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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bremse los. Der Wagen rollte an, erst langsam, machte kurz vor Valentina einen Schwenker zur Seite. Tschernowskij beugte sich heraus und gab ihr einen Stoß, der sie zurück ins Gras schleuderte, dann gab er vorsichtig Gas und fuhr schneller.
    Ein paar Meter konnte Lucek noch mitlaufen … er rannte mit hocherhobenem Kopf, den Blick in den hellen Sommerhimmel … er sah die goldene Sonne und die grünen Baumwipfel, das weite Blau des Himmels und die Lerchen, die zu ihm emporstiegen, er roch den Wald und die Erde und nahm das alles in sich auf, um es hinüberzuretten in die ewige Dunkelheit, der er entgegenlief.
    Dann gab Tschernowskij mehr Gas, die Leine spannte sich, riß Lucek auf den Boden und schleifte ihn weg.
    Kurz darauf zerschnitt ein wahnsinniger Schmerz seinen Körper. Es war ihm, als zersäge man ihn, die Beine wurden gefühllos, doch seine Brust lag wie in siedendem Öl … er knirschte mit den Zähnen und weinte … und dann war er nur noch ein Körper, der lang gestreckt an einem dicken, festen Seil hing, über die Erde geschleift wurde, den Waldboden mit Kopf und Schultern aufschabte, Staub aufwirbelte, über Löcher tanzte, gegen Baumstümpfe prallte … und immer schneller, schneller wurde die Fahrt, bis sich das Gras und die Erde rot färbten, und der zerfetzte Körper, fast enthäutet, dumpf polternd bei den schnell genommenen Kurven gegen die Baumstämme schleuderte.
    Zehn Minuten raste Tschernowskij mit steinernem Gesicht im Kreis herum und zog seine schaurige Last hinter sich her. Dann stoppte er, band den entstellten Körper Luceks los, schleifte ihn in den Wald und warf ihn weg wie ein Stück Lumpen.
    Als er zu Valentina zurückkehrte, lag sie auf dem Weg, nackt und die blutigen Striemen voll aufgewühlter Erde. Er hob sie hoch, trug sie zum Wagen, deckte sie zu und fuhr aus dem Wald hinaus zurück zur Straße. Bevor er auf die Chaussee einbog, klappte er das Faltverdeck hoch, obwohl es sehr heiß war an diesem Tag, aber es verbarg so Valentina vor allen Blicken.
    Stumm ließ sie alles geschehen, ohne Widerstand. Aber als er in ihre Augen sah, erschrak er. Sie waren leer, sie hatten keine Seele mehr.
    Am Abend erreichten sie Prag.
    *
    Leutnant Stalder hatte trotz wiederholter Bitten von seinen Vorgesetzten keinen Kurzurlaub bekommen.
    »Ich werde einen Teufel tun!« sagte Major Freiding, der Abschnittskommandeur der ›Großen Ohren‹. Er wedelte mit beiden Händen durch die Luft und überflog dabei die letzten Meldungen seiner Horchtruppen an der böhmischen Grenze. Er kannte sie schon auswendig, aber er suchte einen Grund, Leutnant Stalder nicht anzublicken. »Sie werden die ganze nächste Woche nicht aus dem Bau kommen, verstehen Sie mich? Wir können es uns nicht leisten, dreier Menschen wegen, die da über die Grenze wollen, einen riesigen politischen Wirbel zu entfesseln! Verstehen Sie das nicht, Stalder?«
    »Ich verstehe nur, Herr Major, daß drei Menschen in Lebensgefahr sind«, antwortete der junge Leutnant laut. »Vor unseren Augen laufen sie in den Tod. Außenstelle Acht hat sie wieder geortet, ganz klar haben wir ihre Gespräche auf dem Band. Sie wollen morgen früh durch das Minenfeld. Selbst die Stelle ist fast genau zu bestimmen.«
    »Das ist alles richtig, Stalder. Aber wir können nicht helfen.«
    »Es ist ein Gebiet, in dem gestern die Ablösung der Russen beendet wurde. Die aufgefangenen Funkmeldungen und Geräusche beweisen, daß mindestens vierzig Panzer und zehn Panzerspähwagen in den Wäldern liegen und frische Sowjettruppen die Bewachung auf den Türmen übernommen haben.«
    »Das steht hier in den letzten Meldungen, ich weiß.« Major Freiding mußte Leutnant Stalder nun doch ansehen. Welche ein gutes, offenes Jungengesicht, dachte er mitleidig. Welcher Idealismus in den blauen Augen! Aber welche romantischen Vorstellungen von der furchtbaren Härte unserer Zeit. »Sie würden am liebsten den drei Flüchtlingen Feuerschutz geben, was? Sie würden losballern –«
    »Ich würde am Grenzzaun stehen, deutlich sichtbar –«
    »Sie Phantast! Als ob das die Russen abhielte, ihren Todesstreifen sauberzuhalten. Sie würden dastehen wie ein Bettnässer und müßten zusehen, wie man die drei Flüchtlinge wie Hasen abknallt. Mit den Zähnen können Sie dann knirschen, weiter nichts.«
    »Aber wenn sie den Zaun doch erreichen, könnte man ihnen helfen, darüberzuklettern.«
    »Und auch dann schießen die Russen … auf Sie nämlich.«
    »Das wäre eine eklatante

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