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Blutige Spuren

Blutige Spuren

Titel: Blutige Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Liemann
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Bildmaterial im Schaufenster gleichzutun, musste als gescheitert bezeichnet werden. Selbstklebende Buchstaben in leuchtendem Rot und Gelb oder silbernes Flitterzeug wirkten etwa so erotisch wie der Durchgang aus bunten Plastikbändern, der direkt hinter der Tür die Nasskälte des Herbstes nicht abzuweisen vermochte, der aber aus Gründen des Jugendschutzes vorgeschrieben war, denn sonst hätte man direkt von der Straße aus auf Bildern erkennen können, dass die Gattung Mensch unter ihrer Kleidung nackt ist.
    Hinter einem Tisch voller Pornohefte saß ein Mann im Hawaiihemd. Isabel hätte nicht geglaubt, dass es so etwas überhaupt noch gab. Der Mann nickte ihnen zu, widmete sich dann aber wieder einer Kohlroulade, die er sich in der Mikrowelle neben der Kasse aufgewärmt hatte.
    Isabel sah drei Kunden in dem Laden, es gab allerdings noch eine offene Verbindungstür zu einem längeren Gang, dessen Ende sie nicht einsehen konnte. Ein Mann prüfte mit nahezu heiligem Ernst die unterschiedliche Länge schwarzer Lederpeitschen. Eine junge Frau war in die Lektüre eines Buches vertieft. Und eine weitere, gut gekleidete Frau, die Isabel bekannt vorkam, suchte nach Dessous – in der Geschwindigkeit, mit der man während der Mittagspause einkauft. Sie bedachte Isabel mit einem schnellen Blick, grüßte freundlich, konnte sich aber offenbar ebenso wenig daran erinnern, woher sie sich kannten. Anders als Isabel war ihr die Begegnung nicht peinlich. Die Frau hatte Plastikverpacktes in den Händen und ging zur Kasse.
    » Ich weiß es wieder, die arbeitet bei einer Anwältin, mit der ich mal dienstlich zu tun hatte « , flüsterte Isabel. » Hat die es nötig, in einen Sexshop zu gehen? «
    » Wieso? « , flüsterte Saskia zurück, eher aus Rücksicht auf Isabel denn aus Verlegenheit. » Die Dessous sind hier viel billiger, als wenn du sie bei Markenfirmen kaufst. Und meist auch origineller. «
    Isabel hoffte inständig, dass ihre Kollegin sich mit weiteren privaten Details zurückhielt. Sie presste unwillkürlich eine Hand auf ihr Brustbein – als könnte sie sich gegen all den bunten Schmutz schützen oder sich mit kleinen, kaum zu sehenden Bewegungen bekreuzigen, was sie seit ihrer Kindheit in Portugal nicht mehr gemacht hatte.
    Die Frau mit den Dessous deutete ein Winken an, als sie durch den Vorhang aus Plastikbändern den Laden verließ. Als der Mann an seinem Unterarm einige der Peitschen ausprobierte, drehte sich Isabel zu Saskia um und raunte: » Ich muss hier raus. «
    » Warte mal « , meinte Saskia. Sie griff in eines der Regale und hielt einen Gummi-Phallus in der Hand, der die Größe einer hochgezüchteten Salatgurke und die Farbe eines Heftpflasters hatte. Da Saskia von eher zierlicher Gestalt war, wirkte das Teil in ihrer Hand besonders monströs. Sie schritt zum Verkäufer, legte ihm den Dildo neben die halbe Roulade und fragte launig, ohne jede Diskretion: » Ich bräuchte das in Groß. Haben Sie so was? Und aus Metall! «
    Isabel wollte sich in Luft auflösen.
    Der Mann mit den Lederriemen entschied sich, vorerst doch keine Peitsche zu erstehen.
    Die Frau mit dem Buch erinnerte sich an einen wichtigen Termin.
    Der Verkäufer bedauerte, und sein Laden war kundenfrei.
    » Kripo Berlin « , sagte Saskia und zeigte den Ausweis.
    » Habe ich mir gedacht « , sagte der Mann und rührte Kartoffelpüree und Rouladensauce ineinander. » Schau’n Se sich um und sagen Se mir, wat ’es Problem is. Allet lejal. «
    » Darum geht’s nicht « , sagte Isabel.
    » Kann ich mal nach da hinten gehen? « , fragte Saskia und zeigte in Richtung Gang.
    » Klar. Jehört allet zum Laden. Können Se auch ohne Durchsuchungsbeschluss, Frau Kommissar. «
    Saskia ging durch den Flur in den Nebenraum.
    Isabel fühlte sich inzwischen etwas verloren.
    Der Verkäufer, der gemerkt hatte, dass den Polizistinnen der Anblick und der Geruch der Kohlroulade zumindest in diesem Ambiente nicht zusagte, fragte, ob er den Damen etwas anbieten könne, er hätte noch eine Portion da.
    » Videokabinen « , sagte Saskia, als sie zurückkam.
    » Nee, allet uff DVD s umjestellt. «
    » Was kostet eigentlich so ein Andreaskreuz? «
    » Kommt druff an … Ditt eene hinten is’ een unverkäuflichet Ausstellungsstück. Meine Spessialität sind individuelle Ausstattungen. Manche wollen so’n Kirchen-Look, Kreuzigung und so, verstehn Se? Neulich hab’ ick ’n Ufftrach jehabt, die wollten allet im Pompeji-Stil, verstehn Se? Zwanzichtausend hat’s jebracht,

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