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Blutige Seilfahrt im Warndt

Blutige Seilfahrt im Warndt

Titel: Blutige Seilfahrt im Warndt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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wurde, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder er war bewusstlos oder tot.«
    »Und das würde ich gerne wissen.«
    »Seine beiden Arme sind unversehrt«, sprach der Mediziner ohne Pause weiter. »An der linken Hand hing noch der Handschuh. Dort war nichts zu finden. Rechts fanden wir einiges unter den Fingernägeln. Das ist bereits nebenan im Labor zur Untersuchung.«
    Schnur nickte.
    »Ich werde jetzt die Wundränder der einzelnen Teile untersuchen«, sprach Dr. Wolbert weiter. »Nur dort kann ich sehen, ob der Mann noch gelebt hat, als er eingequetscht wurde.«
    »Warum hast du das noch nicht gemacht?«, murrte Schnur.
    »Weil ich zuerst einmal Gewebeproben und Blutproben für die toxikologische Untersuchung entnommen habe. Außerdem mussten wir zuerst einmal untersuchen, welche Teile von unserem Opfer fehlen. Er ist – soweit das möglich war – komplett. Bis auf das, was direkt unter das Seil gekommen ist.«
    »Also kannst du auch an den Körperteilen feststellen, ob er mit Gewalt an das Seil gefesselt wurde?«
    »Kann ich … vielleicht … Ich fange jetzt sofort an und zähle jedes Ergebnis auf. Wenn du mir keine weitere Fragen mehr stellst, sind wir umso schneller fertig.«
    Schnur lehne sich an die gekachelte Wand und schloss die Augen. Die Kühle an seinem Rücken tat ihm gut, denn die Bilder, die sich in seine Gedanken gefressen hatten, waren grausig.
    »Also«, sagte Dr. Wolbert so laut, dass Schnur erschrocken zusammenzuckte. »Ich kann dir mit Sicherheit sagen, dass der Mann noch gelebt hat, als er zwischen Stahlseil und Seilscheibe geriet.«
    »Woran erkennst du das?«
    »Es gibt prämortale Schürfwunden an beiden Unterarmen.« Der Gerichtsmediziner zeigte auf die Kratzer, die dunkelrot schimmerten. »Weiterhin kann ich Gewebseinblutungen an den Wundrändern feststellen, was eine Vitalfunktion voraussetzt. Also hat der Mann noch gelebt. Weiterhin habe ich Stahlstifte aus dem Unterleib gezogen. Ob die nun postmortal oder prämortal dorthin gelangt sind, ist schwer feststellbar. Es könnte sein, dass diese Verletzungen zum Todeszeitpunkt entstanden sind.«
    »Also doch ein Unfall.«, Ann-Kathrin staunte.
    »Wir müssen noch die toxikologischen Befunde abwarten«, bremste Dr. Wolbert sie. »Es könnte sein, dass er durch ein Beruhigungsmittel sediert wurde.«
    »Wann wissen wir das genau?«, fragte Schnur ungeduldig.
    »Wenn ich meinen endgültigen Bericht fertigstelle«, antwortete Wolbert genauso ungehalten.
    »Und wann bekomme ich den?«
    »Mit den Ergebnissen der Toxikologie und weiteren mikroskopischen Untersuchungen, die ich jetzt gleich an den Proben vornehmen werde, kann ich dir morgen früh den Bericht zuschicken.«

    Die Tür ging auf und ein Mann mit Cowboy-Stiefeln, Lederjacke, langen grauen Haaren und einem Schnauzer, der zu beiden Seiten den Mund einrahmte, betrat Schnurs Büro am frühen Morgen.
    Verwundert schaute der Kriminalbeamte auf den Kalender, um sich zu vergewissern, dass heute nicht der 11.11. war – der Beginn der närrischen Zeit. Aber nein. Es war Donnerstag, der 7. Oktober. Was hatte diese Maskerade also zu bedeuten?
    »Hello«, begrüßte ihn der Mann auch noch in einem grässlichen Akzent, der amerikanisch klingen sollte. »How are you?«
    »Wer sind Sie?«, fragte Schnur unhöflich.
    »My name ist Robert Ollig«, stellte sich der Mann vor.
    »Ich habe viele Jahre bei der Crime Scene Investigation in Greenville gearbeitet. Und jetzt bin ich der neue Leiter der Spurensicherung der Kriminalpolizei in Saarbrücken.«
    Schnur stieß die angehaltene Luft aus und reichte dem Mann die Hand.
    »Wenn der Prophet nicht zum Berg geht, kommt eben der Berg zum Prophet«, sprach der Mann weiter und lachte.
    »Sie haben die deutsche Sprache also nicht verlernt«, meinte Schnur dazu nur, ohne in das Lachen seines Gegenübers einzustimmen.
    »So what! My German is perfect.«
    »Gut zu wissen. Also, was führt den Berg zum Propheten?«
    »My analysis.«
    »Auf Deutsch bitte!«
    Schnur gab sich Mühe, nicht die Nerven zu verlieren. Er versuchte, nicht darüber nachzudenken, dass dieser Cowboy ab sofort die Arbeit übernehmen sollte, die dreißig Jahre lang Theo Barthels gemacht hatte. Diese Vorstellung kam ihm fast unwirklich vor.
    »All right!« Der Mann fuhr sich über seinen viel zu langen Schnauzer und sprach weiter: »Hier habe ich den Bericht über die Einbruchsspuren im Haus der Eheleute Dempler. Der Einbrecher hatte Handschuhe getragen. Jedoch konnte ich das Werkzeug anhand der

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