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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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diese Frechheit. Er spricht zu unseren Truppen! Er unterhöhlt die Moral der Roten Armee! Ich werde sofort einen Befehl erlassen, daß von 12 bis 13 Uhr kein Rotarmist mehr Radio hören darf. Eine Unverschämtheit von diesem Burschen! Er fühlt sich sicher.«
    »Er ist sicher, Andrej Mironowitsch.«
    »Wo, zum Teufel, wo steckt er?« Tschernowskij ballte die Fäuste.
    »Wir haben abgemacht, daß Sie mich heute abend nicht mehr danach fragen, Andrej Mironowitsch.«
    »Das habe ich. Aber ich werde zum Idioten, Valentina!«
    »Sie werden zu einem Mann, Genosse.«
    »Ist das ein Versprechen?« Tschernowskij schaltete das Radio ab. »Valentina, so etwas sagt man nicht so daher –«
    »Es ist eine Möglichkeit.« Die Kysaskaja nippte an dem Weinglas und lächelte. So lächeln die Nixen im Märchen, dachte Tschernowskij schwärmerisch. »Wann fliege ich nach Moskau?«
    »Reden wir nicht davon.« Tschernowskij sah an die Decke. »Wenn Sie wüßten, Valentina Konstantinowna, was ich Ihretwegen riskiere –«
    *
    Vier Tage hausten sie nun schon in der Wildnis des Waldes. Und von Tag zu Tag verschlimmerte sich Michaels Zustand. Jetzt verlangte er auch nicht mehr, die Suche nach Miroslava wieder aufzunehmen.
    Er wußte selber am besten, wie es um ihn stand. Das, was Dr. Matuc befürchtet hatte, war eingetreten: Ein Erguß hatte sich gebildet – eine Ansammlung von Wasser und Eiter, die unbedingt abgesaugt werden mußte. Aber das konnte nur ein Arzt machen.
    Er sprach weder zu Karel noch zu Irena darüber, aber trotzdem begriffen beide, wie schlecht es ihm ging.
    Lucek phantasierte und halluzinierte. Er sah fliegende Reiter und dirigierte unhörbare Sinfonien. Sein ganzer Körper glühte jetzt wie ein Stück Holzkohle. Die beiden Einschußwunden waren rot umrändert und aufgequollen. Aus dem Ausschußloch im Rücken floß stinkender Eiter. Tapfer tupfte Irena alles weg, verband Lucek täglich zweimal, streute Penicillinpulver auf die Wunden, injizierte fiebersenkende Mittel … Lucek entglitt ihren Händen, der Körper bäumte sich gegen die Schmerzen und das stählerne Ding auf, das im Brustkorb stak und dort nicht hingehörte.
    »Es hat keinen Sinn«, sagte Pilny am vierten Tag zwischen zwei Sendungen. Täglich saß er über 18 Stunden am Sender, nur sechs Stunden Ruhe gönnte er sich. Ein schwarzer Bart wucherte auf seinem Kinn. Aber Lucek sah mit seinem blonden Bart und seinem verfallenden Gesicht fremd und schon jenseits dieser Welt aus. »Du mußt einen Arzt holen. Ich kann hier nicht weg … aber du findest den Weg bestimmt allein. Außerdem wird man einem Mädchen nicht mißtrauen.« Er breitete eine ziemlich genaue Karte des Gebietes aus, in dem sie sich befanden. Dort, wo ihr Sender stand, war aber auch diese Karte weiß … keine Straße, kein Pfad, kein Ort, ein paar Bäche nur. Wildnis.
    »Du mußt Horni Vltavice erreichen«, sagte er und fuhr mit dem Zeigefinger den Weg auf der Karte nach. »Immer an der Tepla Vltava entlang. Diesen Weg mußt du nehmen – nach Horni Vltavice. Dort gibt es Ärzte. Geh zu dem ersten, den du findest, und vertrau dich ihm an. Es ist kein Risiko dabei – wir haben so viele Freunde im Land. Bring den Arzt hierher, dann werden wir weitersehen.« Er legte seinen Arm um ihre Schulter. »Angst?«
    Irena schüttelte den Kopf.
    Er gab ihr einen Kuß und begleitete sie ein Stück, bis sie auf einen festeren Pfad kamen, der sich durch den dichten Wald schlängelte. Pilny erkannte ihn wieder. »Er führt zu einem ausgebauten Weg«, sagte er. »Weißt du noch … hier an der Ecke sagtest du: Da kommen wir nie weiter.«
    Er nahm sie in die Arme und küßte sie noch einmal. »Mach's gut, Irena! Auf Wiedersehen.« Er sah ihr nach, bis sie zwischen den Stämmen und Büschen verschwand. Dann rannte er zurück in die Schlucht, durch den Sumpf, zu den Höhlen.
    Vielleicht drei Kilometer lief Irena durch den verfilzten Wald, als plötzlich ein Stacheldrahtzaun den Weg versperrte. Irena wußte genau, daß es hier vor vier Tagen noch keinen Zaun gegeben hatte, denn ungehindert waren sie mit dem Auto den Weg entlanggefahren.
    »Stoj!« sagte in diesem Augenblick eine Männerstimme. »Ruki werch! Stoj!«
    Irena Dolgan blieb steif stehen und hob die Hände über den Kopf. Dann drehte sie sich langsam um.
    Aus dem Gebüsch vor ihr brachen drei erdbraune Gestalten. Blanke Stiefel, bauschige Hosen, Feldblusen mit einem Gürtel, geschorene Schädel, darauf die Schiffchen. Maschinenpistolen blinkten in der

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