Bluthochzeit in Prag
in Prag und verfolgte dich mit seinem Haß. Er hätte dieses Land in Flammen aufgehen lassen … nicht wegen der Revolten, sondern nur deinetwegen. Er hat uns verfolgt, er hat uns gehetzt … nicht, weil du ein Revolutionär bist – das ist ihm völlig gleichgültig – sondern weil du mein Liebling bist. Mein alles, mein Herz, mein Leben, mein Himmel, mein Gott, mein Weltall! Darum sollst du sterben, nur darum. Ein Mörder ist er, ein ganz gemeiner, feiger Mörder! Aber er wird dir nichts tun, mein Liebling … hab keine Angst, lieg ganz ruhig, Micha, mein Herz … er muß sich erst mit mir beschäftigen, und das zerreißt ihm selbst das Mörderherz –«
»Welch ein Irrtum, Valentina Konstantinowna.« Tschernowskij ging um den Wagen herum, band die beiden Ersatzbenzinkanister los und zog das dicke Hanfseil aus den eisernen Ösen. »Mein Herz ist kalt wie ein Stein der zugefrorenen Lena. Steig aus dem Wagen.«
»Nein!«
Sie richtete sich auf, hob den Kopf mit den wehenden Haaren und schüttelte ihn wild.
Tschernowskij atmete tief auf. Ich werde ihre Schönheit für eine kurze Zeit zerstören müssen, dachte er. In ein paar Tagen werden die Striemen verheilt sein, ihre Haut wird wieder glatt werden, und ich werde die Stellen küssen, wo ich sie getroffen habe. Jetzt aber muß es sein –
Er holte aus und schlug zu. Das dicke Seil klatschte auf Valentina und warf sie wieder auf Lucek. Über den Rücken sauste der Hieb, und unter der dünnen Bluse quoll die Haut blutig auf.
»Aus dem Wagen!« sagte Tschernowskij dumpf.
»Schlag mich tot!« schrie Valentina zurück. »Mach Fetzen aus mir … ich bleibe bei Micha!«
Tschernowskij schloß eine Sekunde lang die Augen. Der Kampf gegen sich selbst war wie das Herausreißen seines Herzens bei lebendigem Leib. Dann aber überwand er sich, hob das Seil und schlug erneut zu, immer und immer wieder … über den zuckenden Rücken Valentinas, über das Gesäß, sogar über ihren Kopf, und sie ließ es stumm geschehen und klammerte sich an Lucek.
»Hören Sie auf!« brüllte Lucek unter Valentinas mißhandeltem Körper. »Sie Saukerl! Sie Hundesohn! Hören Sie auf. Lassen Sie sie leben! Erschießen Sie mich, wenn es Ihnen Spaß macht … aber lassen Sie Valentina leben …«
Er versuchte, unter ihr wegzukriechen, und es gelang ihm, weil sie für Augenblicke die Besinnung verloren hatte. Er schob sie zur Seite, schwankte aus dem Jeep, fiel vor Tschernowskij auf den Waldboden und starrte ihn aus fiebrigen Augen an. »Nun schießen Sie doch endlich …« schrie er. »Worauf warten Sie noch?«
»Ich habe nie gesagt, daß ich Sie erschießen will, Lucek«, sagte Tschernowskij nüchtern. »Ich habe die Nagan nur in die Hand genommen, um den Ernst der Lage zu demonstrieren. Erschießen … das ist ein glatter Tod, Lucek. Ich aber bin hundert qualvolle Tode gestorben, als Sie mir Valentina wegnahmen. Ich habe in den einsamen Nächten geheult wie ein Wolf. Mir ist das Herz stückweise weggeglüht. Und da soll eine Kugel Ordnung schaffen? Ein Knall, ein Einschlag … zu Ende? Das ist zu simpel, Lucek. Sie werden es mir nicht übelnehmen, wenn ich Sie stückweise sterben lasse, so wie Sie mir die Seele in kleinen Fetzen herausrissen.«
Er bückte sich, hob Lucek am Kragen hoch und schleifte ihn hinter den Jeep. Dort band er ihm die Hände zusammen und verknotete den dicken Strick wieder an den eisernen Ösen der Kanisterhalter. Über das Gesicht Luceks zuckte deutlich das Entsetzen … es wurde fahl und grau.
»Man sagt zu allem, und wenn es noch so schrecklich ist: Möge Gott es verzeihen!« Luceks Stimme schwankte stark. »Das, was Sie jetzt vorhaben, Tschernowskij, kann Ihnen Gott nie verzeihen.«
»Ich glaube an keinen Gott«, sagte Tschernowskij kühl. Er trug die noch immer ohnmächtige Valentina aus dem Wagen und legte sie in das hohe Gras. Dann kontrollierte er die Knoten des Strickes und sprang mit einem Satz hinter das Steuer. Lucek stemmte die Beine in den weichen Boden … es war sinnlos, er wußte es, aber man stirbt nicht bei voller Besinnung, ohne sich zu wehren.
Er sah hinüber zu Valentina und nahm Abschied. Was wird aus dir werden, dachte er. Wohin werden sie dich bringen? O mein Gott, was ist aus unserem Glück geworden? Warum haben wir uns getroffen? Unsere Welt sollte ein neuer Himmel werden … nun bleibt nur eine neue Hölle zurück. Ich habe ihr Liebe gegeben und gleichzeitig Verderben. Warum ist alles so geworden, mein Gott?
Tschernowskij ließ die
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