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Blutige Seilfahrt im Warndt

Blutige Seilfahrt im Warndt

Titel: Blutige Seilfahrt im Warndt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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dir einen Tatort zeigen. Hier hast du ihn.«
     

Schon als er die Tür seines Büros ansteuerte, hörte Schnur das Telefon auf seinem Schreibtisch klingeln. Er lief hinein, eilte auf den Apparat zu und hob ab.
    »Endlich!«, hörte er am anderen Ende der Leitung Eriks Bassstimme. »Manometer, wo steckst du?«
    »In meinem Büro an meinem Telefon, was ein Ermittler mit guter Kombinationsgabe auch ohne deine dämlich Frage herausgefunden hätte«, gab Schnur zurück. »Warum rufst du an?« »Ich habe Anke den Förderturm gezeigt, an dem Peter Dempler seine blutige Seilfahrt gemacht hat«, erklärte Erik. »Dabei sind wir auf Geräusche im Erlebnisbergwerk aufmerksam geworden.«
    Schnur brummte. Er wurde ungeduldig. Also beschleunigte Erik seinen Bericht, was ihm die Frage des Chefs ans Ohr schmetterte: »Ihr habt was?«
    »Wir haben den in Einzelteile zerlegten Körper von Arthur Hollinger gefunden.«
    »Das darf doch nicht wahr sein!«, brüllte Schnur. »Wann war das?«
    »Gerade jetzt! Ich habe keine Sekunde gezögert, dich anzurufen, bevor die Bergleute mit dem Bergamt hier anrücken. Dieser Fall stinkt nämlich zum Himmel.«
    »Okay! Ihr bleibt, wo ihr seid. Lasst euch von niemandem abwimmeln!«, befahl Schnur. »Ich werde mit der Staatsanwältin sprechen, wie wir den Fall endlich offiziell machen können.«
    Das Gespräch war beendet.

    Ständig wanderte Grewes Blick in Richtung Fußstrecke, die Paolo Tremante zusammen mit einigen Kameraden parallel zur abgebauten Kohlewand mit neuen Senkstützen sicherte. Dabei wirkte der Italiener geistesabwesend. Zwar hatte er diese Männer mehr als zwanzig Jahre nicht gesehen, doch wusste er um ihre Angewohnheiten. Schnell hatte er herausgefunden, dass sich daran nichts geändert hatte. Remmark war immer noch der grobe Klotz, der sich vermutlich nur durch Einschüchterung bis zum Steiger hochgearbeitet hatte. Hans Rach immer noch der Korrekte und Harmoniebedürftige, der stets allen mit seinem Loyalitätsgehabe auf die Nerven ging. Und Tremante war immer noch der Clown, der jeden zum Lachen bringen konnte.
    Aber heute wirkte er, als sei er dem Leibhaftigen begegnet.
    Grewe musste herausfinden, was auf der fünften Sohle passiert war. Er schaute sich suchend um, konnte den Steiger nirgends finden. Doch das musste nicht wirklich etwas bedeuten. Remmark konnte in Sekundenschnelle aus dem Nichts auftauchen. Also wandte er sich an Bonhoff und fragte: »Weißt du, wo der Steiger steckt?«
    »Nein! Den habe ich seit der Störung nicht mehr gesehen«, antwortete der. »Warum?«
    Grewe ließ seine Augen wieder in Richtung Tremante wandern. Bonhoff verstand sofort.
    »Übernimmst du kurz meine Arbeit?«, fragte Grewe. Auf die Antwort wartete er nicht mehr. Zu sehr trieb ihn die Neugierde an. Kaum trat er auf Tremante zu, spürte er, wie der Italiener immer unsicherer wirkte. Mit nervösen Händen schraubte an der Senkstütze, die bereits fest installiert aussah.
    »Alles klar?«, leitete er ganz kameradschaftlich das Gespräch ein.
    Tremante nickte hektisch.
    »Wirklich? Du siehst aber nicht so aus.«
    »Wie sehe ich denn aus?«, gab Tremante unfreundlich zurück.
    »Irgendwas ist heute während der Störungspause passiert«, antwortete Grewe. »Was war das?«
    »Nichts! Warum fragst du sowas, Tony?« Böse funkelte der kleine Mann Grewe an.
    »Weil du total verändert wirkst. Als sei etwas Schlimmes passiert.«
    »Wer bist du, dass du so etwas fragst?«, zischte der Italiener.
    Grewe wich erschrocken zurück. Hatte er sich zu weit aus dem Fenster gelehnt?
    »Du hörst dich an wie ein Seelsorger« sprach Tremante weiter, der Grewes Reaktion nicht bemerkt hatte.
    Sofort fühlte Grewe sich erleichtert. Etwas vorsichtiger sagte er: »Ich dachte, du hättest Ärger oder sowas. Wollte doch nur helfen.« Er tat so, als wollte er sich wegdrehen, als er sah, wie Tremante seine Werkzeuge zur Seite legte. Dann zupfte er ihn am Ärmel, eilte durch die Fußstrecke bis zur Richtstrecke, die er ebenfalls durchquerte, bis er auf einen weiteren Stollen stieß. Grewe hatte Mühe, ihm bei diesem Tempo zu folgen. Doch plötzlich blieb der Italiener stehen. Grewe schaute sich um. Sie standen an einer ruhigen Stelle. Nur gelegentlich begegnete ihnen ein Bergmann mit einem »Glückauf«, der auf dem Weg zum Förderkorb des Gustav-Schachtes war. Tremante sah sich ständig um, bis er endlich sagte: »Wenn ich die Klappe aufreiße, kriege ich Ärger.«
    »Mit wem?«
    »Mit dem Steiger!«
    »Und warum? Sind

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