Bluthunde
Nur eine männliche Leiche.«
Lothar Doll drohte ohnmächtig vom Stuhl zu kippen. Jensen sprang auf ihn zu, aber Doll fing sich. »W-was?«
»Ein Toter.«
»In meiner Couch?«
»Doof, oder?«
»J-ja. Wie kommt denn eine Leiche in meine Klappcouch?«
»Das wäre meine nächste Frage gewesen, Herr Doll«, erklärte Struller.
Lothar Doll schwieg. Und dachte nach. Und sagte: »Als wir die Couch an der Straße abgestellt haben, war da keine Leiche drin. Das hätten wir doch beim Runtertragen gemerkt. Der Günni und ich. Ich meine, eine Leiche, die wiegt doch was. Die war ja kurz vorher noch ein richtiger Mensch. Nein, da war keine Leiche im Klappkasten.«
Struller und Jensen wechselten einen schnellen Blick. Das hatten sie inzwischen auch nicht mehr angenommen. Doll war nicht der Typ, der Leichen in einer Klappcouch versteckte. Doll war der Typ, der sich gerne bunte Fotos ansah. Von nackten, lesbischen Frauen aus Skandinavien. Beim Parkplatzsex zum Beispiel. Sehr gerne Frauen, die über eine üppige Schambehaarung verfügten. Da waren die Geschmäcker unterschiedlich. Aber das wollte Struller nicht zum Thema machen, musste jeder selbst wissen.
»Wie spät war es, als dieser Günni und Sie die Couch an die Straße gestellt haben?«
»Kurz vor zehn. Also. Wir haben dann zusammen den Montagskrimi im ZDF geguckt. Was Schwedisches.«
Struller nickte. Schon wieder Skandinavien. »Und dann ist Ihnen im Zusammenhang mit der Couch nichts mehr irgendwie aufgefallen?«
Doll druckste rum. »Also. Nein. Wirklich nicht. Ich hatte kurz überlegt … Ich habe da eine ganz seltene Ausgabe aus Dänemark. Schon fast ein Liebhaberstück. Im großen Ganzen gut erhalten. Ich hatte kurz überlegt, ob ich noch mal runtergehe. Von so einer Perle trennt man sich natürlich ungern.«
»An so einem Heft kleben ja auch viele schöne Erinnerungen«, meinte Struller.
»Genau. Aber, hab ich mir gesagt, Lothar, was weg ist, ist weg. Und irgendwann muss ich mich ja mal von den Dingern trennen. War sowieso ein kleines Wunder, dass Mutter die Hefte nie gefunden hat.«
Struller nickte. Seine Lebenserfahrung sagte ihm allerdings, dass Mutter die Hefte mit Sicherheit schon mal gefunden hatte. Mütter finden solche Hefte. Immer. Ist so. Genetisch. Von Natur aus. Mütter finden Pornohefte, egal, wo man sie versteckt. Natürlich nur, wenn man welche hatte.
»Tja, dann sind wir irgendwie schon fertig«, schloss Jensen die denkwürdige Vernehmung ab.
»B-bekomme ich noch Post in der Sache?«
Jensen schüttelte den Kopf. »Nein, das wäre erst mal alles. Wenn wir noch Fragen haben, dann melden wir uns.«
»Meine Mutter erfährt nichts?«
»Nein, Sie sind ja schon ein großer Junge.«
»Stimmt.«
»Und sogar volljährig.«
»Schon lange!«
Struller und Jensen verabschiedeten sich und gingen die Treppe runter. Draußen auf dem Gehweg steckte Struller sich eine Ernte an. »Was für ein Typ!«
»Immerhin konnten wir anhand der Adresse feststellen, wo die Couch herkommt. Vielleicht wurde sogar hier die Leiche hineingelegt. Und dann hat sie jemand quer durch die Stadt nach Bilk transportiert, um sie dort an die Straße zu stellen. Ich frage mich: Warum?«
Struller blies einen Kringel durch die warme Luft. »Gute Frage. Warum macht einer das? Er will auf jeden Fall nicht, dass die Leiche
nicht
gefunden wird. Sonst hätte er sie besser versteckt oder verbuddelt. Er kann nicht davon ausgehen, dass die Leiche im Sperrmüll nicht gefunden wird.«
»Er will auf jeden Fall, dass die Leiche nicht in Gerresheim entdeckt wird. Er bringt sie weit weg, damit man sie dieser Örtlichkeit hier nicht zuordnet.«
Struller nahm einen tiefen Zug. »Unser Stadtteil soll sauber bleiben.«
»Zum Beispiel. Oder würde man generell hier in Gerresheim eine Leiche einer bestimmten Örtlichkeit zuordnen?«
Beide ließen gleichzeitig ihre Blicke kreisen, aber so richtig sprang ihnen nichts ins Auge.
»Und noch eine Frage: Warum ausgerechnet nach Bilk? Er fährt – ganz schön riskant – mit einer Leiche durch mehrere Stadtteile, in denen sie genauso gut entsorgt wäre. Aber es geht bis nach Bilk. Auch komisch.«
Struller schnippte seine Kippe in den Bordstein. »Alles Fragen, mein Sportsfreund, auf die wir die richtigen Antworten finden werden. Wir fahren zum
Rheinkurier
. Stehst du eigentlich auf fransige Schambehaarung?«
Jensen verdrehte beim Einsteigen in ihren Dienstwagen die Augen. »Nur bei Männern über sechzig.«
Der kräftige Köbes mit dem
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