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Blutige Asche Roman

Titel: Blutige Asche Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Pauw
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aus Fluren und Türen, die entriegelt werden mussten. Überall Kameras, die mich verfolgten.
    »Wie fanden Sie’s?«, fragte Mo. Er hatte eine Art, dass ich mich in seiner Gegenwart sofort wohlfühlte. War es das Timbre in seiner Stimme, sein beruhigender Blick? Schwer zu sagen, aber egal, was es war - es funktionierte. Ich konnte mir vorstellen, dass er auf die Patienten der Hopperklinik dieselbe Wirkung hatte.
    »Mühsam. Aber das hätte ich mir eigentlich denken können.« Wir überquerten einen Platz, in dessen Mitte sich ein Kiosk befand. Dort wimmelte es von Männern, die mich anstarrten. Die Vorstellung, dass jeder hier ein Schwerverbrecher war, befremdete mich.
    »Ich finde, Sie sind sehr geschickt vorgegangen. Vor allem die Fotos. Eine großartige Idee, sie mitzunehmen!«
    »Finden Sie?«
    »Das haben Sie doch selbst gesehen. Zunächst war er sehr misstrauisch, so wie er eigentlich immer ist. Aber als sie angefangen haben, von seinen Fischen zu reden, hat er sich sichtlich entspannt. Kompliment! Es gibt hier Therapeuten, die schon monatelang mit ihm arbeiten und nicht mal halb so viel erreicht haben wie Sie in einer halben Stunde.«
    Ich wurde ein bisschen verlegen. »Das werden wohl die Familienbande sein.«

    »Wie kommt es, dass Sie nichts von seiner Existenz wussten?«
    »Meine Mutter hat mir nie erzählt, dass sie schon einen Sohn hatte. Können Sie sich das vorstellen?«
    »Sie dürfen allerdings nicht vergessen, dass man in den Siebzigern noch ganz anders mit sogenannten schwierigen Kindern umging. Heute reden wir sehr offen über Dinge wie Autismus oder ADHD. Damals hat man sich dafür geschämt, weil man dachte, die Schuld liegt bei der Mutter.«
    »Trotzdem finde ich es absurd, dass ihn mir meine Mutter verschwiegen hat. Ich frage mich, was wohl aus ihm geworden wäre, wenn er eine normale Kindheit gehabt hätte. Wenn er Teil einer normalen Familie gewesen wäre.«
    Mo hielt seinen Ausweis vor einen Scanner. Türen klappten auf. Wir hatten den Ausgang erreicht.
    »Das ist das Traurige an Menschen wie Ray«, sagte Mo. »Von seinem Charakter her ist er ein netter Kerl.«
    »Ja, nicht wahr?«
    »Absolut.«
    Ich gab meinen Besucherausweis ab und hielt Mo die Hand hin. »Danke.«
    Er lächelte. »Gern geschehen.«
    »Äh, Mo?«
    »Ja?«
    »Glauben Sie, Ray ist unschuldig?«
    Er fing an zu lachen.
    »Vergessen Sie’s.«
     
    Ich hatte nur wenig Zeit, über die Begegnung mit meinem Bruder Ray nachzudenken, weil ich während der ganzen Rückfahrt mit Lode telefonierte. Inzwischen durfte Aron wieder
in die Krippe, und solange es gutging, wollte ich wieder normal im Büro arbeiten.
    »Peter van Benschop hat sich über dich beschwert.«
    Ich stellte die Freisprechanlage etwas lauter. »Ach ja?«
    »Ich möchte, dass du von selbst darauf kommst. Worüber könnte sich Peter wohl beschwert haben?«
    »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich darauf eingehe. Wenn du mir eine Fangfrage stellen willst, musst du dir schon was Besseres einfallen lassen.«
    »Weiter so. Immer schön aggressiv bleiben, so ist es recht.«
    »Ich bin gleich im Büro. Wollen wir uns dort kurz zusammensetzen?«
    »Das geht nicht. Der gute Werner B. erwartet mich in einer halben Stunde.«
    Werner B. war einer unserer treuesten Mandanten, was nicht unbedingt für ihn sprach. »Sitzt er immer noch in U-Haft?«
    »Die wurde soeben um weitere zwei Wochen verlängert. Ich fürchte, diesmal kommt unser Freund B. nicht so leicht davon. Ein gutes Ablenkungsmanöver, Iris. Wir sprachen über van Benschop.«
    Ich stöhnte. Ich hatte den Fall eigentlich schnell und effizient abschließen wollen. Stattdessen bekam er immer mehr Ähnlichkeit mit diesem Pornofilm: Auch der war eine äußerst monotone Angelegenheit, und es dauerte ewig, bis es zu einer Entladung kam.
    »Lass es mich so formulieren: Bist du dir sicher, dass du bei Peter van Benschops Fall nach Ehre und Gewissen gehandelt hast?«
    »Wenn ich nach Ehre und Gewissen handeln würde, würde ich Peter van Benschop ein paar Tage lang in ein Verlies werfen,
und zwar mit ein paar schwer frustrierten SM-Dominas.«
    »Jetzt mal im Ernst.«
    »Liebster Lode, ich schwöre dir, dass ich mich ganz und gar für Herrn van Benschop einsetze und das auch in Zukunft tun werde.«
    »Peter van Benschop vertritt die Auffassung, dass du den Vergleich zu früh vorgeschlagen hast. Was sagst du dazu?«
    »Ich muss dir wohl kaum sagen, dass ein Vergleich, gemäß den Richtlinien der Anwaltskammer, einem Gang vor

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