Blutige Spuren
aus. «
» Vielleicht hätte ich schon früher nachdenklich aussehen sollen. «
21
» Wo ist Saskia? « , fragte Sternenberg, als er Tarek und Isabel in Seesands Loft traf.
Tarek erklärte ihm, dass sie zu Huth in die Wohnung gefahren war, um noch einmal die Unterlagen durchzusehen. Sie hatten eine eindeutige Verbindung Huths mit den Geschäften Seesands und Gusewskis festgestellt. Demnach hatte Huth tatsächlich seine halbseidenen Kontakte spielen lassen. Zuhälterei war ihm aber nie nachzuweisen. Tarek, Isabel und Saskia vermuteten inzwischen, dass Seesand Freier-Prostituierte-Rollenspiele auf der nichtsexuellen Ebene anbieten wollte. Und Huth schien dafür die Erfahrung aus der Organisation von Begleit-Agenturen einzubringen.
» Und Barbara? «
» Hat sich krankgemeldet. «
Sternenberg stöhnte. » Nierenbeckenentzündung? Sollte vielleicht mal längere T-Shirts tragen. «
» Warum sagst du mir das? « , protestierte Isabel.
Sie erklärten ihm jetzt umfassend, was sie Neues über die Szenarien herausgefunden hatten.
» Ich hätte also zu Seesand gehen können « , fragte Sternenberg, » wenn ich der Kaiser von China sein möchte? Und dann hätte er alles so inszeniert, dass ich mich so fühlen kann? «
Die Mitarbeiter nickten.
» Und damit ließ sich Geld verdienen? So viel, dass es sich rentierte? «
» Es war erst der Anfang « , sagte Isabel. » Sie hatten Pläne, das Geschäft außerhalb des Lofts fortzusetzen, teilweise an Originalschauplätzen. Vielleicht haben sie das auch schon mal gemacht, das wissen wir noch nicht. «
Tarek ergänzte: » Eine Rolle war Käpt’n Ahab. Dafür hat Seesand ein Exposé geschrieben und einen Kutter vorgesehen. «
» Hattet ihr von solchen Rollenspiel-Szenarien on demand vorher schon mal gehört? Ich nicht! Was ich meine, ist: War das eine neue Idee von denen, oder gibt es etwas in der Art schon? «
» Ich muss an deine Telefonseelsorge denken, Kai « , sagte Isabel. » Ist es da nicht manchmal so? Die Leute sprechen mit einem Anonymen, und damit schaffen sie sich einen Ersatzgesprächspartner? Das ist doch auch eine virtuelle Situation, oder? «
» Hm, ich weiß nicht, ob wir das vergleichen können. Aber du hast schon recht, manchmal bauen sich die Leute eine Scheinwelt auf. Da hatte ich erst neulich jemanden. «
» Jedes Starposter suggeriert so was « , sagte Tarek trocken.
» Doch das hier ist ’ne völlig andere Dimension « , meinte Isabel. » Wir wissen doch, dass viele Männer nur deshalb zu Prostituierten gehen, weil sie sich über ihre Ehe ausheulen wollen oder überhaupt jemanden zum Sprechen suchen. «
» Klischee « , warf Tarek ein.
Isabel ließ sich nicht beirren. » Ich weiß genug darüber. Selbst wenn es nur um Sex geht: Es ist doch die Illusion, einen Partner zu haben, der einen so sehr liebt, dass er mit einem schlafen will. Für diese Illusion zahlt der Freier. «
» Klischee! «
Sternenberg spielte mit einem Spazierstock, der dem von Chaplin glich und wahrscheinlich zu einem Spiel gehörte. » Die Menschen, die dafür zahlen, wissen doch, dass es Illusion ist. Kann das befriedigend sein? «
» Die Illusion haben sie bei käuflichem Sex auch « , sagte Isabel. » Trotzdem stirbt das Gewerbe nicht aus. Manche Freier werden regelrecht süchtig danach. «
» Aber ich muss Tarek beipflichten, Isabel: Sex gegen Geld bringt eben nicht nur Illusion, es ist eine … Dienstleistung. «
» Dann denkt an diese ganzen sexuellen Rollenspiele. «
Tarek grinste. » Erzähl. «
» Na gut « , ging Sternenberg dazwischen. » Jedenfalls scheinen die drei ja Kunden gefunden zu haben. Haben wir ein Motiv für ihren Streit? «
Tarek und Isabel wollten gleichzeitig antworten.
Isabel sagte: » Saskia meint, Huth wollte mehr in Richtung Sex gehen, während Seesand Qualität wollte, teure Angebote mit großer Besetzung. «
Tarek fügte hinzu, dass einige Aufzeichnungen Seesands sich konkret gegen Huths Ideen wandten.
Sternenberg setzte sich auf den Rand einer Couch und tippte rhythmisch mit dem Stock auf den Boden. » Jetzt erklärt mir eines: Die drei in einem Boot treffen sich in einem Berliner Restaurant. Der Laden heißt Dreihirtenhaus. Dieser Name geht zurück auf eine Legende. « Sternenberg erklärte den anderen kurz, was er in Franken herausgefunden hatte. » Nehmen wir an, unsere drei kennen diese Legende. Zumindest Seesand dürfen wir so viel Intelligenz und Neugierde unterstellen, dass er sich erkundigt hat. Es klingt doch wie ein Joke:
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