Blutige Stille. Thriller
Farbe?«
»Schwarz.« Barbereaux kneift die Augen zusammen. »Warum?«
Tomasetti lächelt ansatzweise. »Danke, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben«, sagt er und geht zur Tür.
Barbereaux schaut mich eindringlich an. »Ich hoffe, Sie erwischen das Arschloch, das das gemacht hat«, sagt er.
»Bestimmt«, sage ich und folge Tomasetti.
Wir sind schon halb auf der Laderampe, als mir Evelyn Steinkrugers Bemerkung einfällt, dass Mary einmal nach Zigaretten gerochen habe. Ich drehe mich um und rufe: »Rauchen Sie?«
»Nee.« Er grinst. »Das Zeug bringt einen um.«
Im Wagen lässt Tomasetti den Motor an und fährt vom Parkplatz.
»Was denkst du?«, frage ich.
»Ich denke, er sieht aus wie ein verdammter UPS -Fahrer.«
Das entlockt mir ein Lachen, was meine melancholische Stimmung ein klein wenig hebt. Ich merke, wie gut mir das tut, und bin froh, dass John Tomasetti hier ist. »Wohin fahren wir jetzt?«, frage ich.
»Zum Tatort. Ich will ihn sehen, bevor es dunkel wird.«
***
Zehn Minuten später sind wir auf der Plank-Farm. Tomasetti parkt hinter dem Buggy und stellt den Motor aus. »Schön hier«, sagt er. »So ruhig.«
»Und so abgelegen.«
»Der nächste Nachbar ist wie weit weg? Eine Meile?«
Ich nicke. »Die Zooks. Sie haben nichts mitgekriegt.«
Ich steige aus und gehe zur Tür. Als ich sie aufschließe, kommt Tomasetti auf die Veranda.
»Die Spurensicherung ist durch?«, fragt er.
»Gestern am späten Abend sind sie fertig geworden.«
»Irgendeine Idee, wen du ins Maisfeld verjagt hast?«
Ich schüttele den Kopf. »Der Regen hat sämtliche Reifen- und Fußspuren verwischt.«
»Glaubst du, es war der Mörder?«
Ich denke kurz darüber nach. »Keine Ahnung. Aber warum sollte er zurückkommen, wo mein Explorer deutlich sichtbar vor dem Haus stand?«
»Vielleicht hatte er es auf dich abgesehen.«
»Das glaube ich nicht. Er ist sofort weggelaufen, schnell wie ein Hase. Als hätte ihn mein Anblick erschreckt.«
»Ein Teenager von der krankhaft neugierigen Sorte?«
»Kann sein, ich weiß es nicht.«
Wir stehen in der Küche. Im Haus ist es so still, dass ich das Heulen des Windes um die Dachtraufe höre, und gelegentlich knarrt das hundert Jahre alte Holz. Es fühlt sich leer an, verlassen. Die Spuren der Menschen, die hier einmal gelebt haben, verblassen schon, doch ich möchte unbedingt dafür sorgen, dass diese Menschen nicht vergessen werden.
»Schlimmer Tatort.« Tomasetti blickt ins Wohnzimmer, wo drei Blutlachen mit Kreide markiert sind. »Hat die Spurensicherung irgendwas Brauchbares gefunden?«
Ich gebe ihm eine Zusammenfassung von allem, was wir bis jetzt haben. »Wir warten auf die Laborergebnisse von Fingerabdrücken, Schuhabdrücken, Haaren, Fasern und DNA .«
»Ich rufe da mal an, vielleicht kann ich den Prozess etwas beschleunigen.«
»Das wäre nett, danke.«
Ich gehe zu dem Fenster über der Spüle und sehe hinaus aufs Feld. Ich sollte mich auf den Fall konzentrieren, doch stattdessen beherrscht Tomasettis Gegenwart meinen Kopf und meine Gefühle.
»Kate.«
Ich drehe mich um. Er steht einen knappen Meter hinter mir und starrt mich eindringlich an. »Soll das so weitergehen? Wir reden über den Fall? Machen Smalltalk?«
Ich würde gerne so tun, als wüsste ich nicht, wovon er spricht. Und wünsche mir insgeheim, dass er den ersten gefährlichen Schritt in den Wörtersumpf macht, den wir beide am liebsten umgehen würden. »Ich versuche bloß, mich zu orientieren.«
»Sprichst du vom Fall oder von uns?«
»Ich glaube, von beidem.« Ich schenke ihm ein kleines Lächeln. »Wobei es mir bei dem Fall leichter fällt.«
»Weil’s ungefährlicher ist.« Aber seine Gesichtszüge verlieren ihre Härte. »Ich wünschte, du hättest mich angerufen –«
»Das habe ich –«
»… und um Hilfe gebeten, ohne dir um meine Psyche Sorgen zu machen.« Er lächelt. »Du musst nur fragen, sonst nichts. Ich komme.«
»Ich wollte dich da nicht mit reinziehen.« Ich zeige auf den blutverschmierten Boden. »Du sollst das nicht alles noch mal durchmachen.«
»Ich bin hier, weil ich das will.« Er lässt den Blick durch die Küche schweifen, seufzt, sieht mich wieder an. »Ich bin Polizist, Kate. Das ist mein Beruf. Und ja, es ist nicht immer leicht. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich jedes Mal die Flucht ergreife, wenn eine Familie niedergemetzelt wird.«
»Ich weiß, dass du damit umgehen kannst«, sage ich. »Den Eindruck wollte ich auch nicht vermitteln. Was aber
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