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Blutige Seilfahrt im Warndt

Blutige Seilfahrt im Warndt

Titel: Blutige Seilfahrt im Warndt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Spuren an der Tür identifizieren. Es gehört zum sogenannten Gezähe, das ist eine Rohrpumpenzange, wie ein Bergmann sie benutzt.«
    Schnur spürte, wie sein Adrenalinpegel anstieg. Das klang tatsächlich nach einem Zusammenhang. Nun blieb zu hoffen, dass sie auch unter Tage einen entscheidenden Hinweis gefunden hatten. Doch was er in dieser Sache zu hören bekam, gefiel ihm gar nicht.
    »Wir durften nicht mehr hinunterfahren. Das Bergamt will sich selbst um die Spuren an der Schachttür kümmern.«
    Schnur stöhnte. Fast achtundvierzig Stunden waren seit Peter Demplers Tod vergangen und sie wussten immer noch nicht, ob ein Unfall oder ein Verbrechen vorlag.
    »Good bye!«, rief der große, dürre Mann noch beim Hinausgehen und warf die Tür schwungvoll hinter sich zu.
    Schnur wollte gerade die Kollegen in sein Büro rufen, als das Telefon auf seinem Tisch klingelte. Es war der Gerichtsmediziner. Ihn hatte er vergessen, was er wohl dem sonderbaren Auftritt des Teamleiters der Spurensicherung zu verdanken hatte.
    »Hast du noch etwas herausfinden können?«, fragte er ohne große Hoffnung.
    »Allerdings. Das habe ich. Aber nicht bei der toxikologischen Untersuchung. Dort war alles normal. Peter Dempler wurde nicht durch ein Beruhigungsmittel außer Gefecht gesetzt.«
    »Sondern?«
    »Ich habe mir die Nackenpartie des Mannes noch mal unter dem Mikroskop genau angesehen und dort etwas festgestellt«, begann Dr. Wolbert. »Peter Dempler hat vor seinem Ableben einen heftigen Schlag ins Genick bekommen.«
    »Was bewirkt so ein Schlag ins Genick genau?«
    »Damit kann man einen Menschen bewusstlos schlagen, wenn nicht sogar tot. Aber in unserem Fall hat der Mann noch gelebt, also hatte ihn der Schlag nicht getötet, sondern nur betäubt.«
    »Ganz sicher?«
    »Ich konnte an noch übriggebliebenen Haut-und Knochenresten eindeutige Einblutungen erkennen, die auf den Beginn eines Hämatoms hindeuten. Und wie du selbst weißt, bilden sich Hämatome nur bei Lebenden, weil dabei Blut aus den verletzten Blutgefäßen austritt und sich im Körpergewebe unter der Haut ansammelt. Dafür sind Vitalfunktionen notwendig.«
    »Könnte das Hämatom nicht auch schon viel früher bei einer Schlägerei entstanden sein?«
    »Nein. Dafür war der Austritt des Blutes noch nicht weit genug vorangeschritten. Dieses Hämatom war gerade dabei, sich zu bilden – also noch ganz frisch.«
    Schnur bedankte sich und beendete das Gespräch. Das war mehr als er sich erhofft hatte. Er wollte gerade die Kollegen zur Besprechung rufen, als die Tür aufging und Anton Grewe seine Nase hereinstreckte.
    »Konnte Buffalo Bill uns weiterhelfen?«, fragte er.
    Im Hintergrund hörte Schnur ein leises Kichern. Also rief er: »Kommt alle rein und lungert nicht vor meiner Bürotür herum. Ich nehme an, mit Buffalo Bill ist unser neuer Spusi-Chef gemeint.«
    Lachend kamen Andrea und Erik hinter der Tür hervor und setzten sich dem Dienststellenleiter in dessen Büro gegenüber, damit die Besprechung beginnen konnte.
    »Also«, begann Schnur. »Endlich wissen wir ganz sicher, dass wir es mit einem Mord zu tun haben.«
    Er wiederholte, was ihm der Pathologe am Telefon gesagt hatte. Auch das Ergebnis der Spurensicherung über den Einbruch erwähnte er.
    Anschließend stellte Erik die Frage, die alle beschäftigte: »Und wie gehen wir jetzt vor?«
    »Wir greifen zu Plan B«, erklärte Schnur.
    »Gab es überhaupt einen Plan A?«, fragte Erik.
    »Plan A wäre die klassische Ermittlungsarbeit gewesen«, antwortete der Vorgesetzte. »Doch da wir wissen, dass wir nicht mehr unter Tage ermitteln dürfen, müssen wir sie austricksen.«
    »Und wie willst du das machen?«
    »Ich habe mich mit der Personalabteilung der Grube in Verbindung gesetzt und dort erfahren, dass sie in der Partie von Remmark einen Nachfolger für den verstorbenen Peter Dempler suchen. Also werden wir Anton Grewe als verdeckten Ermittler runter schicken.«

Langsam schlenderte Kullmann über den Bahnsteig an Gleis 12. Kalter Wind blies, er schob den Kragen seines Mantels höher. Auf der Anzeigetafel stand »Ankunft des TGV 9566 aus Mannheim um 11.01 Uhr«.
    Er schaute auf die Uhr und stellte zufrieden fest, dass es nicht mehr lange dauerte. Er drehte sich um und setzte seinen Marsch über den zugigen Bahnsteig fort. Dabei kreisten seine Gedanken immer wieder um die jüngsten Ereignisse in der Grube Warndt. Seit Tagen dachte er an nichts anderes. Die Details vom damaligen Unglück erschienen wieder so klar

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