Blutige Spuren
naiv nach einem Ratschlag. «
» Naiv? « , fragte Angermann tonlos.
» Im Gegensatz zu Frank Huth, der ein Fuchs ist. Huth lacht ihn nicht nur wegen der Stümperhaftigkeit aus, er erpresst Ekker auch noch. Zwei Millionen will er von ihm. Schließlich kann er jederzeit die Polizei informieren. Selbst wenn Ekker die Geisel freiließe, hat ihn Huth noch immer in der Hand. Ekker ist ungehalten und in Angst, es kommt zum Handgemenge. Der Zuhälter Frank Huth ist stärker und schlägt Ekker bewusstlos, nimmt ihm die Wohnungsschlüssel ab und holt von Haberstein aus Ekkers Wohnung. «
» Woher wissen Sie das mit der Wohnung? «
» Das hat er uns gesagt. «
» Hm. «
Langsam schob Isabel den Besucherausweis von sich. » Huth hat also Ekkers Geisel entführt. Vermutlich wird er Ekker kaum gesagt haben, wo er Haberstein versteckt. Ekker kommt zu sich und findet in seiner geöffneten Wohnung den Vizepräsidenten nicht mehr vor. Er bekommt Panik, denn Huth kann ihn nicht nur verpfeifen, er kann auch selbst das Lösegeld absahnen. Er rastet aus und ersticht Frank Huth, möglicherweise nicht mal vorsätzlich. Nun hat er seine erste Leiche. « Sie angelte wieder nach ihrem Ausweis. » Die Gier nach dem Lösegeld treibt ihn weiter an. Obwohl er nicht weiß, wo Huth die Geisel versteckt hat, hofft er noch immer, absahnen zu können. Auf verschiedenen Wegen versucht er, mit uns Kontakt aufzunehmen, auch anonym über die Telefonseelsorge. Das ist sein Versuch, die Lösegeldforderung zu artikulieren, ohne entdeckt zu werden. Gleichzeitig hat er zwei Aufgaben: Erstens will er Habersteins Versteck finden. Und zwar vor der Polizei, und bevor Haberstein womöglich ohne Nahrung stirbt. Mit der Geisel hätte er mehr Bedrohungspotenzial, und vielleicht will er auch wissen, ob Haberstein ihn erkannt hat. «
» Zweitens? «
» Zweitens versucht er, die Tötung von Frank Huth zu verschleiern, indem er dessen Leiche in den Wald bringt. Er erinnert sich, dass Huth mit mehreren Leuten in Kontakt stand, die sich auch gelegentlich im Dreihirtenhaus getroffen haben. Das war ein kleines Netzwerk aus Frank Huth, Adam Gusewski und Sebastian Seesand. Angeboten haben die drei sehr unterschiedlichen Männer Rollenspiele in Kulissen, eine ungewöhnliche Marktlücke. Die Kunden konnten dort einen Tag Kanzler spielen oder andere Fantasien verwirklichen. Die drei sorgten für die seltsamsten Ausstattungen und Umgebungen und verdienten damit ihr Geld. Soweit wir sehen, war da nichts Illegales. Josef Ekker tötet die vollkommen unschuldigen Männer Seesand und Gusewski und legt sie ebenfalls im Grunewald ab. Er hofft, die Polizei werde auf die Idee kommen, dass sich die drei in einem Kampf gegenseitig getötet haben – aus Konkurrenzgründen oder vielleicht auch eines ominösen Kultes wegen. «
» Aha. «
» Ja, hinzu kommt der Mord an einem weiteren Bekannten Huths, der einen Erotikladen betrieb. Ekker beobachtete, wie wir den Mann befragten, und vermutlich dachte er, der müsste etwas mit dem Verbleib der Geisel zu tun haben. Aber auch unter Folter hat er wohl nichts herausbekommen. «
» Hm. «
» Zu den vier Tötungen und zur ersten Entführung haben wir Ekkers Geständnis. Es gibt keinen terroristischen Hintergrund. Nur die Notwendigkeit, unseren Kollegen Klaus von Haberstein zu finden. «
Polizeidirektor Angermann erhob sich langsam und nahezu feierlich. Er lächelte, schob seinen Stuhl so hin und her, bis es ihm passte, und sagte: » Ich danke Ihnen sehr. Für Ihren Besuch. «
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Nachbemerkung
Ein Teil des Textes für diesen zweiten Fall des Kommissars Sternenberg entstand in der ehrwürdigen Grand Orient Bar des Pera Palace, Istanbul. Dieses Hotel ist 1892 für die Passagiere des Orient Express errichtet worden. Unter den Gästen war auch Agatha Christie. Sie schrieb dort ihr berühmtestes Buch.
Blutige Spuren ist ein Roman, daher sind die meisten Ereignisse und Personen erfunden. So haben die in diesem Buch geschilderten Kliententelefonate bei der Telefonseelsorge natürlich ausschließlich in meinem Kopf stattgefunden. Zudem ist diese Institution anders, als ich sie hier dargestellt habe.
Dem Ausbilder- und Mitarbeiterteam verdanke ich viel, und an meine ehrenamtlichen Dienstjahre dort denke ich gern zurück. Als Mitglied des Vereins » Telefonseelsorge Berlin e.V. « erlaube ich mir den Hinweis, dass Spenden diese wichtige Arbeit ermöglichen (Konto 498 18 105 bei der Postbank Berlin, BLZ 100 100
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