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Blutige Stille. Thriller

Blutige Stille. Thriller

Titel: Blutige Stille. Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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auseinandersetzen.
    Beim dritten Klingeln meldet er sich schroff mit dem Nachnamen. Nach dem Aufwachen ist er unleidlich, ich wünschte, das wüsste ich nicht so genau.
    »Hier ist Kate.«
    Kurzes Schweigen, und ich frage mich, ob er glaubt, ich rufe aus persönlichen Gründen an. Ich kann praktisch sehen, wie die Mauern um ihn herum wachsen. Vielleicht hat er Angst, dass ich einsam und betrunken bin und ihn mitten in der Nacht mit Schimpftiraden bombardieren will, obwohl ich noch nie so tief gefallen bin. »Das ist ein dienstlicher Anruf«, stelle ich klar.
    »Was ist passiert?«
    »Ich habe einen Tatort mit mehreren Leichen hier in Painters Mill. Sieben, um genau zu sein. Wir haben alle tot vorgefunden. Keine Spur vom Täter. Ich brauche ein Spurensicherungsteam.«
    Ich höre ein Rascheln am anderen Ende der Leitung und muss zwangsläufig daran denken, wie er im Bett aussieht. Boxershorts, zerzauste Haare, Bartstoppeln, die mir die Haut wund kratzen …
    »Erzähl mir von den Opfern«, sagt er.
    »Amisch-Familie. Fünf Kinder. Zwei Mädchen, Teenager, wurden gefoltert.«
    »Sexueller Missbrauch?«
    »Ist noch unklar. Wahrscheinlich.«
    »Verdammt.« Mehr Rascheln, und ich weiß, dass er sich gerade anzieht, eine knittrige Hose und ein frisches Hemd – ein teures, denn John Tomasetti weiß sich zu kleiden. Er wird seine Krawatte einstecken und im Büro umbinden, bei Stauf’s haltmachen und einen Cranberry-Muffin und einen doppelten Espresso kaufen. Er mag starken Kaffee.
    »Kennst du sie?«, fragt er.
    »Nein. Sie sind vor ungefähr einem Jahr aus Pennsylvania hierhergezogen.«
    »War die Tat geplant?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Gibt’s schon ein Motiv?«
    »Ich weiß nicht. Sieht aber alles sehr durchdacht aus. Der Mörder hat ziemlich viel Zeit mit den beiden Mädchen zugebracht.« Ich berichte ihm von den Foltermerkmalen.
    »Hast du schon einen Verdächtigen?«
    »Nein.«
    Die Leitung knistert, was mir die vielen Meilen bewusst macht, die zwischen uns liegen, im wörtlichen wie übertragenen Sinn.
    »Ich schicke sofort ein Spurensicherungsteam zur Unterstützung.« Er hält inne. »Willst du, dass ich auch komme?«
    Ich zögere eine Sekunde zu lang. Er weiß, was ich denke, und ist sauer. »Herrgott nochmal, Kate. Ich kann damit umgehen.«
    »Du musst nicht kommen, John. Unter den Opfern sind Kinder, ein Baby …«
    »Ich komm schon damit klar«, brummt er. »Gib mir ein, zwei Tage, um hier ein paar Dinge zu regeln.«
    »Danke«, sage ich. »Bis dann.«

5 . KAPITEL
    Der nächste Nachbar der Planks ist William Zook, ein Schweinefarmer und ebenfalls ein Mitglied der Amisch-Gemeinde. Kurz vor neun Uhr biegen Glock und ich in seine Einfahrt und parken zwischen Haus und Scheune. Ungefähr neun Stunden sind vergangen, seit die Familie Plank ausgelöscht wurde, und ich empfinde jede Minute, die verstreicht, wie einen Stoß mit dem Eispickel. Ich habe zwei Jahre als Detective in Columbus gearbeitet und weiß, dass die ersten achtundvierzig Stunden die wichtigsten bei der Aufklärung eines Verbrechens sind. Danach erkalten die Spuren, und die Chancen, den oder die Täter zu finden, sinken beträchtlich. Ich habe nicht vor, es so weit kommen zu lassen.
    Das Farmhaus ist schlicht, die Verkleidung stark verwittert. Die achteckige Scheune ist mit Blechschindeln gedeckt, die der Wind teilweise gelockert hat, und der weiße Anstrich ist stark verschmutzt. Ein hohes Silo mit rostiger Kuppel ragt in den mit tiefhängenden Wolken verhangenen Himmel. Vor hundert Jahren war die Farm bestimmt einmal ein Schmuckstück gewesen, doch heute Morgen sieht alles so alt und müde aus, wie ich mich fühle.
    Im Hof seitlich des Hauses hängen mindestens ein Dutzend Arbeitshemden und Hosen auf der Wäscheleine, flattern wie Fahnen im Morgenwind. Zu meiner Rechten steht das Pampasgras drei Meter hoch, ein Stück dahinter rascheln Maisstängel in einem gepflegten Garten, und ich weiß, dass die Frau des Hauses ihre Tage damit verbringt, Unkraut zu jäten und Gemüse einzukochen.
    Wir steigen aus dem Wagen und gehen zur Haustür. Es riecht penetrant nach Mist. Auf den meisten Amisch-Farmen herrschen Ordnung und Sauberkeit, Stallmist wird mehrere Male in der Woche in einer Güllegrube entsorgt und nach dem Gärungsprozess als Dünger verwendet. Doch William Zook scheint von dieser Methode nichts zu halten.
    Glock stößt einen Seufzer aus. »Jetzt brauche ich Ihre Mentholsalbe doch noch.«
    »Ich hab sie am Tatort

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