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Blutige Seilfahrt im Warndt

Blutige Seilfahrt im Warndt

Titel: Blutige Seilfahrt im Warndt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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hat, kann ich nicht erklären. Wir Bergleute haben uns nicht an der Suche beteiligen dürfen. Das macht bei uns die Grubenwehr.«
    »Sie waren damals Drittelsteiger?«, horchte Kullmann auf.
    »Ja.«
    »Warum wurde nach Fechters Verschwinden Georg Remmark Reviersteiger? Sie wären doch an der Reihe gewesen.«
    »Ich war für den Posten damals schon zu alt. Ich bin nach dem Unglück nicht mehr lange unter Tage gefahren.«
    »Also war die Hierarchie unter Ihnen schon lange geklärt, bevor das Unglück geschah?«

    Der Gang war so niedrig, dass Grewe nur auf Händen und Füßen hindurchkriechen konnte. Hinter sich hörte er das Schnaufen der beiden jungen Männer, die ihm folgten. Hoffentlich würden sie nicht bereuen, was sie jetzt taten. Sand rieselte direkt vor seinen Augen auf den Boden. Er versuchte, es zu ignorieren. Und doch rumorte die Frage in ihm, wie lange die alten TH-Bögen das bedrohlich herabhängende Gebirge noch stützen konnten.
    Der Gang führte schnurgeradeaus. Der Lichtkegel seines Helms sprang hektisch hin und her. In dem diffusen Licht sah alles unruhig aus. Schatten bewegten sich, kamen auf ihn zu. Doch sobald er seinen Kopf ruhig hielt, stellten sie sich als Täuschung heraus. Deshalb war es für Grewe unmöglich, etwas zu erkennen, was weiter als zwei Meter vor ihm lag. Dahinter versank alles in undurchdringlicher Schwärze. Auch konnte er seine Lampe nicht vom Gürtel entfernen, weil er beide Hände zur Fortbewegung brauchte. Seine Beklemmung wuchs, je enger der finstere Gang wurde. Neben der Sicht glaubte er, dass auch sämtliche Geräusche verschluckt wurden. Er fühlte sich plötzlich mutterseelenallein in diesem Höllenschlund. Mit zittenden Händen und Beinen kroch er weiter, bis er einen kalten Hauch auf seinem Gesicht spürte. Er zuckte zusammen. Gänsehaut fuhr über seinen Körper. Unwillkürlich schnappte er nach Luft. Was hatte ihn berührt?
    Von den Lehrlingen vernahm er nicht die geringste Reaktion. Waren sie überhaupt noch da? Dann sah er etwas, das ihn erschrocken innehalten ließ.
    »Was ist?«, hörte er Kevin dicht hinter sich fragen.
    »Hier ist etwas oberfaul«, meinte Grewe nur.
    »Was denn?«
    Grewe zeigte auf heruntergebrochenes Geröll, das sich wie ein schwarzer Berg vor ihnen auftürmte und das Weiterklettern fast unmöglich machte. Mehr konnten sie nicht sehen, weil alles von der totalen Finsternis verschluckt wurde. Nun zog Grewe endlich seine Kopflampe vom Helm und richtete den hellen Lichtstrahl direkt darauf. Da erst erkannten sie es. Die Wand war eingebrochen. Dahinter lag ein weiterer Gang, der wesentlich älter, enger und schwärzer aussah. Er führte steil nach oben.
    Grewe ahnte, dass der kalte Hauch in seinem Gesicht von der Luftzufuhr aus diesem Gang gekommen war,
    Sie kletterten über die heruntergebrochenen Steine und landeten an einer Stelle, die ihnen wesentlich mehr Platz bot. Trotzdem mussten sie sich auch dort gebückt bewegen, weil die Decke sehr niedrig hing.
    Grewe schwenkte das Licht seiner Lampe langsam herum, bis er auf etwas stieß, was ihm bekannt vorkam.
    »Schaut mal hier!«
    Zwischen dem Geröll konnten sie mehrere Stahlstützen ausmachen. Auch ein nur teilweise verschütteter Durchgang erstreckte sich vor ihnen.
    »Was ist das?«, fragte Bruno atemlos, nachdem er sich zwischen Kevin und Grewe vorgearbeitet hatte.
    »Das sieht wie ein verlassener Streb aus«, antwortete Grewe. »Das könnten alte Hydraulikstützen sein.«
    »Scheiße!«, fluchte plötzlich Kevin hinter ihnen.
    Erschrocken drehten sich Bruno und Grewe um und sahen, wie er ganz aufgebracht einige Steine zur Seite schob.
    »Was ist das?« Nun ging Kevins Stimme in ein Kreischen über.
    »Was ist was?« Grewe und Bruno drängten sich zu der Stelle, auf die Kevin mit Panik in den Augen zeigte.
    Es dauerte eine Weile, bis Grewe begriff, was dort zwischen den Steinen hervorlugte: dreckiger Stoff einer Bergmannskluft.
    Erschrocken riss er die Augen auf und sagte: »Das sieht nicht gut aus.«
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Bruno.
    »Wir sollten uns vergewissern, dass wir uns nicht täuschen«, antwortete Grewe.
    Mit vereinten Kräften schoben sie weitere Steine zur Seite, bis es ihnen gelang, eine größere Fläche des Stoffs freizulegen. Er hatte die Farbe des Gerölls angenommen, das darauf gelegen hatte, weshalb sie ihn kaum von den Steinen unterscheiden konnten.
    Von einer unheimlichen Vorahnung getrieben räumten sie nun auch die schweren Steine weg, um endlich

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