Bluthunde
Feuer«, beharrte Struller. Seine Vorurteile waren selten richtig, aber es waren
seine
! Kam er prima klar mit. Allerdings: Schwein mit Reis klang gar nicht schlecht. »Tu mal her, die Portion. Wenn es miaut, schlag ich dir die Vorderzähne aus!«
Jensen reichte ihm eine Portion. Struller fächelte sich den Chinaduft in die Nase. »Eine Katzenallergie wäre jetzt hilfreich. Da würde ich niesen und wüsste sofort Bescheid. Was ist das für eine Stange?«
»Kannste alles mitessen. Das ist eine Frühlingsrolle.«
»Klingt nach Sport. Alles mitessen? Na gut.« Struller nagte vorsichtig mit den Schneidezähnen an der Stange, um dann allerdings die ganze Portion schweigend und mit wachsendem Appetit zu vernichten.
Jensen horchte nebenbei nach, ob die Fahndung nach Manni Freese angelaufen sei. Angelaufen war sie, aber festgenommen hatten sie ihn noch nicht.
»Gar nicht schlecht, das Schwein.«
»Siehste.«
»Tja, es gibt für alles ein erstes Mal«, philosophierte Struller kauend.
»Auf Regen folgt Sonnenschein«, las Jensen von einem schmalen, bedruckten Zettel ab, den er in der Hand hielt.
»Sonnenschein? Was hast du denn da für einen Zettel?«, fragte Struller verdutzt.
»Das ist der Zettel mit dem Spruch aus dem Glückskeks.«
»Glückskeks?«, fragte Struller. »Was hatte denn der Keks mit Glück zu tun?«
Jensen blickte seinen Tutor an. Das durfte doch nicht wahr sein. »Du hast den Keks gegessen? Ganz? Mit Zettel?«
»Du hast gesagt, ich kann alles essen«, erwiderte Struller.
»Ja. Bis auf den Zettel, der im Glückskeks ist. Den sollst du
lesen
!«
Struller überlegte kurz. Wie gesagt: Es gab für alles ein erstes Mal. Sollte dies der Tag sein, an dem er zum ersten Mal auf einen Kollegen schießen würde? Nun denn. Struller ergriff den Pistolenknauf. Wurde aber dann doch durch erneutes Telefonklingeln unterbrochen.
»Ja? Wer stört?«, brüllte er. »Harald. Aha. Soso. Nachtigallstraße 4. Ahaaaaa. Das, Harald, das sind natürlich schöne Nachrichten!«
Der Mann senkte den Kopf. »Ich gebe es ja zu, ich hab sie in die Klappcouch gelegt.«
Jensen musterte den Mann, der ihm am Küchentisch gegenübersaß. Knappe fünfzig Jahre alt, hager, schütteres, strähniges Haar. Er trug eine dick gerahmte, schwarze Brille, die fast schon wieder modern war. Wie hieß noch mal dieser Moderator auf SAT1? Der hatte auch so ein Teil, sah peppig aus. An seinem Gegenüber allerdings wirkte das Nasenmoped dämlich. Und Jensen hatte außerdem schon lange niemanden mehr gesehen, der über einem kleinkarierten, kurzärmeligen Hemd breite, grüne Hosenträger trug. Außer zu Karneval. Einen Namen hatte der Mann auch. Lothar Doll. Das passte irgendwie ganz gut zu den Hosenträgern.
»Ich konnte sie hier ja nicht liegen lassen«, erklärte der Mann.
Struller nickte. »Sonst hätte ihre Frau sie entdeckt und ein Fass aufgemacht. Kann man sich ja vorstellen.« Struller hatte an der Haustür das Schild gelesen, das besagte, dass sich Rosi und Lothar Doll hier eine Wohnung teilten.
Doll schüttelte das Haupt. »Ich habe keine Frau. Ich wohne hier mit meiner Mutter zusammen. Nicht auszudenken …«
»Und die Klappcouch haben Sie in der Nacht zu Dienstag auf der Nachtigallstraße an die Straße gestellt.«
»Mit meinem Nachbarn, genau. Mit Günni. Das Teil war wirklich was für den Sperrmüll. Die Couch war aufgebraucht. Da hab ich schon drauf gesessen, als Deutschland Fußballweltmeister wurde. Also: ´74.«
»Ich erinnere mich«, erklärte Struller. »Beckenbauer, Bonhof. Aber mal was anderes: Hatten Sie keine Sorge, dass zum Beispiel Kinder …«
Doll vergrub seinen Kopf in den Händen und jammerte. »Ja, ich weiß, das war ein Fehler. Ein schlimmer Fehler. Ich habe nicht nachgedacht, wollte nur … Oh, mein Gott.« Doll schluckte. »Wie sind Sie denn auf mich gekommen?«
Jensen grinste. »Sie haben Ihre Pornoheftsammlung in einen braunen Briefumschlag gesteckt, und der war an Sie adressiert. So haben die Kollegen der Spurensicherung die Hefte und damit auch die Couch Ihnen zuordnen können.«
Doll stöhnte. »Das ist mir so peinlich.«
»Pornohefte sind nichts Schlimmes«, beruhigte ihn Struller und kam zum Kern seiner Fragen: »Aber außer den Heften haben wir noch was in der Couch gefunden.«
Doll zuckte zusammen. »Ich habe alles ausgeräumt. Um Himmels willen, was lag da drin? Doch nichts Schlimmes, oder? So eine Pumpe? Die habe ich nur einmal benutzt.«
Struller schniefte. »Keine Pumpe. Nichts Schlimmes.
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