Blutige Nacht
sollen wir mit ihm machen?«
»Sieh ihn dir an. Er ist kurz davor, auszupacken. Lassen wir ihn noch eine Weile schmoren. Dann versuchen wir noch einmal, ein Geständnis aus ihm herauszupressen.«
Ich schwitze heftig, während ich darauf warte, dass sie zurückkommen. Als sie schließlich da sind, stehen sie über mir und starren mich an, versuchen die Ungewissheit zu steigern. Was für ein Jammer aber auch, dass ich das Ende des Films bereits kenne.
Elliot blickt schließlich zu Coombs und sagt: »Willst du es ihm sagen, oder soll ich es tun?«
»Ich habe es dem letzten Typen gesagt. Dieses Mal steht dir die Ehre zu«, sagt Coombs.
Elliot sieht mich an und zuckt nüchtern mit den Schultern. »Der Typ hat auf dich gezeigt, Angel. Hat dich gleich beim ersten Mal ausgewählt.«
Selbst wenn ich alles Vorherige nicht gehört hätte, hätte ich diese faustdicke Lüge riechen können.
»Aber ich sage dir was. Wenn du uns jetzt reinen Wein einschenkst, ein volles Geständnis unterschreibst, dann sagen wir dem Staatsanwalt, du hättest es uns vor der Gegenüberstellung gegeben. Lassen es so aussehen, als hättest du die ganze Zeit kooperiert.«
»Das stellt dich in viel besserem Licht dar«, sagt Coombs. »Vielleicht kannst du sogar Einspruch einlegen.«
Trotz all der Schmerzen kann ich nicht umhin und muss über ihren Trick grinsen. Lügen ist Teil des Spiels. Bullen lügen die ganze Zeit bei Befragungen. Es gibt kein Gesetz, das es ihnen verbieten würde. Schon lustig. Wenn sie lügen, streben sie nach Gerechtigkeit. Wenn du lügst, leistest du Widerstand gegen die Staatsgewalt.
»Hey, Kumpel«, sagt Coombs, »du wurdest gerade als Hauptverdächtiger in einem Mordfall ausgewählt, auf den die Todesstrafe steht. Wenn du Glück hast, entgehst du der Giftspritze. Findest du, dass daran etwas lustig ist?«
»Ja, ich finde das lustig«, sage ich ihm. »Ich finde es lustig, dass ihr beide glaubt, diese schwachsinnige Lüge würde euch ein Geständnis bringen.«
»Du glaubst, dass wir lügen?«, sagt Elliot zutiefst schockiert und beleidigt.
»Ich weiß, dass ihr lügt. Der Typ konnte mich gar nicht bei der Gegenüberstellung ausgewählt haben.«
»Ach ja? Und warum nicht?«, fragt Coombs.
»Weil ich niemals in diesem verdammten Haus war.«
KApitel 22
E ine halbe Stunde später bin ich wieder draußen. Ich bin schrecklich schwach und habe heftige Schmerzen, aber wenigstens bin ich frei …
Für einen Schuss.
Ich vergewissere mich, dass ich nicht verfolgt werde, und rufe mir ein Taxi zum Griffith Park. Ich spüre, dass es dem Fahrer äußerst komisch vorkommt, jemanden um diese Zeit dort abzusetzen. Ich könnte ihm jetzt erzählen, dass ich ein Grab aufsuchen muss, in dem ich menschliches Blut gebunkert habe, das ich zum Überleben brauche, aber ich glaube nicht, dass sein Misstrauen dadurch in irgendeiner Weise verringert würde. Stattdessen bezahle ich ihn und verschwinde in der Dunkelheit.
Ich finde das Grab und benutze meine Hände als Gartenschaufeln. Ich grabe mein Besteck und die Kühlbox mit Trockeneis und den Blutampullen aus. Ich leide so sehr unter Blutentzug, dass ich meine Hände kaum noch spüre, und es ist ein Kampf der Spitzenklasse, meinen Arm abzubinden und das Blut mit der Nadel aufzuziehen. Noch schwieriger ist es, eine Vene zu finden und den Kolben herunterzudrücken. Irgendwie gelingt es mir. Schließlich bin ich ein Profi.
Ich knalle alles Blut, das ich noch habe, in mich hinein. Es reicht nicht. Ist nicht einmal annähernd genug nach dem Entzug, den ich gerade durchgemacht habe, aber es muss reichen. Ich habe eine anstrengende Nacht vor mir.
Muss Orte aufsuchen, Leute ausbluten.
Ich brauche Infos, und nur eine Person, die ich kenne, kann sie mir geben. Einziges Problem: Diese Person will aus der Stadt abhauen.
Von einem schmuddeligen Münztelefon telefoniere ich die Flughäfen nach Nachtflügen Richtung Des Moines ab. Ich finde zwei. Beide fliegen vom Los Angeles International Airport los. Und beide gehen in weniger als einer Stunde.
Ich habe keine Zeit, meinen Wagen zu holen, also rufe ich ein weiteres Taxi. Ich sage dem Fahrer, dass er mich zum Flughafen bringen soll, und steige ein.
Ich beobachte Tom, der auf seinen Flug wartet, von der anderen Seite des Flughafengebäudes. Da gibt es nicht viel zu sehen. Als er im letzten Moment einen Abstecher auf die Toilette macht, folge ich ihm. Ich gehe nach ihm durch die Tür, vorbei an den Waschbecken und direkt zu einer der
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