Blutige Stille. Thriller
Amos war ein guter Vater, er hat hart gearbeitet und gut für seine Familie gesorgt. Aber er war kein geduldiger Mann. Und Aaron war eigenwillig.«
»Haben sie sich gestritten?«
»Oft.«
»Ist einer von beiden jemals handgreiflich geworden?«
Erneut ein Seufzen. »Ein oder zwei Mal haben sie sich in die Wolle gekriegt.«
»Erzählen Sie mir davon.«
»Es war zu der Zeit, als Aaron beschloss, der Glaubensgemeinschaft nicht beizutreten. Amos war wütend und hat Aaron den Kontakt mit dem
Englischen
verboten. Eines Nachts hat er dann die beiden in der Scheune erwischt. Ich weiß nicht, was passiert ist, nur dass Amos die Beherrschung verloren und mit den Fäusten auf den
Englischen
eingedroschen hat.«
»Und Aaron?«
»Der hat eine Heugabel genommen und ist auf seinen
Datt
losgegangen.«
Ich kann mir gut vorstellen, warum Aaron mir von diesem Vorfall nichts erzählt hat. »War Amos schlimm verletzt?«
»Er musste operiert werden.«
»Wurde Aaron verhaftet?«
»Die
Englische
Polizei wurde gerufen, er wurde verhaftet und ins Gefängnis gesteckt.«
»Aber er hat eine Jugendstrafe bekommen.«
»Ich kenne mich mit den englischen Gesetzen nicht aus, aber ich glaube, so war es.«
»Ich danke Ihnen, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mit mir zu sprechen, Bischof Fisher.«
»Ich werde für die Familie Plank beten.«
»Das würde ihnen bestimmt gefallen.«
»
Gott segen eich
.«
Ich lege auf und merke erst jetzt, dass Tomasetti mich eindringlich anschaut. »Scheint mir eine interessante Unterhaltung gewesen zu sein.«
»Mit siebzehn hat Aaron Plank seinen Vater mit einer Heugabel angegriffen.«
»Da muss er aber ziemlich wütend gewesen sein.«
»Als ich mit ihm gesprochen habe, hat er mir nichts davon erzählt.«
»Vielleicht sollten wir ihm noch einmal Gelegenheit dazu geben.«
»Wenn er noch in der Stadt ist.«
»Da es hier nur ein einziges Motel gibt, sollte das leicht festzustellen sein.«
Ich schnappe mir die Schlüssel und stehe auf. »Als Polizist denkst du verdammt schnell, Tomasetti.«
»Ich will dich ja auch beeindrucken.«
»Ist dir gelungen.«
18 . KAPITEL
Das Willowdell Motel liegt ein paar Meilen außerhalb der Stadt am Highway 83. In der Sommersaison beherbergt es Touristen, die das Amish Country besuchen, und in der Jagdsaison Dutzende Jäger, die alle den vermeintlichen Achtender erlegen wollen.
Bei aller Unterschiedlichkeit der Gäste ist die Ausstattung des Motels doch im typischen Motel-Einheitslook gehalten.
Tomasetti lenkt den Tahoe in die Kieseinfahrt, wo wir nach dem Camry von Aaron Plank Ausschau halten. »Vielleicht ist er schon letzte Nacht abgereist.«
»Er muss sich aber auch um das Haus kümmern«, bemerke ich, »und entweder eine Reinigungsfirma beauftragen oder es selber saubermachen. Bei all dem Blut lässt er es bestimmt von einer Firma machen. Und er muss das Haus irgendwann schätzen lassen, jedenfalls, wenn er es verkaufen will.«
»Wie viel ist so eine Farm wert?«
»Es sind fast zweihundertsechzig Morgen Land, mit Farmhaus, Scheune, Nebengebäuden – das ist schon ziemlich wertvoll. In einer amischen Familie erbt traditionell der älteste männliche Nachkomme, wenn die Eltern sterben.«
»Es ist zwar ziemlich weit hergeholt, aber vielleicht fand er, dass ihm das zusteht. Er bringt die Leute um, die ihn nicht akzeptiert und verstoßen haben, und kriegt am Ende eine Farm, die mehrere hunderttausend Dollar wert ist. Vielleicht wollte er den Prozess einfach nur beschleunigen.«
Ich schüttele den Kopf. »Das kann ich mir bei Aaron Plank nicht vorstellen. Bei James Payne schon, aber nicht bei Aaron.«
»Leute haben schon Schlimmeres für weniger gemacht.« Aber so, wie er es sagt, scheint er von seiner eigenen Theorie wenig überzeugt.
Aber der Camry ist nirgends zu sehen. »Er ist nicht hier«, sage ich.
Tomasetti hält vor dem Büro des Motels. »Mal sehn, ob er ausgecheckt hat.«
Die beleibte Frau an der Rezeption erzählt uns, dass Plank vor ein paar Stunden abgereist ist.
»Er hat nicht zufällig gesagt, wohin er fährt?«, frage ich.
»Nee, wirklich nicht. Aber eins kann ich Ihnen sagen, nämlich, dass er getrunken hat. Ich hab’s beim Bezahlen gerochen.«
Wieder im Tahoe, bin ich frustriert und angespannt. »Ein bisschen früh für einen Schlummertrunk.«
»Besonders, wenn er zurück nach Philadelphia fährt.« Tomasetti zuckt die Schulter. »Im Zweifel hilft Alkohol.«
Ich sehe ihn stirnrunzelnd an. »Vielleicht ist er auf der Farm«,
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