sie verlangst? Greif zu, Väterchen … packe das Fleisch, es gehört dir, verdammter Bock! Ich werde still liegen und dich ertragen … ist das nicht genug? Du kannst meine Wärme nehmen, mein Zittern, meine glatte Haut, – ich wehre mich nicht! Väterchen!« Sie riß die Bluse auf und drückte mit beiden Händen ihre Brüste hoch. »Auf sie hast du gewartet. Von ihnen hast du geträumt, stimmt es, Andrej Mironowitsch? Greif zu … nur erlaube, daß ich mit den Zähnen knirsche!«
Tschernowskij war aufgesprungen und hatte einen Schritt vom Tisch weg getan. Mit zusammengekniffenen Augen und schwer atmend starrte er auf die entblößten Brüste Valentinas, auf diese festen, schwellenden Kugeln mit der glatten, ins helle Kupfer schimmernden Haut. Sein Blick glitt über ihren gestreckten Körper, über den flachen Leib, die Wölbung ihrer Schenkel, den Einschnitt der derben Hose, hinter der sich ihre Weiblichkeit verbarg, die langen, stämmigen Beine, und er biß die Zähne zusammen und schlug ihr auf die Hände, die noch immer die nackten Brüste hochpreßten. Dann zog er ihr mit einem Ruck die Bluse zu und riß Valentina an den Haaren vom Tisch herunter.
»Ich will nicht nur deinen Körper … ich will dich, deine Seele, dich als Ganzes …«
»Du bist ein Phantast, Väterchen …«
»Nenn mich nicht immer Väterchen!« schrie Tschernowskij. Er zog Valentina vom Tisch weg und ließ dann erst ihre Haare los. »Warum benimmst du dich so?«
»Ich bin verzweifelt … ich könnte den Himmel zerfetzen in meiner Not …« Sie starrte ihn aus flackernden Augen an, griff dann zum Gürtel und begann, ihre Hose aufzuknöpfen. Bevor sie sie abstreifen konnte, hielt Tschernowskij ihre Hände fest.
»Laß das, verdammt noch mal!«
»Sie sollen alles haben, Andrej Mironowitsch, alles! Wie ein kleines Flittchen will ich vor Ihnen liegen, und Sie können sich die besten Stücke aussuchen. Kaufen Sie, was Sie wollen … aber bezahlen Sie mit Micha …« Sie riß sich los und ließ die Hose fallen. Ein knappes, schmales Dreieckshöschen wurde für ihn sichtbar. Ein dünner durchsichtiger Stoff war's, ein Pariser Modell mit violetten Spitzchen.
»Zieh dich an«, sagte Tschernowskij heiser. »Wir fahren nach Prag. Irgendwo halten wir an … in Klatovy, Svihov, Borovy oder Prestice … dann sprechen wir weiter.«
»Sie werden Micha in ein Krankenhaus bringen, Andrej Mironowitsch?«
»Ich werde für ihn sorgen.«
»Versprechen Sie mir das?« Sie zog die Hose wieder hoch und knöpfte die Bluse zu.
»Ich verspreche es dir.« Tschernowskij drehte ihr den Rücken zu und sprach zum Fenster hin. »Er wird bald keine Schmerzen mehr haben.«
»Das ist schön. So schön. Ich danke Ihnen, Andrej Mironowitsch.« Sie hörte in ihrem Glück nicht den Doppelsinn der Worte, sie begriff nur eins: Micha ist gerettet. Er wird bald keine Schmerzen mehr haben. Er wird weiterleben.
Eine halbe Stunde später fuhren sie ab.
*
Die Druckerei der Prager Studenten in den unterirdischen Gewölben war verraten worden.
Niemand wußte, wer der Schuft gewesen war – und es wurde auch nie bekannt, so gründlich man auch jeden Mitwisser im Laufe der nächsten Wochen durchleuchtete. Auf einmal wurde die dicke Bohlentür durch eine schwache Sprengladung aus der Wand gerissen und zwanzig sowjetische Soldaten mit entsicherten Maschinenpistolen stürmten in den Keller. Durch die Druckmaschine lief gerade die neueste Nummer der Untergrund-Zeitung. Die Überschrift des Leitartikels schrie dem Leser in großen Blockbuchstaben entgegen: Werdet nicht träge! Unser Kampf beginnt
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