Blutige Asche Roman
»Lieb von dir, dass du das fragst, Ray.«
»Wie geht es dir?«, wiederholte ich, auch, weil ich nicht recht wusste, wie es nun weiterging.
»Komm, setz dich zu mir.« Sie klopfte neben sich aufs Sofa. »Leg deinen Arm um mich.«
Weil ich nicht reagierte, packte sie meinen Arm und legte ihn um ihre Schultern. So nahe waren wir uns noch nie gewesen.
»Nicht so steif, Ray, halt mich einfach richtig fest.«
Ich schlug meinen Arm etwas fester um sie. Ich wollte alles richtig machen.
»Nicht so fest. Ganz normal, locker. Schüttle deinen Arm und leg ihn um meine Schulter. So geht das. Sehr gut.«
Wir blieben eine Weile so sitzen. Rosita schluchzte, und ich wartete, was da noch kommen würde.
»Ich weiß manchmal nicht mehr, was ich tun soll«, sagte
sie nach einiger Zeit. »Ich werd noch verrückt bei diesem Leben.«
Eine kurze Pause entstand, dann sagte sie: »Jetzt musst du fragen, ›Warum?‹«
Ich räusperte mich. »Gut. Äh, warum denn? Warum wirst du … äh … verrückt bei diesem Leben?«
»Ja siehst du das denn nicht? Ich sitze hier mit einem Kind, ohne Arbeit, ohne Mann. Ich komm kaum über die Runden. Schau dich hier doch mal um. Sieht so ein anständiger Haushalt aus?«
Ich sah mich um, und mein Blick blieb an dem Foto der nackten, schwangeren Rosita hängen. Ich spürte, wie mein Pimmel hart wurde.
»Ich kann mir nicht mal Teppichboden leisten. Früher war ich jung und schön. Die Welt stand mir offen. Ich hätte jeden Mann kriegen können. Männer mit gutem Einkommen. Aber ich habe mich für diesen Deppen entschieden.«
Sie fing an zu weinen. Mein Arm hob und senkte sich mit ihren Schultern. Ich streckte vorsichtig die Hand aus und strich ihr übers Haar. Sie schlug sie nicht weg. Sie ließ mich machen. Ihr Haar war genauso weich wie das meiner Mutter früher. Nur, dass sie mehr Locken und dunkleres Haar hatte.
»Was soll ich nur tun? Du musst mir helfen, Ray.«
Ein Anflug von Panik erfasste mich. Was erwartete sie von mir?
»Ich kann nicht mehr so weiterleben. Meinetwegen, aber auch wegen Anna.«
Ich überlegte, was ich dazu sagen sollte. Dann hatte ich eine Idee: »Wir kaufen dir morgen Teppichboden. Den schönsten, den es gibt.«
»Das kann ich mir doch gar nicht leisten.«
»Ich zahle. Ich schenke dir die Auslegeware. Denn ich will, dass du in einem anständigen Haushalt lebst.«
Sie sah mich an. »Würdest du das wirklich für mich tun?«
Ich nickte. Mir wurde innerlich ganz warm.
Sie umarmte mich und gab mir einen Kuss auf die Wange. Ich roch ihren süßen Duft und spürte kurz, wie mich ihre Brüste streiften. Mein Pimmel explodierte beinahe.
»Oh Ray.« Rosita hielt die Hand vor den Mund. »Du bist auch nicht gerade viel gewöhnt, was.«
Ich lachte mit und wir lachten sehr lange.
21
»Die Gegenseite sitzt schon im Besprechungsraum«, flüsterte Claire, die Empfangsdame. »Herrn van Benschop haben wir kurz in Ihr Zimmer verfrachtet.«
Ich versuchte, mir meine Verärgerung nicht anmerken zu lassen. »Können Sie sich das nächste Mal bitte was anderes einfallen lassen? Ich möchte keine Mandanten im Zimmer haben, wenn ich nicht dabei bin.«
»Das war eine Anweisung von Lode.«
Ich verdrehte die Augen. »Na klar.«
In meinem Zimmer stand ein kleiner Besprechungstisch. Aber an dem saß Peter van Benschop nicht. Er stand vor meinem Schreibtisch und betrachtete ein Foto, das Aron und mich vor dem Amsterdamer Zoo zeigte. »Eine alleinerziehende Mutter, sag ich doch.«
»Guten Tag, Meneer van Benschop.«
»Ich habe immer Recht, wenn es um Frauen geht. Sie behaupten, komplizierte Wesen zu sein, aber ich lese in ihnen wie in einem offenen Buch.«
Wenn du wüsstest, was ich jetzt denke, würdest du schreiend zu deiner Mami laufen, dachte ich, sagte aber höflich: »Sind Sie so lieb und setzen sich?« Ich zeigte auf einen der Stühle um den Besprechungstisch. »Ich möchte das Gespräch, das wir gleich führen werden, noch kurz mit Ihnen durchgehen.«
Er gehorchte, zückte sogar seinen Notizblock.
»Dass es die Gegenseite vorzieht, diesen Fall persönlich zu besprechen, bedeutet höchstwahrscheinlich, dass sie Mejuffrouw de Boers Gefühle ausspielen will.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte van Benschop aggressiv.
»Es ist natürlich einfacher, den Fall abzuhandeln, wenn die Tatsache, dass Kim de Boer noch ein junges Mädchen … entschuldigen Sie, eine junge Frau ist, nur auf dem Papier besteht. Meiner Meinung nach will die Gegenseite das Alter und die Verletzlichkeit
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