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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dumpfen Laut aus, schleuderte das Mädchen auf den Sitz, sprang in den Wagen und schlug die Tür zu. Dann drückte er den Handrücken an die Lippen und saugte das Blut weg, das aus der Bißwunde sickerte.
    »Sie kleines Aas, Sie …« sagte er keuchend. »Sie goldmähniger Teufel! Was fällt Ihnen denn ein? Ich will Ihnen doch bloß helfen.«
    Das Mädchen lehnte sich in das Polster zurück, nahm die blonden Haare mit beiden Händen und schleuderte sie aus dem erhitzten Gesicht. Pilny musterte sie aus den Augenwinkeln. Lange schmale Schenkel, man sah sie gut in dem kurzen, hinaufgerutschten Rock. Runde, feste Brüste in der gespannten schwarzen Bluse. Ein wildes, trotziges, aber gerade in dieser Erregung schönes Gesicht. Augen wie Aquamarine in der Abendsonne.
    »Ich dachte, Sie wollten mich festhalten«, sagte das Mädchen auf deutsch.
    »Sehe ich so aus?«
    »Ich habe Sie nicht angesehen. Ich wollte nur weg.« Sie beugte sich vor und atmete ein paarmal tief ein. »Puh, bin ich gelaufen.« Plötzlich kam ihr zum Bewußtsein, daß der Mann neben ihr auch deutsch gesprochen hatte, mit jenem etwas harten, aber interessanten Akzent, mit dem Slawen die deutsche Sprache gleichsam heraushämmern. »Sie können deutsch?«
    »Ich habe im Abitur in Deutsch eine Zwei gehabt.« Pilny griff in die Hosentasche und hielt dem Mädchen sein Taschentuch hin. Sie nickte dankbar, wischte sich damit den Schweiß vom Gesicht und putzte sich dann die Nase. Pilny steckte das Tuch wieder ein. »Wenn es Sie interessiert – ich heiße Karel Pilny.«
    »Und ich Irena Dolgan«, sagte das Mädchen. Sie hatte eine helle, selbstbewußte Stimme. Auch jetzt, da sie etwas ruhiger war, verlor ihr Gesicht nicht den Zauber elementarer Wildheit. Im Gegenteil – skeptisch betrachtete sie den Tonbandkoffer und das Mikrofon, das an Pilnys Rockaufschlag geklemmt war. Dann sah sie sich im Wagen um, bemerkte auf dem Rücksitz die Kameras und noch ein Tonbandgerät und warf sich herum. »Himmel –« sagte sie. »Einer von der Zeitung! Auch das noch!«
    »Sie mögen Zeitungsleute nicht?« fragte Pilny und nestelte das Mikrofon ab.
    Irena Dolgan legte ihre schmale Hand über den Mikrofonkopf. »Unser Gespräch wird wohl schon aufgenommen, was? Sie haben mich nicht in Ihren Wagen gezogen, um mir zu helfen, sondern um eine knallige Reportage zu bekommen. Seien Sie ehrlich.«
    »Sie sind eine wilde Katze, Irena.« Karel Pilny warf das Tonband auf den Rücksitz und das Mikrofon hinterher, als Irena ihre Hand zurückzog. »Sehen Sie nun, daß ich keinen Ton aufgenommen habe. Man wird mich im Funkhaus zwar für blöd halten, aber –«
    »Sie sind vom Funk?« Irena Dolgan musterte Pilny genauer. Als ahne er, daß sie sich ein Bild von ihm machen wolle, holte er eine Packung Zigaretten heraus und bot ihr eine an. Sie schüttelte den Kopf und sah weg auf den Platz.
    Er ist ein schöner Mann, dachte sie. Er hat einen intelligenten Kopf und braune, wie mit Samt überzogene Augen. Wenn er spricht, ist seine Stimme wie eine Melodie. Sicherlich hat er zarte Hände, die nur dann hart werden, wenn sie zugreifen müssen. Aber er ist ein Kommunist. Das macht ihn unsympathisch. Du darfst seine Augen nicht sehen, seine Stimme nicht hören, nicht an seine Hände denken. Er ist ein Kommunist. Das ist ein Begriff, der in der Familie Dolgan noch vor dem Teufel kommt.
    Irena wandte den Kopf nicht um, als Pilny gegen ihre Schulter tippte. »Mögen Sie einen Kognak?« fragte er. »Ich habe immer ein Fläschchen bei mir. Kognak ist etwas Herrliches, wenn man aufgeregt ist.«
    »Danke.« Sie kaute an der Unterlippe und kam sich reichlich dumm vor. »Die Polizei ist weg. Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe.« Sie wollte die Wagentür öffnen, aber Pilny hielt ihre Hand fest.
    »Unmöglich. Ich kann Sie doch jetzt nicht gehen lassen!« rief er.
    Ihr Kopf zuckte herum. Die blauen Augen blitzten. »Warum?«
    »Sie sind viel zu erregt.«
    »Ich bin ganz ruhig.«
    »Irrtum! Sehen Sie bloß –« Pilny hatte ihren Arm genommen und seine Finger auf ihren Puls gelegt. Mit tiefernstem Gesicht starrte er auf den Sekundenzeiger seiner Uhr. »Puls 240! Sie sind in einem Zustand höchster Erregung.«
    »Mit 240 Puls wäre ich schon geplatzt!« Irena entriß ihm ihre Hand. »Von Medizin verstehen Sie so viel wie ein Elefant vom Fußball.«
    »Sie studieren Medizin, nicht wahr?«
    »Nein, Kunstgeschichte.«
    »Ach ja die Kunst.« Pilny lehnte sich zurück und sah versonnen an die kunststoffbezogene

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