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Blutige Seilfahrt im Warndt

Blutige Seilfahrt im Warndt

Titel: Blutige Seilfahrt im Warndt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Gewissheit zu bekommen, was sie da entdeckt hatten.
    Etwas Ledriges kam zum Vorschein. Braun und welk. Sie starrten darauf, ahnten etwas, wollten es aber nicht wahrhaben. Wie mechanisch räumten sie weiter, bis sich ein verbeulter Helm abzeichnete. Das Entsetzen stand in ihren Gesichtern, als sie die braune ledrige Masse darunter als Gesicht erkannten. Der geöffnete Mund und die herausstehenden Zähne ließen keinen Zweifel daran.
    Vor ihnen lag ein toter Bergmann.

»Ihr habt was?«, brüllte Remmark so laut, dass es in Grewes Ohren klingelte. Dabei hatte er dem Steiger noch nicht einmal sagen können, was sie entdeckt hatten. Lediglich die Aussage, dass sie die Tür aus reiner Neugier aufgebrochen hätten, um sich das dort gelagerte Werkzeug anzusehen, versetzte den massigen Mann derart in Rage. »Was fällt euch ein, euch über meine Anweisung hinwegzusetzen?«
    Mit betretenen Mienen standen die beiden Auszubildenden vor Remmark, während Grewe Mühe hatte, dem ungehobelten Mann kein Kontra zu geben, so maßlos ärgerte er sich über sein Verhalten. Nach mehr als zwanzig Jahren bekam Grewe wieder einmal die Bestätigung dafür, dass er für die Welt unter Tage nicht geschaffen war. Das kumpelhafte Benehmen konnte auch schnell in Respektlosigkeit umschlagen, was diese Männer gerne mit einem Lachen abtaten. Anton Grewe sah darin jedoch etwas anderes, nämlich eine Geringschätzung seiner Person. Schon immer hatte er sich bei diesem Umgangston unwohl gefühlt, wie ein Schuljunge, der für etwas getadelt wurde. Genauso jetzt. Dabei sollte es umgekehrt sein, Remmark sollte sich ertappt fühlen. Doch dazu war dieser Grobklotz von sich selbst zu sehr eingenommen.
    Sie waren Remmark in den hell erleuchteten Teil des Querschlags gefolgt. Grewe schaute sich um und ließ seinen Blick über die obligatorischen schwarzen Plastikwannen wandern, die auf einer Stahlkonstruktion unterhalb der Decke standen. Leitungsrohre, Kabel und Bewetterungsschläuche liefen an den Wänden entlang. Auf dem Boden verliefen Schienen. Feuerlöscher und Erste-Hilfe-Kästen hingen an den Wänden. Bis er weiter hinten das Telefon entdeckte. Am liebsten wäre er ohne zu fragen dorthin gegangen, um seine Kollegen anzurufen, so brannte es ihm unter den Fingernägeln. Aber da fiel ihm ein, dass das von unter Tage gar nicht möglich war. Er musste seine Rolle als Bergmann weiterspielen – ob es ihm nun passte oder nicht.
    Wer hätte auch ahnen können, dass er gleich in den ersten Stunden seiner Undercover-Ermittlungen auf eine Leiche stoßen würde?
    »Jetzt werdet ihr gefälligst zurückgehen und alles zumauern«, befahl Remmark.
    »So einfach ist das aber nicht«, widersprach Grewe.
    Schon wieder wollte Remmark losschreien, doch es gelang Grewe, ihn davon abzuhalten. Hastig kam er ihm zuvor: »Wir sind auf etwas gestoßen, was wir nicht einfach zumauern können.«
    »Was soll das sein?«
    »Eine Leiche.«
    »Ihr wollt mich verarschen.«
    Grewe und die beiden Auszubildenden gaben darauf keine Antwort.
    Eine Weile herrschte bedrücktes Schweigen, bis Remmark brummte: »Ich glaube, ich muss mich mal beim Pütt erkundigen, warum du dort wirklich weggehen musstest. Die Geschichte mit der Scheidung nehme ich dir nicht mehr ab.«
    Grewe spürte, wie ihm das Blut in den Adern gefror. Fassungslos starrte er den Steiger an, dessen Augen hasserfüllt waren.
    »Was hat das damit zu tun, dass wir auf einen toten Bergmann gestoßen sind?«, fragte Grewe, wobei er Mühe hatte, seine Stimme fest klingen zu lassen.
    »Ich frage mich, wie ein Toter in eine Kammer gelangen soll, die über zehn Jahre immer nur verschlossen war?«, gab Remmark zurück.
    Nun wurde es richtig ungemütlich. Verzweifelt schüttelte Grewe den Kopf, bis ihm endlich etwas einfiel: »Er liegt nicht in der Gezähekammer!«
    »Für wie blöd hältst du mich eigentlich! Die Tür führt nur zur Gezähekammer.«
    Hastig erklärte Grewe die genaue Situation, in der sie den Toten gefunden hatten.
    Endlich gab Remmark nach, steuerte das Telefon an und rief die Grubenwarte an.

    Anke fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen, als sie Schnur mit Kullmann im Gefolge aus dem Büro rennen sah. Da verzichtete sie auf ihren Urlaub, um die Ermittlungsarbeiten in einem schwierigen Fall vorantreiben zu können und musste miterleben, wie sie einfach stehen gelassen wurde.
    Sie überlegte, in ihr Büro zu gehen und die Tür hinter sich zu schließen. Dann würde ihr niemand die Enttäuschung ansehen. Denn es gab

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