Blutige Stille. Thriller
Fotos anzusehen, doch mir bleibt keine Wahl. »Geben Sie Tomasetti die Domänen und IP -Adressen. BCI soll die Besitzer der Seiten ermitteln.«
»Mach ich.«
»In der Zwischenzeit können Sie ja schon mal bei Whoisit.com nach Infos suchen.«
»Die Erfolgschancen scheinen mir ziemlich gering.«
»Vielleicht haben wir ja Glück.«
Ich gehe mit der Mappe in mein Büro, um mir die Fotos allein anzusehen. Auf halbem Weg bimmelt die Glocke an der Eingangstür. Ich blicke über die Schulter zurück und sehe Tomasetti eintreten, ein Papptablett mit sechs großen Pappbechern mit Kaffee in der Hand, gefolgt von Glock, der eine weiße Papiertüte hält. Trotz meines Vorsatzes, ruhig und vernünftig zu bleiben, durchströmt mich ein freudiger Schauder, der absolut nichts mit der Aussicht auf Kaffee und Donuts zu tun hat.
»Nahrung fürs Hirn«, kommentiert Glock.
Hinter ihm kommt Skid herein. »Da muss man aber erst mal eins haben, Kumpel.«
»Könnt ihr nicht mal was mitbringen, das wenigstens ansatzweise gesund ist?« Mona nimmt Glock die Tüte aus der Hand und geht damit zur Kaffeetheke. »Kann man ein Apfelbeignet als Obst bezeichnen?«
»Wir sind Polizisten«, sagt Skid, »wir essen Donuts.«
Als ich meinen Weg ins Büro fortsetze, spüre ich Tomasettis Blick im Rücken. Ihm aus dem Weg zu gehen, ist eine blöde Reaktion, das weiß ich. Aber momentan macht mich sein Anblick etwas nervös.
Ich setze mich an meinen Schreibtisch, schlage die Mappe auf und sehe die Fotos durch. Alle Frauen haben mal mehr, mal weniger an und in irgendeiner Form Sex – oral, anal, zu dritt. Sie sind nach amischer Sitte gekleidet, mit
Kappe
, schlichtem Kleid und praktischen Schuhen. Doch damit endet auch alles Schlichte und Einfache. Die Fotos sind absolut nicht jugendfrei und schwer zu verdauen.
Ich sortiere sie in zwei Stapel. Obwohl T.J. gute Arbeit geleistet hat, ist kein einziges Frauengesicht wirklich zu erkennen. Auf zehn von zwölf Abbildungen könnte Mary Plank sein. Im Moment kann ich nichts weiter tun, als sie John geben, damit das BCI -Labor sie vergrößert und im Idealfall Identifizierungsmerkmale findet. Ein Muttermal oder eine Narbe, die Mary zugeordnet werden können. Außerdem besteht die Chance, dass die Techniker dort die Besitzer der Websites ausfindig machen, wodurch im günstigsten Fall die Absender der Fotos gefunden werden könnten.
Ich bin noch mitten in Gedanken, als ich aufblicke und Tomasetti in der Tür steht. »T.J. hat gesagt, du hast ein paar Fotos.«
Ich halte seinem Blick nicht stand und schaue weg, doch dann zwinge ich mich, ihm in die Augen zu sehen. »Er hat sie aus dem Internet. Amisches Fetisch-Zeug. Auf einigen könnte Mary Plank sein.« Ich zucke die Schultern. »Kannst du jemanden von BCI bitten, einen Blick auf die Domains und IP -Adressen zu werfen? Vielleicht finden wir so die Besitzer einiger Seiten heraus oder zumindest, wer die Fotos ins Netz gestellt hat.«
»Wir können’s versuchen. Das Problem ist nur, dass viele Betreiber von Pornoseiten im Ausland sitzen und wir keine oder nur wenig Kontrolle darüber haben. Es kann eine Weile dauern.«
Ich nicke und deute auf einen der beiden Fotostapel auf dem Tisch. »Die hier scheinen mir am vielversprechendsten.«
Tomasetti setzt sich mir gegenüber auf den Besucherstuhl, nimmt die Fotos und sieht sie sich an. Ein dunkler Schatten überzieht sein Gesicht, auf der Stirn und um den Mund zeichnen sich tiefe Falten ab. »Scheiße. Die Mädchen sehen so jung aus.«
»Ja.« Ich nehme eines der Obduktionsfotos von Mary Plank aus der Fall-Akte und lege es zum Vergleich zwischen uns auf den Schreibtisch. »Kann euer Labor die Fotos vergrößern? Und vielleicht irgendwie mit dem Obduktionsfoto abgleichen? Wenn sie zum Beispiel ein Muttermal oder so etwas hat, ist vielleicht eine Identifizierung möglich.«
»Ich lasse sie noch heute Morgen per Kurier hinbringen.« Er sieht mich an. »Hast du Longs Alibi überprüft?«
»Warner hat’s bestätigt. Scheint mir ziemlich solide. Aber wie findest du das: Er hat einige Kunsthandwerksachen an Evelyn Steinkrugers Carriage Stop verkauft.«
»Dann gibt es da also eine Verbindung.« Er denkt einen Moment nach. »Kennt er Mary Plank?«
»Er sagt nein.«
»Was ist mit dem Besitzer des anderen Pick-ups?«
»Robert Allen Kiser.« Ich blicke auf meine Notizen. »Glock hat mit ihm gesprochen. Kiser war bis ein Uhr morgens auf einer Sitzung und dem nachfolgenden Empfang vom Lion’s Club.«
»Hat das
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