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Blutige Seilfahrt im Warndt

Blutige Seilfahrt im Warndt

Titel: Blutige Seilfahrt im Warndt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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wir nicht dafür da, uns gegenseitig zu helfen?«, versuchte es Grewe eben anders.
    Wieder überlegte Tremante eine Weile, bis ein lautes Läuten ertönte. Erschrocken zuckte er zusammen. Grewe fasste ihn an der Schulter und meinte: »Das war das Zeichen für den Kuli, falls du dich erinnerst. Unsere Schicht ist zu Ende. Wir können hochfahren.«
    Tremante nickte und folgte Grewe in Richtung Schacht.
    »Mit mir kannst du reden«, hakte Grewe noch mal nach, weil er schon die Chance, etwas Brauchbares zu erfahren, dahinschwinden sah. Immer mehr Männer sammelten sich am Schacht und warteten auf den nächsten Korb. In der Menge fielen Grewe und Tremante nicht auf, wie sie miteinander sprachen. Trotzdem schaute sich der Italiener immer wieder um.
    »Du kannst mir auch nicht helfen«, brummte er nach einer Weile.
    »Ich weiß ja nicht, was los ist«, gab Grewe zu verstehen. »Ich weiß nur, dass Pitt tödlich verunglückt ist. Nur deshalb habe ich diese Stelle hier bekommen. Aber ein derart spektakulärer Unfall passiert doch nicht einfach so.«
    Mit weit aufgerissenen Augen starrte Tremante auf Grewe, bis er endlich sagte: »Scheiße Mann! Was willst du damit sagen? Dass einer von uns was damit zu tun hat?«
    »Nein! Natürlich nicht!« Grewe könnte sich auf die Zunge beißen. Die Bergmannsloyalität hatte in all den Jahren nichts an ihrer Bedeutung verloren. Also meinte er: »War nur so ein Gedanke. Du musst nicht mit mir reden, wenn der Steiger dir das verboten hat.«
    Damit hatte er ihn. Tremante spuckte wütend seinen Kautabak auf den Boden und zischte: »Schorsch kann mir nichts verbieten.«
    Grewe sagte nichts dazu, obwohl es ihm auf der Zunge lag. Als Tremante sich ihm näherte, spürte er, dass er zu dem Kameraden durchgedrungen war. Dicht an seinem Ohr sagte der Italiener: »Als die Maschine stumpf wurde, hat mich der Schorsch auf die fünfte Sohle geschickt, einen Eimer mit neuen Meiseln zu holen, die vom letzten Streb übrig waren. Dort steht der Scheißkübel ganz in der Nähe. Und diese Ecke ist verdammt dunkel.«
    Grewe nickte. Er wusste noch, wo der Abortkübel stand. Also konnte er sich vorstellen, wie einsam und verlassen dieser Ort war.
    »Auf dem Weg dorthin bin ich jemandem begegnet.«
    »Wem?«
    »Karl Fechter!«

    Zielstrebig steuerte Schnur den gläsernen Bau an, in dem sich die Staatsanwaltschaft Saarbrücken befand. Wie immer fiel es ihm nicht leicht, sich in dem futuristischen Gebäude zurechtzufinden, weil sich dort neben der Staatsanwaltschaft auch das Landgericht, das Saarländische Oberlandesgericht, die Gerichtskasse sowie das Ministerium für Justiz befanden. Nachdem er sich an der Pforte ausgewiesen hatte, steuerte er durch das Foyer auf die Treppe zu. Fahrstühle waren ihm unheimlich. Und bis in die zweite Etage schaffte er es locker auch zu Fuß.
    Als er an Ann-Kathrins Bürotür klopfte, folgte das »Herein« so schnell, als hätte sie bereits auf ihn gewartet. Mit gemischten Gefühlen trat er ein.
    »Das muss ja ganz schön wichtig sein, wenn du dich dafür in die Höhle der Löwin wagst«, sagte sie zur Begrüßung.
    »Es ist wichtig«, bestätigte Schnur und berichtete, was im Erlebnisbergwerk passiert war.
    »Dafür ist ebenfalls das Bergamt zuständig«, klärte die Staatsanwältin auf.
    Schnur schloss die Augen und rieb sich nervös über sein Kinn.
    »Hast du inzwischen ein Untersuchungsergebnis über die mumifizierte Leiche in der Gezähekammer bekommen?«, fragte Ann-Kathrin.
    »Ja! Auch da haben wir ein Ergebnis, das auf alles hindeuten könnte.«
    »Was heißt das?«
    »Der Mann hatte einen Genickbruch. Das kann ein Unfall gewesen sein, aber genauso gut ein Mord. Mit dem Ergebnis sind wir genausoweit, wie wir es schon die ganze Zeit waren.«
    »Du hast recht. Das macht es für die Bergmänner umso gefährlicher.«
    »Du musst dir etwas einfallen lassen. Wir sind allein mit unseren Ermittlungen und haben sogar noch einen unserer Männer in diesen Hades runter geschickt.«
    »Welche Einsicht …« Ann-Kathrin trat um den Schreibtisch herum – das einzige Hindernis, das zwischen ihr und Schnur gestanden hatte.
    Der Kriminalbeamte spürte Gefahr auf sich zukommen. Eine Gefahr, die ihm besser gefiel, als er sich selbst zugestehen wollte. Ihre roten Locken leuchteten im grellen Neonlicht der Bürolampe. Ihre grünen Augen funkelten in ihrem blassen Gesicht. Ihr Körper bewegte sich anmutig, während sie sich mit langsamen Schritten auf ihn zubewegte.
    »Was soll ich mir

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