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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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unter dem Befehl des sowjetischen Armeegenerals Iwan D. Velichko.
    Zwischen Liegnitz und Krakau warten auf breiter Front 70.000 Mann mit 1.800 Panzern der Armeegruppe A auf den Befehl zum Einmarsch. Hier in Liegnitz ist auch das Hauptquartier von Marschall Iwan Jakubowski, dem Oberbefehlshaber der Warschauer-Pakt-Truppen. Seine Manöver in der CSSR hatten nur dazu gedient, Generalprobe zu sein.
    An der ungarisch-tschechischen Grenze haben sich 40.000 Mann mit 1.500 Panzern versteckt. Die Armeegruppe C.
    Auf den Flugplätzen bei Kattowitz, Krakau, Oppeln, Breslau und Liegnitz stehen 700 schwere Transportmaschinen, vollgetankt und vollgeladen mit Fallschirmjägern, Panzern und Geschützen, Munition, Verpflegung und Geräten, Sendern und technischen Einrichtungen. Aus der Tiefe Rußlands, von den Versorgungsbasen Minsk und Kiew, hat man heimlich den Nachschub von drei Armeegruppen herangeschafft.
    145.000 bestausgerüstete Soldaten mit 4.600 Panzern warten an den Grenzen. In Moskau packen drei Männer ihre Koffer, um nach Prag zu fliegen: Generaloberst Sergej Matjewewitsch Schtemenkow, Chef der Spionage- und Abwehrgruppe der Sowjetarmee, kurz GRU genannt; Jurj Wladimirowitsch Andropow, der geheimnisvolle Mann aus der Dzerschinskystraße 3, Leiter der umfassendsten Spionageorganisation der Welt, dem KGB, und Erzfeind von Schtemenkow, denn jeder von ihnen nennt seine Organisation die beste … und Andrej Mironowitsch Tschernowskij, elegant wie immer, mit einem Schweinslederkoffer aus Rom und einem Regenschirm aus London.
    Es war der 20. August 1968, 20 Uhr.
    In seinem Stabsquartier in Liegnitz saß Marschall Jakubowski vor dem Telefon und wartete. Neben ihm stand General Pawlowski, der Chef der schnellen Kampftruppen.
    Die Nacht begann, in der die Welt den Atem anhalten sollte.
    *
    Gegen Abend war es wärmer geworden, die Feuchtigkeit trieb weg. Wind fegte die blanken Straßen leer, wehte die Gardinen vor dem offenen Fenster ins Zimmer.
    Irena hatte sich an Karel geschmiegt. Wie eine Katze lag sie zusammengerollt in seinen Armen. So träumte sie von dem alten Dolgan in Braunschweig, von der Wohnung mit dem großen Bild von Gut Birkhain, das über dem Sofa hing, ein Bild, vor dem der alte Dolgan oft stand, den Kopf gesenkt und die Fäuste geballt. Sie träumte von ihrem letzten Geburtstag. Der Tisch war weiß gedeckt und mit Feldblumen geschmückt, die Paps selbst gepflückt hatte. Kerzen brannten, 22 Stück um einen riesigen Topfkuchen mit Rosinen und Mandeln, Geschenke gab es wenig … einen Pullover, einen Rock, Stoff für ein Kleid. Und einen Zettel von Paps. Darauf stand: ›Gutschein für ein Viertel Auto‹. Das war das schönste Geschenk. »Für ein ganzes reicht es noch nicht«, hatte der alte Dolgan erklärt. »Wir sind arm geworden, Irena. Aber ich spare eisern! Weihnachten kommt ein Viertel dazu, Ostern das nächste, und wenn nichts dazwischenkommt, hast du im nächsten Herbst deinen Wagen. Einverstanden?«
    Irena schreckte hoch. Karel lag neben ihr und atmete tief und gleichmäßig. Hatte es nicht an der Tür geklopft? Sie saß kerzengerade im Bett und lauschte. Auf der Straße war eine merkwürdige Unruhe. Die Lichtreklame des Hotels, sonst in der Nacht ausgeschaltet, brannte und warf einen gelben Widerschein ins Zimmer.
    Wieder klopfte es. Anhaltend und laut. Karel hob den Kopf, schüttelte sich, als käme er wie ein Hund aus dem Wasser und richtete sich auf.
    »Was ist denn los?« fragte er noch im Halbschlaf.
    »Es klopft jemand«, flüsterte ihm Irena ins Ohr. »Schon zweimal …«
    »Das werden wir gleich haben!« Er sprang aus dem Bett und tappte nackt zur Tür, nahm dort den Regenmantel vom Haken und streifte ihn über. Irena legte sich zurück und verkroch sich unter die Steppdecke.
    Es kann die Polizei sein, dachte sie. Sicher, sie ist es. Überprüfung der Pässe. Das Ehepaar Pilny. Irgendwie hatte man gemerkt, daß hier etwas nicht stimmt. Nun kam die Wahrheit heraus. Anziehen und mitkommen. Verhöre. Und die Erniedrigung, das breite Grinsen in den Gesichtern der Polizisten.
    War's schön, Fräulein?
    Pilny öffnete die Tür einen Spalt breit und blickte hinaus auf den Flur. Dann riß er sie ganz auf. Der Besitzer des Hotels kam ins Zimmer, aufgeregt, bleich, mit zitterndem Mund.
    »Entschuldigen Sie«, sagte er und machte zu Irena hin eine Verbeugung. Dann wandte er sich an Pilny, der seinen Mantel über dem nackten Körper zuknöpfte. »Sie sind Journalist, vom Rundfunk … ich muß es Ihnen

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